Zehn Dinge, die du besser nicht glauben solltest. David Brunner

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Название Zehn Dinge, die du besser nicht glauben solltest
Автор произведения David Brunner
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783865069702



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glücklichsten Menschen waren, als ich nach der 11. Klasse Kunst mit der hervorragenden Note 4 abwählte.

      Ich zeichnete also diese beiden Symbole an die Tafel in dieser ersten Klasse und wartete, dass einer der Schülerinnen und Schüler sich meldet und irgendetwas sagt, das mit Jesus zu tun hat. Ist doch klar: Die Krippe als Symbol für die Geburt Jesu, das Kreuz als Symbol für den Tod Jesu.

      Ich wartete. Ich wartete noch länger. Ich wartete noch ein bisschen. Und tatsächlich. Es geschah – nichts. Gut, dachte ich, die Schülerinnen und Schüler sind vielleicht ein wenig schüchtern. Ich gebe ihnen einen Tipp: „Das hier ist eine Krippe, das ist ein Kreuz.“ Und schon schießen die Finger in die Höhe – war meine Vorstellung, die aber leider nicht stimmte. Keiner dieser liebenswerten Sechsjährigen meldete sich. Stattdessen schaute ich in Kindergesichter, die irgendwo schwankten zwischen „Wer ist der Mann da vorne?“ und „Was machen wir hier eigentlich?“.

      Also. Ein letzter Tipp, dachte ich mir: „Die Krippe und das Kreuz haben mit einem ganz besonderen Mann zu tun.“ Jetzt aber. Die Kinder meldeten sich – nicht.

      Ich erinnere mich deswegen noch so genau an diese Situation, weil sie mich ehrlich gesagt ein wenig schockiert hat. Viele der Kinder waren sogar in einem „christlichen“ Kindergarten – aber sie wussten nicht, dass Krippe und Kreuz etwas mit Jesus zu tun haben.

      Was dann folgte, war eine Mammutaufgabe: Ich musste bei null anfangen und mit Kindern, die im behüteten Baden-Württemberg (gut, okay, es war die Grenze zu Hessen) einen Kindergarten (meist einen konfessionellen) besucht haben, nun in der ersten Klasse waren, in irgendeiner Weise darüber ins Gespräch kommen, wer Jesus war, warum er heute noch lebt, also nein, nicht so richtig. Anders. Bei Gott. Aber der ist doch überall? Ja, genau. Und da ist Jesus. Aber warum wir ihn dann nicht sehen, nein, das weiß ich ebenso wenig wie den Grund dafür, weshalb im Laufe des Schuljahres Meerschweinchen gestorben, Tränen geflossen und Stifte kaputt gegangen sind, wo Gott doch alles sieht.

      Dein Glaube wächst nirgends so tief wie an den Orten, an denen du mit Menschen zusammentriffst, die von Jesus noch nicht wirklich viel wissen. Du musst nämlich bei null anfangen – auch für dich selbst. Und plötzlich merkst du, ob du das, was du glaubst, wirklich glaubst oder ob es nur irgendwie anerzogen wurde oder für wahr gehalten wird.

      Und deswegen eine kleine Aufforderung: Wenn du denkst, dass es eine bessere Gemeinde als deine gibt, dann such erst einmal deinen Platz in der Gemeinde und diene dadurch Menschen, die Jesus noch nicht kennen. Aber Vorsicht. Es könnte sein, dass sich dein Bild von deiner Gemeinde radikal zum Guten wendet.

      Und doch ist die Frage, ob es eine bessere Gemeinde als deine gibt, nicht ganz unberechtigt. Schließlich soll eine Gemeinde die Hoffnung für die Menschen vor Ort sein – und zwar nicht nur für die Gemeindemenschen und Jesusnachfolger, sondern für alle Menschen.

      Ich bin Bill Hybels, Gründer und Pastor der Willow Creek Community Church, so dankbar, der mich gelehrt hat, dass die Ortsgemeinde die Hoffnung der Welt ist. (Also, lieber Bill, falls du dieses Buch mal … nein, lassen wir das.) Ein ganz zentraler biblischer Text, den mich Hybels gelehrt hat, ist Apostelgeschichte 2,42-47:

       Was das Leben der Christen prägte, waren die Lehre, in der die Apostel sie unterwiesen, ihr Zusammenhalt in gegenseitiger Liebe und Hilfsbereitschaft, das Mahl des Herrn und das Gebet. Jedermann in Jerusalem war von einer tiefen Ehrfurcht vor Gott ergriffen, und durch die Apostel geschahen zahlreiche Wunder und viele außergewöhnliche Dinge. Alle, die an Jesus glaubten, hielten fest zusammen und teilten alles miteinander, was sie besaßen. Sie verkauften sogar Grundstücke und sonstigen Besitz und verteilten den Erlös entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen an alle, die in Not waren. Einmütig und mit großer Treue kamen sie Tag für Tag im Tempel zusammen. Außerdem trafen sie sich täglich in ihren Häusern, um miteinander zu essen und das Mahl des Herrn zu feiern, und ihre Zusammenkünfte waren von überschwänglicher Freude und aufrichtiger Herzlichkeit geprägt. Sie priesen Gott bei allem, was sie taten, und standen beim ganzen Volk in hohem Ansehen. Und jeden Tag rettete der Herr weitere Menschen, sodass die Gemeinde immer größer wurde. (Apg 2,42-47, NGÜ)

      Dieser Abschnitt allein birgt die ganze Kraft, Dynamik und Schönheit von Gemeinde in sich. Lies ihn ruhig noch einmal durch. Und noch einmal. Und ein viertes Mal. Und du wirst bei jedem Lesen über einen neuen Aspekt staunen.

