Dialektik des geisteswissenschaftlichen Universums. Horst-Joachim Rahn

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Название Dialektik des geisteswissenschaftlichen Universums
Автор произведения Horst-Joachim Rahn
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783960085553



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affig machen: „Eitelkeit ist eine persönliche Ruhmsucht“ (J.W. von Goethe). Auch: „Die Eitelkeit, der nimmersatte Geier, fällt nach verzehrtem Vorrat selbst sich an.“ (Shakespeare). „Wo die Eitelkeit anfängt, hört der Verstand auf“ (M. von Ebner-Eschenbach). Auch viel Geld kann zu überzogener Eitelkeit führen: „Ein schwerer Beutel macht leicht eitel“ (A. a Santa Clara). Dann ist die Überheblichkeit nicht weit: „Wer Eitelkeit zum Mittagbrot hat, bekommt Verachtung zum Abendbrot“ (B. Franklin).

      Auch hier gilt: „Wer abhebt, benötigt einen guten Fallschirm.“* Eitelkeit findet sich insbesondere vor dem Spiegel: „Eitelkeit macht jeden Spiegel blind“ (A. Brie). Noch stärker ausgedrückt: „Für die Eitelkeit ist selbst die Pfütze ein wohlgefälliger Spiegel“ (A. Schopenhauer). Aber: „Wenn Menschen in Not sind, dann sinkt der Stellenwert der Eitelkeit enorm:“* „In der Not verdunstet viel Eitelkeit“ (M. Hinrich). Zum Nachdenken: „Die Strafe für Eitelkeit ist Schmeichelei“ (W. Raabe). „Mitunter wird mit übertriebener Eitelkeit bzw. mit Affigkeit versucht, Schwächen der eigenen Person zu übertünchen.“* Wird die überhöhte Eitelkeit verletzt, dann gibt es oft unangemessene Reaktionen: „Verletzte Eitelkeit hat hundert Krallen“ (aus Piemont). Oder: „Verletzte Eitelkeit infiziert sich oft mit Hassgefühlen“ (G. Uhlenbruck). Deshalb gilt auch hier: „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“ (Sprichwort).

      ► Synthese: „Wenn sich eine vornehme Frau für ihren Mann vor dem Spiegel schön macht oder der edle Mann eitel seine Fliege für den besonderen Abend zurechtlegt, dann sind diese Verhaltensweisen normal.“* Aber wir stoßen an eine Grenze, wo die Eitelkeit zur Affigkeit wird, die es für alle zu vermeiden gilt. „Männer, die Angst davor haben, dass man ihre gefärbten Haare ans Licht bringen könnte, waren mir schon immer suspekt.“* In der christlichen Theologie zählt die Eitelkeit zu den Hauptsünden, denn sie lenkt das Denken des Menschen von Gott ab und zu sich selbst hin. „Sehr eitle Menschen wollen vor allem sich selbst gefallen“* Dazu äußert sich ein Menschenkenner treffend:

      „Man muss sich also eingestehen, dass die eitlen Menschen nicht sowohl Anderen gefallen wollen, als sich selbst, und dass sie so weit gehen, ihren Vorteil dabei zu vernachlässigen; denn es liegt ihnen oft daran, ihre Mitmenschen ungünstig, feindlich, neidisch, also schädlich gegen sich stimmen, nur um die Freude an sich selber, den Selbstgenuss, zu haben“

       (F.W. Nietzsche)

      Wer gar zu eitel ist, kann sogar zum Schöngeist oder zum Hagestolz werden. Die Betroffenen sollten sich dann nicht wundern: „Niemand hat aber Mitleid mit dem Schmerz der Eitelkeit“ (S. Johnson). Deshalb sollten wir Menschen rechtzeitig gegensteuern: „Tötet eure Eitelkeit, bevor sie euch umbringt“ (P.E. Schumacher). Das ist aber alles gar nicht so einfach, denn: „Eitelkeit ist darum so schwer abzulegen, weil man sie, unter allen Lastern allein, den ganzen Tag genießen kann“ (J. Paul).

      Wollust ist die extreme Form sexueller Lust, nämlich als sinnliche Begierde mit erotischen Fantasien. Das aktive Handeln des Menschen zur wilden Steigerung der sexuellen Befriedigung ist dabei eingeschlossen. „Moderne Technik eröffnet viele Wege, sündiges Verhalten zu befriedigen“ (F. Löchner). „Die Wollust liebt die Mittel nicht den Zweck“ (H. von Hofmannsthal). Und: „Die Wollust ist die Katastrophe des Genusses“ (E.M. Cioran). Die Wollust zählt im Christentum als Untugend zu den 7 Todsünden. Das Gegenteil der Lust ist die Unlust, das Gegenteil von Wollust ist die Keuschheit als Enthaltsamkeit: „Wo Lust schrumpft, wächst Sitte“ (M.M. Jung). Wir wollen zunächst zwischen Lust und Wollust unterscheiden:

      ► Die Lust als Glücksgefühl ist etwas ganz Normales: „Es ist eine Lust zu leben“ (U. von Hutten). Die Lust ist ein Antrieb, der auf die Befriedigung eines stark empfundenen Bedürfnisses oder Mangels ausgerichtet ist. Die Lust war schon in der Antike, im Mittelalter und in der neueren Zeit ein interessierendes Thema.173 „Die Lust ist Ursprung und Ziel des glücklichen Lebens“ (Epikur). Sie ist mit heftigen, zeitlich begrenzten Glücksgefühlen (z. B. Liebe, Sex, Lustgefühl, Begierde), Freude (z. B. Sport, Arbeit) bzw. Genuss (z. B. beim Essen, Trinken) verbunden.

