Jesus nach 2000 Jahren. Gerd Ludemann

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Название Jesus nach 2000 Jahren
Автор произведения Gerd Ludemann
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783866743281



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dem in V. 2 implizit enthaltenen Vorwurf.

       Historisches

      Das Streitgespräch über die Erlaubnis, am Sabbat heilen zu dürfen, hat nie stattgefunden. Denn es ist deutlich von den Bedürfnissen der Gemeinde geprägt. Gleichwohl liegt dieser Szene das Wissen darüber zugrunde, daß Jesus zuweilen bewußt das Sabbatgebot übertreten hat (vgl. den Grundsatz Mk 2,27).

      Das Wunder der spontanen Heilung der vertrockneten Hand erweist sich durch die Parallele in 1Kön 13,4-6 ebenfalls als unhistorisch, ganz abgesehen davon, daß es die Naturgesetze aufheben würde.

      Mk 3,7-12: Großer Zulauf des Volkes und Heilungen

      (7) Und Jesus zog mit seinen Jüngern zum See, und eine große Menge von Galiläa folgte (ihm) nach und von Judäa (8) und von Jerusalem und von Idumäa und von jenseits des Jordans und aus (der Gegend) um Tyrus und Sidon eine große Menge.

      Als sie hörten, was er tat, kamen sie zu ihm.

      (9) Und er sagte seinen Jüngern, daß wegen des Volkes ihm ein Boot zur Verfügung stehen solle, damit sie ihn nicht erdrückten.

      (10) Viele nämlich heilte er, so daß sie sich auf ihn stürzten, um ihn zu berühren, (alle) die von Krankheit geplagt waren.

      (11) Auch die unreinen Geister stürzten, wenn sie ihn erblickten, vor ihm nieder und schrien: »Du bist der Sohn Gottes.«

      (12) Und er bedrohte sie vielmals, daß sie ihn nicht offenbar machen sollten.

      Redaktion

      Der Abschnitt ist ebenso wie 1,32-39; 6,53-56 eine redaktionelle summarische Bildung (und fällt darum als historische Quelle aus). Im Vergleich zu 1,32-34 ist das Interesse der Menschen an Jesus noch gesteigert. Die Dämonen sprechen nur hier das Bekenntnis, Jesus sei der Sohn Gottes (V. 11; s. aber auch 5,7). Vgl. vorher die Anrede Jesu als des »Heiligen Gottes« (1,24) durch einen Kranken mit einem unreinen (= dämonischen) Geist. Der erzählerische Schwerpunkt liegt in diesem Abschnitt mehr auf den Reaktionen auf Jesu Wundertaten als auf den Heilungen (V. 10a) selbst.

      Mk 3,13-19: Die Berufung der Zwölf

      (13) Und er steigt auf den Berg und ruft diejenigen, die er wollte, und sie gingen zu ihm.

      (14) Und er setzte Zwölf ein, damit sie mit ihm seien und damit er sie sende, zu verkündigen (15) und die Vollmacht zu besitzen, die Dämonen auszutreiben.

      (16) Und er übertrug dem Simon den Namen Petrus,

      (17) und Jakobus, den Sohn des Zebedäus,

      und Johannes, den Bruder des Jakobus,

      und er übertrug ihnen den Namen Boanerges,

      was bedeutet: Söhne des Donners.

      (18) Und Andreas

      und Philippus

      und Bartholomäus

      und Matthäus

      und Thomas

      und Jakobus, den Sohn des Alphäus,

      und Thaddäus und Simon, den Kananäer,

      (19) und Judas Iskariot, der ihn auch auslieferte.

       Redaktion und Tradition

      V. 13 ist mk Einleitung. Der Berg hat wie immer bei Mk eine symbolische Bedeutung und bezeichnet den Ort der Epiphanie (vgl. 9,2).

      V. 14b-15 sind eine mk Einfügung, mit der Mk die ständige Begleitung Jesu durch die zwölf Jünger sowie deren spätere Aussendung (6,7-13) motiviert. Die Jünger erhalten die gleiche Vollmacht, Dämonen auszutreiben, wie Jesus sie immer wieder unter Beweis gestellt hat. Wie Jesus so die Jünger.

      V. 19b ist Vorverweis auf 14,10-11.

      Ertrag: Mk hat in die ihm überlieferte Namensliste der Zwölf referierende Zwischenbemerkungen eingefügt und sie mit einem erzählenden Rahmen versehen. Gleichzeitig fügt er in die Namensliste den Sendungs- und Vollmachtsgedanken ein.

