Duft von Walderdbeeren. Ljubica Perkman

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Название Duft von Walderdbeeren
Автор произведения Ljubica Perkman
Жанр Короткие любовные романы
Серия
Издательство Короткие любовные романы
Год выпуска 0
isbn 9783957446022



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hatte. Viele Menschen kamen von weit her, um ihn um Rat zu fragen oder er half ihnen bei Dokumenten für die Stadtverwaltung oder für das Gericht.

      Seine Frau Rada war früh gestorben, so war er mit den Söhnen Rade, Stojan, Stevo, Dule und Maleni alleine und musste sich um sie kümmern. Eines Tages beschloss er, nicht weiter alleine zu leben, denn es war schwer für ihn, Kinder groß zu ziehen ohne eine weibliche Hand im Haus. Er suchte sich die schönste Frau im Dorf aus, Andjelka, und bekam mit ihr noch vier Töchter: Mila, Vida, Stana und Mara.

      Das Leben der Familie spielte sich ausschließlich auf dem weitläufigen Grundbesitz ab. Die Kinder gingen weder in eine Schule noch auf dörfliche Veranstaltungen, wo die Dorfjugend zusammen kam. Die anderen jungen Mädchen verbrachten dort ihre Abende singend, strickend oder webend und wer als junger Mann eine nette Frau kennen lernen oder eine wiedersehen wollte, musste auf diese Dorfveranstaltungen gehen. Mile erzog seine Kinder sehr streng. Er wollte sie von Allem fern halten. So brachte sich Mila schon als kleines Kind das Lesen und Schreiben selbst bei. Während der Woche hatte sie dafür allerdings keine Zeit, weil sie im Haus und auf der Weide viele Aufgaben zu erledigen hatte. Sonntags war Ruhetag im Haus. An diesem Tag durfte man keine Arbeiten erledigen. Nur das Kochen und Essen zubereiten war gestattet und eben das Ausruhen.

      Die mittlerweile 18-jährige Mila nutzte diese Tage heimlich zum Lernen und las die Notizen ihres Vaters. Sie bat ihre Schwestern, gemeinsam das Lesen und Schreiben zu lernen, aber diese wollten nicht und so blieben sie Analphabeten.

      Die Mädchen verbrachten die Winter im Haus mit Handarbeiten. Sie webten Handtücher, Bettlaken, weiße Taschentücher für ihre kommende Hochzeit und Vieles mehr. Und als Mila ihr Taschentuch bestickte, hätte sie nie gedacht, dass sie schon bald damit winken würde. Das Schicksal wollte es aber so …

      Auf den Dorfveranstaltungen war es Tradition, dass die Mädchen ein weißes Taschentuch in der Hand hielten. Gefiel einer jungen Frau ein Mann, so ließ sie das Taschentuch fallen und der Mann, wenn er denn wollte, würde es aufheben, einstecken und damit bei ihren Eltern um sie werben. Und wenn die Eltern dann ihre Töchter verheirateten, wurde Vieh verkauft und davon die Aussteuer und Möbel für das neue gemeinsame Heim bezahlt, um den Jungvermählten einen kleinen Start zu ermöglichen. Diese Mitgift nannte man Sexena; sie wurde während der Hochzeit auf einem Wagen für alle sichtbar mitgeführt.

      Als Vater Mile starb, übernahmen die Söhne seine Arbeit und wahrten die Tradition. Streng wachten sie über die Schwestern. Eines Tages kam ein Werber, der um Milas Hand anhielt. Mila durfte während des Gesprächs nicht anwesend sein, sondern musste bei den Schwestern bleiben. Sie lauschte dem Gespräch zwischen ihren Brüdern und den Gästen. Sie fühlte sich vor Angst und Ungeduld ganz schwach. Als die Fremden gegangen waren, öffnete der älteste Bruder Nikola die Tür zum Zimmer der Schwestern und sagte zu ihr: »Mila, du bist versprochen worden. Wir haben diesem Werber zugestimmt und du wirst ihn heiraten. Bereite dich auf deine Hochzeit vor.«

      Mila war bestürzt und bat darum, dass sie noch nicht heiraten müsse. Sie liebte ihr Zuhause, ihre Geschwister, das Land. Sie begann zu weinen und flehte ihre Brüder an, noch etwas zu warten. Sie wolle so gerne noch bei ihrer Familie bleiben.

      »Ich werde nicht aus diesem Haus gehen und wen soll ich überhaupt heiraten?«, rief sie schrill und schnippte dabei mit den Fingern.

      »Mach dir keine Sorgen, Mila! Wenn die Hochzeitsgesellschaft dich holen kommt, dann wirst du deinen Bräutigam schon kennen lernen«, antwortete Nikola streng.

      »Eher werde ich sterben, als einen Unbekannten zu heiraten«, schluchzte Mila.