      Träumen wir nur? „Alle Lust der Welt ist ein Traum nur“ (F. Petrarca). „Wo die Lust anfängt, hört der Spaß auf“, sagt P. Mommertz. Auch: „Lust verkürzt den Weg“ (W. Shakespeare). Ebenfalls gilt: „Lust findet Zeit“ (W. Puzicha). Und: „Je seltener das Angenehme, desto größer die Lust (Epiktet). Ohne Lust bewältigen wir unser Leben nicht: „Lust ist der beste Motor“ (M. Hinrich). Auch gilt für den Sex: „Phantasie ist der größte Lustgewinn“ (D. Wieser). Ähnlich ausgedrückt: „Lust steigert sich an Lust“ (K. Tucholsky). Der französische Philosoph Honoré de Balzac wirft die Frage auf: „Vielleicht ist die Liebe nur Dankbarkeit für die Lust?“ Als Formen der Lust sind Lebenslust und sexuelle Lust zu unterscheiden. Hier eine treffende Beschreibung der sexuellen Lust:

      „Dein herrlicher Körper treibt mich zum Wahnsinn. Ich begehre dich heftig, möchte noch mehr; du machst mich verrückter mit jeder Berührung. Ich liebe dich, brauche dich, will dich so sehr“

       (H.C. Neuert)

      ► Gott hat uns aber im Umgang mit der Lust Grenzen gesetzt: „Du sollst nicht gelüsten deines Nächsten Weibes“ (5 Mose, 5,21) und „Du sollst nicht ehebrechen“ (5 Mose, 5,18). Wenn wir meinen, diese Gebote locker umgehen zu können, um sich beim Ehebruch voll der Wollust hinzugeben, dann täuschen wir uns gewaltig, denn die Folgen von Ehebruch können heftig sein: „Wer Lust begehrt, begehrt Leid“ (Buddha). Auch: „In den Katakomben der Lust wohnt auch der Frust“ (F. Löchner). „Wer Laster hat, ist in ständiger Gefahr, von ihnen überfahren zu werden“ (W. Lörzer). Aber es gilt ebenfalls: „Standhaftigkeit bedarf der Versuchungen“ (A. Saheb). Und vor allem: „Wollust nährt Sünde“ (Sprichwort). Nicht nur die Tinte in meinem Füllfederhalter sträubt sich dagegen, von den schrecklichen Ereignissen eines Lustmordes174 oder von der Kinderpornographie zu berichten. Darüber hinaus kokettiert mancher mit den Geboten Gottes: „Gib mir Keuschheit und Enthaltsamkeit – aber jetzt noch nicht“ (Augustus Aurelius). Oder in ganz anderer Sicht urteilend: „Ein Eunuch hat es leicht zu moralisieren.“* Die extremen Beurteilungen reichen von der himmelsträchtigen Liebe bis zur niederträchtigen Wollust. Sie wird auch als schönste Todsünde bezeichnet.175

      ► Synthese: „Gott hat uns u. a. auch die sexuelle Lust geschenkt, damit wir mit unserem Ehepartner glücklich sind, mit ihm in der Liebe Spaß haben und für Nachwuchs sorgen können. Die sexuelle Lust mit dem Ehepartner immer wieder neu zu erleben gehört zu den schönsten Geschenken, die uns Gott gegeben hat.“* Diese Lust ist so wundervoll, dass man sie nicht in Worte kleiden kann; man glaubt, kurze Zeit irgendwie im Paradies zu sein. Aber Gott hat uns hinsichtlich außerehelicher Partnerschaften strenge Grenzen gesetzt. Der Umgang damit ist allerdings nicht einfach, wie es die vielen negativen Ereignisse in unserer heutigen Gesellschaft und in der Welt deutlich zeigen. Der Ehebruch aus dem Motiv bloßer Wollust ist heute nicht selten. Der Ehebruch ist heute leider weit verbreitet und wenn nicht die Angst vor Aids gegeben wäre, hätten wir noch mehr von diesen Verfehlungen. Ehebruch bringt in vielen Fällen tiefes Leid, das den betroffenen Partner seelisch zugrunde richten kann. Deshalb gibt es hier definitiv keine liberalen Kompromisslösungen: „Eheliche Treue ist unverzichtbar, denn Ehe ist nicht teilbar mit anderen Menschen.“*

      Der Zorn ist die extreme emotionale Erregung eines Menschen und hat eine lange Kultur- und Literaturgeschichte.176 Er kommt in der Praxis als heftiger Ärger, wutartiger Affekt, Aggression, Wut und Impulsivität vor177 und kann schnell zu unkontrollierten Handlungen führen, z. B. zum Anbrüllen anderer Menschen oder zum lauten Fluchen. Er existiert auch als Zürnen, beispielsweise als Zorn über eine Untat,