Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten an der Türkischen Riviera. Jörg Wagner

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Название Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten an der Türkischen Riviera
Автор произведения Jörg Wagner
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783943904871



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Als Exportgüter werden in erster Linie Sklaven und Meersalz erwähnt, das nach Plinius als Zusatz für eine kostbare Augensalbe verarbeitet wurde; ferner die verschiedenen Früchte des Umlandes, darunter die besonders beliebten, zuckersüßen kaunischen Feigen, die auf den Märkten Roms nach ihrem Herkunftsort als cauneae verkauft wurden; weiter Harze und Pech aus den Pinienwäldern – Materialien, die nicht nur die kaunischen Werften für den Bau von Schiffen benötigten, sowie Salzfisch, ein Hauptnahrungsmittel der antiken Bevölkerung. Somit ist diese Zollinschrift eine historische Quelle ersten Ranges nicht nur für die Stadtgeschichte von Kaunos, sondern auch für die antike Wirtschaftsgeschichte überhaupt. Sie gibt dem Besucher einige Gedanken mit auf den Weg zur südlichen Anlegestelle, wo sein Boot für die weitere Fahrt durch das Schilfgelände zum Iztuzu-Strand auf ihn wartet.

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      Literatur

      B. Öğün/​C. Işık, Kaunos – Kbid. The results of 35 years of research (1966 – 2001) (2001).

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      Fethiye ist eine moderne Stadt, in der sich enge Gassen und alte Holzhäuser nur noch am Hang der Burg finden lassen. Dieses Bild erklärt sich durch die Zerstörungen, die 1957 ein schweres Erdbeben verursachte. Dennoch hat sich Fethiye aufgrund der berühmten Strände von Gemile und Ölüdeniz (Abb. 3) sowie vieler Ausflugsmöglichkeiten zu antiken Städten und zur 1923 verlassenen griechischen Siedlung Kaya Köyü zu einem beliebten Ferienort entwickelt, der auch für Freunde der Antike großartige Monumente bietet.

Telmessos (Fethiye) – Felsgräber überstehen verheerende Erdbeben

      Der Gründungsmythos von Telmessos ist dem Sagenkreis um den Troianischen Krieg zuzuordnen und im Jahre 446/​445 v. Chr. erscheint die Stadt in den Tributlisten des Delisch-Attischen Seebundes mit einem jährlichen Tribut von einem Talent Silber (etwa 26 kg), war also bereits recht vermögend. Nach einer im Letoon aufgestellten Inschrift eroberte im späten 5. Jh. v. Chr. der xanthische Dynast Arbinas diese Stadt, deren schönen Hafen er besonders hervorhebt. Und dieser geschützte Hafen war auch das Ziel einer lykischen Koalition unter Perikles von Limyra, der im frühen 4. Jh. v. Chr. für kurze Zeit die Stadt besetzte. Im Jahre 334 v. Chr. ergab sich Telmessos widerstandslos den Truppen Alexanders des Großen, es folgten Jahrzehnte unter ptolemäischer und pergamenischer Herrschaft, bis die Stadt 133 v. Chr. zunächst zur römischen Provinz Asia und 43 n. Chr. zur Provinz Lycia kam.

      In der Spätantike residierte in Telmessos ein Bischof, der 451 n. Chr. am Konzil von Kalchedon teilnahm, doch zeichnete sich der Niedergang der Stadt schon ab. Im 7. Jh. wurde sie mehrfach von arabischen Flotten geplündert, seither vollendeten mehrere Erdbeben die Zerstörung. Das gilt vor allem für das schwere Erdbeben von 1856, dem der Artemistempel und das Theater zum Opfer fielen, die Charles Texier 1836 noch ausführlich dokumentiert hat. Ebenfalls stark zerstört ist die Festung auf der Akropolis, die die Byzantiner unter Verwendung zahlreicher antiker Spolien erbaut haben und die im 15. Jh. von den Johannitern und Genuesen zum Schutz von Stadt und Hafen noch einmal verstärkt worden ist. Zu dieser Zeit heißt die Stadt nach einer Insel in der Hafeneinfahrt bereits Makri. Den heutigen Namen Fethiye erhält sie erst 1914 zu Ehren eines der ersten Militärpiloten des Osmanischen Reiches, Hauptmann Fethi Bey, der in diesem Jahr bei Damaskus abgestürzt ist und im Garten des Grabes von Saladin dem Großen seine letzte Ruhestätte fand.