      Als Tradition schält sich eine Liste von zwölf Jüngern Jesu heraus, aus der sich noch einmal eine Dreierliste ausgliedern läßt. Diese Trias besteht aus Simon, Jakobus und Johannes, wobei die drei durch die ihnen von Jesus gegebenen Spezialnamen ausgezeichnet werden. Dabei fällt auf, daß der Beiname von Johannes und Jakobus auf aramäisch angegeben wird; Simon erhält dagegen einen griechischen Beinamen, Petrus, der die Benennung mit dem aramäischen Namen Kephas voraussetzt. Mit der Zwölferliste sind die anderen bekannten Zwölferlisten zu vergleichen (Mt 10,2-4; Lk 6,14-16; Apg 1,13), die aber keine großen Abweichungen aufweisen.

      Simon der Kananäer (V. 18 Ende) heißt Simon der Eiferer (W. Bauer, 38).

       Historisches

      V. 14: Es ist sehr wahrscheinlich, daß Jesus zu seinen Lebzeiten einen Kreis der Zwölf berufen hat. Würde man diesen Kreis für eine nachösterliche Schaffung halten, so wäre schwer zu erklären, warum er unmittelbar nach seiner Einsetzung wieder eingegangen sein sollte. Denn Paulus hatte in Jerusalem nicht mehr mit dem Zwölferkreis (1Kor 15,5), sondern mit den drei »Säulen« Kontakt (Gal 2,9). Außerdem spricht die Existenz des Judas als eines der Zwölf für die Historizität des Zwölferkreises zu Lebzeiten Jesu. Denn wer hätte die Zugehörigkeit des Auslieferers Judas zum Zwölferkreis erfinden sollen, wenn dieser Kreis nicht geschichtlich gewesen wäre?

      V. 16-17a: Die Übertragung des Namens Petrus (= aram. Kephas) ist ebensowenig historisch wie die Einsetzung eines etwaigen Dreierkollegiums Simon, Jakobus, Johannes (vgl. zu 9,2-8 und Gal 2,9). Beides wurde erst in der Urgemeinde ausgebildet (vgl. zu Mt 16,18-19).

      V. 17b: Der Beiname der Zebedaiden, Boanerges, wird vielleicht durch Lk 9,54 historisch plausibel. »Den aramäischen Namen Boanerges für die Zebedaiden erwähnt Lc nicht, kennt ihn aber und erklärt ihn hier. Sie wollen selber das Feuer herabkommen lassen, trauen sich also zu, zu können, was der alttestamentliche Donnerer konnte« (Wellhausen, 504). Einer anderen Erklärung zufolge spielt ihre Benennung nicht auf ihren Charakter, sondern auf den Auftrag zu prophetisch-apokalyptischer Verkündigung an (vgl. Offb 6,1; 10,3f; 14,2; 19,6).

      Mk 3,20-35: Die Ablehnung Jesu durch eigene Verwandte und durch Schriftgelehrte

      (20) Und er (Jesus) kommt in ein Haus. Und das Volk kommt wiederum zusammen, so daß sie nicht einmal Brot essen konnten. (21) Und als es die Seinen hörten, machten sie sich auf, um ihn zu ergreifen; denn sie sagten: »Er ist von Sinnen.«

      (22) Und die Schriftgelehrten, die von Jerusalem kamen, sagten: »Er hat den Beelzebul«, und: »Durch den Führer der Dämonen treibt er die Dämonen aus.«

      (23) Und er rief sie und sprach in Gleichnissen zu ihnen: »Wie kann Satan Satan austreiben?

      (24) Und wenn ein Reich in sich gespalten ist, kann jenes Reich nicht bestehen.

      (25) Und wenn ein Haus in sich gespalten ist, wird jenes Haus nicht bestehen können.

      (26) Und wenn Satan gegen sich selbst aufsteht und gespalten ist, kann er nicht bestehen, sondern es hat ein Ende.

      (27) Aber keiner kann in das Haus des Stärkeren eindringen und seine Habe ausplündern, wenn er nicht vorher den Starken bindet. Und dann wird er sein Haus ausplündern.

      (28) Amen, ich sage euch: Alles wird den Menschenkindern vergeben werden, die Sünden und die Lästerungen, wieviel sie auch lästern werden. (29) Wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, wird keine Vergebung in Ewigkeit haben, sondern ist der ewigen Sünde schuldig.«

      (30) Denn sie sagten: Er hat einen unreinen Geist.

      (31) Und es kommen seine Mutter und seine Brüder und, draußen stehend, schickten zu ihm und ließen ihn rufen.