      Und weißt du, was das Geheimnis dieser so faszinierenden und vorbildhaften Gemeinde war? Ein einziges Wort: Hingabe.

      Für den Ausdruck „Was das Leben der Christen prägte“ (Apostelgeschichte 2,42) steht im griechischen Urtext das Wort „proskarterountes“. Auf Deutsch bedeutet dieses Wort „an etwas festhalten“, „dauernd bereit sein“ oder auch „sich fortwährend aufhalten“.

      Mit diesem Ausdruck ist gemeint, dass eine Person beharrlich und hingegeben in einer Gruppe bleibt oder an dieser Gruppe festhält. In unserem Fall ist das die Gemeinde. Das bedeutet: dableiben, nicht wegrennen. Festhalten an der Gemeinschaft, nicht loslassen. Kämpfen, nicht aufgeben. Ringen, nicht resignieren. Einbringen, nicht konsumieren. Mitgestalten, nicht nur zuschauen.

      Ich glaube, dass dies ein vom Heiligen Geist übernatürlich gewirktes Festhalten und Bleiben in der Gemeinde ist. Rein menschlich gesehen fällt es nämlich ziemlich schwer, in der Gemeinde zu bleiben und festzuhalten, wenn so manches nicht nach unserer Pfeife tanzt. Aber Gott hat uns Christen als Geschwister und nicht als Freunde erschaffen. Freunde suchen wir uns aus – Geschwister nicht. Die sind da – ob wir wollen oder nicht, gehören sie zur Familie, zur Gemeinde.

      Und das gilt es nun mal einfach auszuhalten. Ja, die Verwandtschaft kann manchmal ganz schön bucklig sein. Nicht nur die Tante beim Kaffee-Besuch, die in fast schon mantrahafter Routine ihr „Du bist aber groß geworden“ aufsagt. Oder der Bruder, der einfach keine Kompromisse schließen kann bei der Nachlassregelung des verstorbenen Vaters.

      Auch in der Gemeinde gibt es diese bucklige Verwandtschaft. Die, mit denen wir nicht Gottesdienst feiern würden, wenn wir es uns aussuchen dürften. Die, deren Musikgeschmack so gar nicht unserer ist. Die, die immer so fromm daherreden, deren Lebensalltag aber ein ganz anderes Bild zeichnet.

      Ohne ein übernatürliches Maß an Hingabe wird unsere Gemeinde wirkungslos bleiben. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Und übernatürlich heißt: von Gottes Geist geschenkt und nicht zwanghaft aus sich selbst heraus gemacht.

      Wenn ich dich mal fragen darf: Auf einer Skala zwischen „wenig Hingabe“ und „viel Hingabe“: Wie hoch schätzt du momentan deine Hingabe für die Gemeinde ein?

      Lass es mich direkt und offen sagen: Ich bin fest davon überzeugt, dass es wahre Freude, erfülltes Leben und konkretes Erleben von Gottes Wirken immer mehr dort gibt, wo du dich auf der Seite „viel Hingabe“ einsortierst. Gott hat 100 % für dich gegeben – was hindert dich, 100 % für ihn zu geben?

      Ich höre deine Frage: Wie komme ich von „wenig Hingabe“ zu „voller Hingabe“?

      Jesus sagte einmal: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es ein einzelnes Korn. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. (Johannes 12,24)

      Was muss in deinem Leben sterben, dass deine Hingabe an die Gemeinde, und damit an Jesus selbst, immer höher wird?

      Nur mal so ein paar Beispiele, was das sein könnte. Vielleicht helfen sie dir auf die Sprünge oder stoßen ganz andere Bereiche deines Lebens an.

      X Das Streben nach Ehre und Geltung vor Menschen. Und so tust du es – wenn du überhaupt etwas tust in der Gemeinde –, um vor anderen etwas zu gelten.

      X Der Druck, es allen recht machen zu wollen. Und es tut mir leid: Dich davon befreien zu lassen, ist unglaublich wichtig – und gleichzeitig gar nicht so einfach. Aber dazu musst du eigentlich nur ein Wort neu lernen und an den richtigen Stellen einsetzen: „Nein!“

      X Die Idee von einem einfachen Leben. Das ist nämlich eine ganz und gar unrealistische Idee. Es gibt nicht vieles, das unser Leben lang Bestand hat. Aber die Herausforderungen gehören dazu. Lass deinen Wunsch nach einem einfachen Leben sterben