      Dann flog sie an den Hals ihrer Mutter. »Mutter, lass nicht zu, dass ich gehen muss! Ich möchte so gerne noch hier bei dir, bei euch bleiben«, bettelte Mila.

      »Mein liebes Kind«, sagte die Mutter, »du bist erwachsen und du weißt, dass ich mich deinem Bruder nicht entgegenstellen darf. Er ist sehr streng und er hat dich bereits versprochen. Du musst deinen Brüdern gehorchen!«

      Mila weinte bitterlich. Die Mutter versuchte sie zu beruhigen:

      »Weißt du mein Kind, deine Brüder haben gedroht, falls du diesen Mann nicht heiraten wirst, dem sie dich versprochen haben, würden sie dir mit der Axt den Kopf abhacken – wie bei einem Huhn. Es ist besser, du tust, was sie sagen, denn sie halten ihr Wort, wenn sie es gegeben haben«, sprach die Mutter. Mila trauerte Tag und Nacht. Sie konnte nicht mehr glücklich sein, aber es gab für sie keinen Ausweg. Sie dachte darüber nach, sich im Fluss zu ertränken.

      Die Familie war bereit für die Hochzeit. Sie kauften ein Spanferkel, ein Lamm und ein Kälbchen. Die Mutter buk Brote und Kuchen. Mila wusste nichts über ihren zukünftigen Ehemann, weder wie er aussah, noch wie sein Charakter war. Diese Unwissenheit machte Mila krank und zehrte schwer an ihr.

      Der Herbst hatte auf dem Hof sein buntes Laub verstreut und langsam hörte man den nahenden Gesang der Hochzeitsgesellschaft. Durch die kleinen Fenster des alten Hauses sah Mila die vielen Menschen auf dem Hof stehen. Sie sprachen laut miteinander, eine Flasche Schnaps kreiste zwischen den Männern von Hand zu Hand, sie sangen und riefen Trinksprüche.

      Im Haus zogen die Schwestern Mila für ihre Hochzeit an. In Milas dichtes schwarzes Haar wurden Rosen eingeflochten, die schönsten, die es im Garten gab Sie hatte ein weißes, selbst gewebtes Brautkleid an und musste immer wieder die Tränen stumm hinunter schlucken. Mila glaubte, an ihnen zu ersticken und ihr Herz schlug rasend schnell vor Angst. Die Schwestern versuchten sie zu trösten. Lange hielten sich die Schwestern mit den Vorbereitungen auf. Als sie fertig waren, führten sie Mila aus dem Zimmer und übergaben sie dem ältesten Bruder, der stolz da stand, seine Schwester an der einen und in der anderen Hand eine Flasche Schnaps.

      Er fuchtelte mit der Flasche herum und winkte seinen Gästen zu.

      Im Hof sangen sie immer noch Trink- und Hochzeitslieder und warteten darauf, dass der älteste Bruder die Braut an die Hochzeitsgäste übergeben würde.

      Nikola erschien mit Mila am Arm, die einer Prinzessin glich. Beide schritten über den Hof. Sie war eine wunderschöne junge Frau mit ihrem Brautschmuck. Die Hochzeitsgäste blieben nur kurz, um sich zu amüsieren. Kurz darauf zogen sie mit der jungen Braut, hinter dem »Sexene« laufend, fort.

      Die Hochzeitsgäste tranken, feierten, spielten Lieder auf der Mundharmonika. Eine bunte, fröhliche Karawane, die immer wieder stehen blieb, sich zuprostete, Kolo tanzte, feierte und sang:

      »Kommen durch die Gassen, die Hochzeitsgäste

      aus dem Dorf, Rosmarin im Knopfloch,

      weiße Tücher umgebunden.

      Schellen klingen an geschmückten Pferden,

      Hügel hallen wider von den Klängen des Liedes.

      Sie kommen, sie kommen durch die Gassen,

      die Hochzeitsgäste aus dem Dorf.

      Der Herbst beschenkt sie mit buntem Laub.

      Die Braut hat unschuldig aufgelöst das schwarze

      Haar, das mit weißem Schleier geschmückt war.

      Der Schleier flattert und die Braut ist besorgt,

      Wahrhaftig ist die Liebe, die trotzige Liebe.

      Sie kommen, sie kommen durch die Gasse,

      die Hochzeitsgäste des Dorfes,

      das Lied verliert sich in der Ferne,

      es widerklingen die Landstraßen davon.«

      Als die Hochzeitsgesellschaft weit vom Hause ihrer Familie entfernt war, bat Mila eine ältere Frau, ihr zu zeigen, wer der Bräutigam ist. Die fröhliche, rundliche Frau zeigte mit der Hand auf einen Mann in der ersten Reihe.

      »Schau, der Mann mit dem schwarzen Hut, sie nennen ihn Jovan, das ist dein Mann.«

      Und dann brach die Frau in ein schrilles Gelächter aus und es klang, wie das Lachen einer Hexe.

      Mila schaute noch einmal auf