      Sarkophage und Felsgräber

      Da die Stadt Fethiye genau über Telmessos liegt, ist von den öffentlichen Gebäuden der Antike mit Ausnahme des in den späten 90er Jahren freigelegten Theaters wenig erhalten. Lediglich Inschriften berichten von weiteren Bauwerken wie einem Kaisertempel, zwei Säulenhallen, einer Gladiatorenschule, einem Gymnasion und einem Bad mit Exedra, für die Opramoas von Rhodiapolis 35.000 Denare stiftete. So bleiben nur einige monumentale Steinsarkophage mit architektonisch gegliederten Gehäusen und reliefgeschmückten Spitzbogendeckeln, die mehr oder weniger versteckt im modernen Stadtbild die Erdbeben überlebt haben: am Platz bei den Kaianlagen, mitten in der zu den Felsgräbern hinaufführenden Asphaltstraße und unmittelbar vor dem Gebäude der Stadtverwaltung (Belediye Binası). Der letztere zeigt auf dem Firstbalken und den Deckelwölbungen Kampfszenen vor den Mauern einer Stadt. Darüber hinaus ist er ein beredter Zeuge für die tektonischen Veränderungen in den letzten zwei Jahrtausenden. Seit der Antike hatte sich das Küstenniveau so weit abgesenkt, dass dieser Sarkophag auf einem Aquarell des englischen Landschaftsmalers William James Müller im Jahre 1843 vom Wasser der Bucht umspült wird. Nach den seitherigen Erdbeben 1856 und 1957 aber hat sich die Küste gehoben und dem Meer konnte ein breiter Küstensaum entrissen werden, sodass dieser Sarkophag wieder auf festem Grund steht.

      Weithin sichtbares Wahrzeichen ist in der mächtigen Felswand im Südosten der Stadt eine Gruppe von Felsgräbern, die einen ersten Eindruck von der Formenvielfalt der lykischen Grabarchitektur vermittelt. Besonders eindrucksvoll ist das Amyntasgrab (Abb. 10), das inschriftlich einem sonst unbekannten Amyntas, Sohn des Hermagios, zugeschrieben wird. Die Frontseite ist im Stil eines ionischen Antentempels gestaltet, wobei die Anten eine tiefe Vorhalle bilden und zwei ionische Säulen einrahmen; darüber erhebt sich der Giebel mit Akroteren. Die Form der Kapitelle und die architektonischen Schmuckelemente, die ursprünglich farbig angelegt waren, erlauben eine Datierung in das späte 4. Jh. v. Chr. Das Besondere am Amyntasgrab ist die originalgetreue Nachbildung eines hölzernen Portals mit Türflügeln, Bronzebeschlägen und Schmuckrosetten. Eine Öffnung im rechten Türflügel, die mit einer Steinplatte verschlossen werden konnte, ermöglicht den Zugang in die schlichte Grabkammer.

      Die Großartigkeit dieses auf Fernwirkung angelegten Tempelgrabes und seine leichte Begehbarkeit – heute dank einer modernen Treppe – haben leider seit dem 19. Jh. für unzählige touristische Graffiti gesorgt: Angefangen mit dem sorgfältig auf dem Architrav eingravierten Namenszug von Charles Texier, dem „Vater der kleinasiatischen Archäologie“, über mehrere in Schmuckvignetten gesetzte Namen früherer Forschungsschiffe und ihrer Kapitäne, darunter der spätere Admiral und Namensgeber für die Windskala Sir Francis Beaufort, bis zu den primitiven Graffitis von Besuchern unserer Tage. Davon ist ein weiteres Felsgrab mit ionischer Antenfassade, das nur wenige Meter östlich vom Amyntasgrab auf einem nicht leicht zu erreichenden Felsvorsprung angelegt ist, erfreulicherweise weitgehend erschont geblieben.

      Museum

      Das Museum führt durch die Geschichte von Telmessos von den Lykiern über die Johanniter bis zu den Osmanen; hinzu kommen Funde aus den Grabungen von Xanthos und im Letoon (u. a. die berühmte Trilingue vom Letoon – s. S. 52) sowie aus den benachbarten lykischen Städten Kadyanda, Oinoanda, Tlos und Pinara, aber auch aus dem karischen Kaunos. Bemerkenswerte Prunkstücke sind zwei Denkmäler aus Tlos, die uns einen Einblick in die ritterliche Lebensweise der lykischen Oberschicht geben. So zeigt ein attischer Klinensarkophag des 2./​3. Jhs. n. Chr. Bilder von der Wildschwein-, Hirsch- und Löwenjagd, während die Basis des Izraza-Monuments aus dem 5. Jh. v. Chr. dramatische Kampfszenen vorführt: den Zweikampf des Izraza mit einem anderen Ritter, einen Hopliten, der einen Reiter mit einem Stoß seiner Lanze vom Pferd reißt, das Kampfgetümmel mehrerer Hopliten und die Bestürmung einer Burg, in der wir nach der topografischen Lage und dem doppelten, nur schwer zu durchbrechenden Verteidigungsring vielleicht die Burg von Tlos selbst erkennen dürfen.

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      Literatur

      Marksteiner, Lykien 39 – 43; Hellenkemper/​Hild, Lykien und Pamphylien II 704 – 709; Bruns-Özgan, Lykische Grabreliefs 187 – 190.