Steine brennen nicht. Klaus D. Biedermann

Читать онлайн.
Название Steine brennen nicht
Автор произведения Klaus D. Biedermann
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783937883526



Скачать книгу

werden. Sie sind dort ganz alleine auf sich gestellt, Nikita, wir werden aber immer in Verbindung bleiben. Wir haben selbstverständlich Informationen über die Lebensweise in diesem Teil der Welt. Man kann sagen, sie ist so ziemlich das Gegenteil unserer eigenen.

      Lesen Sie alles, was Sie über die Zeit vor der Industrialisierung bekommen können, dann wissen Sie in etwa, wie man dort lebt.«

      »Also eine Reise in die Steinzeit?« Nikita konnte es kaum glauben. »Ich hoffe, Sie verstehen, Herr Professor, dass ich nicht gleich zusagen kann. Dazu brauche ich Bedenkzeit. Das muss ich mir erst einmal alles durch den Kopf gehen lassen.

      Geben Sie mir wenigstens einen Tag Zeit, ich bitte Sie. Woher weiß man eigentlich, dass die Unterlagen drüben sind und nicht hier?«

      »Weil sie nur drüben sein können. Unterschätzen Sie diese Zeit nicht, Nikita. Denken Sie doch nur an die griechischen Philosophen, die haben noch früher gelebt. In unserem Teil der Welt wurde zu der damaligen Zeit überhaupt noch nicht geforscht.

      Einen Tag bekommen Sie, alles andere würde die Sache unnötig verzögern, Nikita. Ich gebe Ihnen heute frei. Gehen Sie Golf spielen und treffen Sie die richtige Entscheidung. Ich möchte es noch einmal betonen, dass die Zeit drängt. Wenn die andere Seite auf irgendeine Art und Weise gewarnt wäre, würde das für Sie nur zusätzliche Erschwernis bedeuten.«

      Der Professor sagte Nikita nicht, was genau er damit meinte.

      Nachdem Nikita gegangen war, betrat Professor Rhin den kleinen Raum, der unmittelbar an sein Büro anschloss und den keiner seiner Mitarbeiter kannte. Nachdem sich die Tür hinter im geschlossen hatte, betätigte er einen Knopf und der Raum setzte sich zunächst langsam, dann schneller in Bewegung. Er glitt nach unten in die Tiefe der Erde. Die leuchtenden Zahlen an einer der Wände verrieten ihm den Fortgang seiner Fahrt. Schon nach ca. einer Minute erschien die Zahl 20. Er war angekommen und die Tür glitt auf. Vor ihm lag ein großer, achteckiger Raum, der beherrscht wurde von einer riesigen Leinwand und einem ebenfalls achteckigen Pult mit einem Durchmesser von acht Metern in der Mitte des Bereichs.

      Professor Rhin nahm auf einem der Stühle Platz und betätigte mit sicherer Hand einen der vielen Schalter. Der Raum dunkelte sich selbsttätig ab und die Leinwand wurde heller, als die Silhouetten von acht Menschen dort sichtbar wurden. Sie schienen sich irgendwo an einem runden Tisch zu befinden. Mehr konnte der Professor nicht erkennen.

      »Ich hoffe, Sie können uns Positives berichten, Herr Professor. Sie wissen, dass die Zeit drängt.«

      Den Eigentümer der Stimme, die aus dem Lautsprecher kam, kannte Professor Rhin als Einzigen aus der Runde, persönlich.

      Von den anderen kam ab und zu eine Frage oder ein Kommentar.

      Außer Mal Fisher hatte er noch niemanden aus dieser dunklen Runde zu Gesicht bekommen, immer nur ihre Schatten. Das Einzige, was er aus seinen Beobachtungen wusste, war, dass es sich neben Mal um weitere vier Männer und drei Frauen handelte. Natürlich war im klar, dass die Acht nicht wirklich am gleichen Tisch saßen, sondern sich, von wo auch immer auf der Welt, an diesen virtuellen Ort projizierten.

      »Es tut mir Leid, Sir, aber sie hat sich noch Bedenkzeit ausgebeten. Ich denke aber, sie wird es machen, sie ist ehrgeizig und liebt Herausforderungen. Ihr Persönlichkeitsprofil prädestiniert sie geradezu, wenn sie nicht sowieso schon aus anderen Gründen die Richtige wäre.«

      »Sie können ganz offen reden, Ted. Wir alle wissen, dass Frau Ferrer die Einzige ist, die eine Chance hat. Sie muss einfach zusagen. Der Tatsache, dass wir heute alle versammelt sind, entnehmen Sie bitte nochmals die Dringlichkeit der Angelegenheit, aber das brauche ich Ihnen sicherlich nicht noch einmal zu sagen.«

      »Ich bin mir durchaus der Tragweite dieser Aufgabe bewusst, Sir, deswegen habe ich auch nur einer kurzen Bedenkzeit zugestimmt.«

      »Nun, Sie wissen sicherlich, was Sie tun, aber allzu viel Zeit bleibt nicht. Wir haben Meldungen darüber, dass die andere Seite gewarnt ist und ihrerseits bereits Vorkehrungen trifft. Es darf nichts schief gehen.«

      »Das wird es auch nicht, Sir«, Professor Rhin strahlte Ruhe aus.

      »Ich bin mir sicher, dass es Frau Ferrer schaffen wird.«

      Kapitel 7

      Mit einer wohlklingenden, tiefen Stimme sagte der Fremde: »Guten Abend«, während er seinen grauen Umhang, der aus Wolfspelzen bestand, zurückschlug. Effel wunderte sich nicht mehr darüber, dass er auf der kleinen Lichtung, auf der er lag, sogar den Klang der Stimme genau erinnerte.

      »Ich habe eine sehr lange Reise hinter mir, auf der Suche nach eurem Dorf. Mein Name ist Schtoll von Malewien«, stellte er sich Mindevols Gästen vor. Effel hatte noch niemals von einem Land oder Ort solchen Namens gehört, es musste sehr weit weg sein. Sam knurrte immer noch und Effel dachte bei sich, dass das Knurren seines Hundes etwas mit dem Wolfsmantel zu tun haben musste.

      Mindevol war aufgestanden, um den Fremden zu begrüßen.

      »Sei willkommen in meinem Haus, Schtoll, ich bin Mindevol. Ich hatte zwar erst morgen mit dir gerechnet, bin aber froh, dass du gut angekommen bist. Es ist gar nicht so einfach in dieser Jahreszeit, wo viel Schnee liegt und die Wälder oft unpassierbar sind, auch wegen der hungrigen Wölfe. Aber mit denen scheinst du dich ja auszukennen. Manchmal haben wir Schnee bis in den April und in diesem Jahr sieht es ganz danach aus.«

      Dabei ging Mindevols Blick zwischen Mantel und Armbrust hin und her.

      »Setz dich zu uns und trinke erst einmal einen warmen Tee, der wird dir gut tun. Essen bekommst du auch bald, denn wir feiern heute den Vollmond. Du musst hungrig sein. Komm ans Feuer, du bist ja ganz durchgefroren.«

      Effel war verblüfft, denn Mindevol hatte nicht erwähnt, dass er einen Gast aus einem fremden Land erwartete. Er erinnerte sich aber auch jetzt, dass er schon damals gedacht hatte, dass Mindevol ihm ja nicht alles sagen musste.

      »Vielen Dank für den freundlichen Empfang, dann hole ich erst noch meine Sachen herein, wenn du erlaubst.« Man merkte kaum, dass der Besucher nicht in seiner Muttersprache sprach.

      Er hatte lediglich einen leichten gutturalen Akzent. Schtoll legte die Armbrust ab und lehnte sie an die Wand gleich neben der Tür. Dann ging er nach draußen und kam sofort darauf mit einem großen Rucksack und einem Köcher voller Pfeile zurück.

      Effel fragte sich, wie schwer die Waffe wohl sein mochte und der Jäger in ihm hätte sie am liebsten gleich einmal ausprobiert.

      Alles in allem schätzte er das Gewicht von Schtolls Ausrüstung auf ungefähr 50 kg.

      Malu nahm Schtoll den Umhang ab, um ihn zum Trocknen aufzuhängen. Wenn er über diesen Besuch überrascht war, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Sam begleitete ihn, jetzt neugierig am Mantel schnuppernd, die Nackenhaare immer noch leicht aufgestellt. Der Gast ließ sich auf einem Stuhl neben dem Kamin nieder, nicht ohne einige beruhigende Worte an Sam in einer fremden Sprache zu richten. Es klang wie: »Wu echnar won.«

      Der Hund beruhigte sich augenblicklich, kam zurück und legte sich unter den Tisch. Man konnte die Erleichterung des Mannes spüren, im Warmen zu sein. Stumm blickte er in die Runde und begrüßte die Anwesenden mit einem leichten Kopfnicken.

      Effel gefiel der offene Blick, der Ruhe und Kraft ausstrahlte.

      Dass der Blick des Besuchers besonders lange auf ihm ruhte, dem maß Effel keine Bedeutung zu. Mira brachte eine Tasse Tee, die Schtoll gerne annahm und er begann sofort, das heiße Getränk zu schlürfen. Dabei umschloss er die Tasse mit seinen Händen, um sie zu wärmen.

      »Ich bringe euch Meldungen und Erkenntnisse, die uns alle betreffen«, sagte er. »Ich bin einer von denen, die vom Rat des Südens geschickt wurden, die Nachrichten zu möglichst vielen Menschen unserer Welt zu tragen.«

      Effel dachte noch: »Ist das wirklich schon vier Monate her, es ist so, als sei es gestern gewesen?«, als er einen sanften Druck auf seiner Schulter spürte.

      Es dauerte eine kleine Weile,