Название | Wenn die Götter auferstehen und die Propheten rebellieren |
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Автор произведения | Oliver Glanz |
Жанр | Религия: прочее |
Серия | |
Издательство | Религия: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783815026182 |
Die Bibel beschreibt auf zwei Weisen, wie JHWH seine Gesetze in die Welt einführt. Manche Gesetze führt er unmittelbar und direkt ein, während er andere Gesetze mittelbar und somit indirekt einführt. Ähnlich wie ein Geschäftsführer, der manche seiner Anordnungen selber ausführt (unmittelbar), aber andere Anordnungen durch seine Angestellten ausführen lässt (mittelbar), lässt JHWH manche Anordnungen auf direktem Wege ausführen, während er andere Anordnungen durch den Menschen ausführen lässt. Und so kann das Blatt bei Sonneneinstrahlung nicht die Photosynthese verweigern, da JHWH seine biotischen Gesetze direkt und unmittelbar ausführen lässt. Aber die Gesetze der Ethik (z. B. »Du sollst nicht töten.«) werden nur realisiert, wenn der Mensch sich dazu entscheidet, sie auszuführen. Die historisch/kulturellen Gesetze (z. B. »Macht euch die Erde untertan.«) werden da ausgeführt, wo Zivilisationen entstehen, die Technik des Ackerbaus entwickelt wird, Energieerzeugung entdeckt und Regierungsformen ausgedacht werden.
Auch in der Wissenschaft wird unterschieden zwischen den Seins-Aspekten, die von direkten und unmittelbaren oder indirekten und mittelbaren Gesetzen charakterisiert werden. Die Naturwissenschaften beschäftigen sich mit den unmittelbaren Gesetzen und deren dazugehörigen Seins-Aspekten. Dagegen beschäftigen sich die Humanwissenschaften mit den mittelbaren Gesetzen und deren dazugehörigen Seins-Aspekten.
Um diesen Unterschied zu unterstreichen, werden die indirekten und mittelbaren Gesetze als Normen bezeichnet.
Fazit: Gesetze bezeichnen die direkt ausgeführten Gesetze JHWHs (Naturgesetze), während Normen die indirekt von JHWH ausgeführten Gesetze bezeichnen.
Normen zielen auf die Freiheit und Verantwortung des Menschen ab. JHWH macht den Menschen für die Ausführung seiner Normen verantwortlich. Der Mensch ist aufgefordert, die Normen zu beachten und sie zu aktivieren. Wie dies geschieht und welche Auswirkung ein prophetisches Verständnis von Normen auf unser Wirklichkeitsverständnis und unsere Du-Begegnung hat, werden wir in unserer folgenden Reflexion sehen. Dabei werden wir uns mit dem Phänomen des kulturellen Relativismus beschäftigen. Im folgenden Buchabschnitt soll vor allem in Reflexion 9 und 10 deutlich werden, dass theoretisches Denken (Philosophie und Wissenschaft) nicht einfach nur als Gedankenspiel betrachtet werden kann, sondern als eine Notwendigkeit, wenn wir unser Alltagsleben besser verstehen und ausleben wollen.
5.6 Klärung
Wir haben in dieser Reflexion versucht, uns von den biblischen Texten inspirieren zu lassen, um zu sehen, wie die Welt in der Folge für Wissenschaft und Philosophie aussehen könnte. Die Darstellung ist nicht mehr und nicht weniger theoretisch als andere wissenschaftliche Theorien. Die Evolutionstheorie oder der erwähnte »linguistic turn« sind ebenso hypothetisch und beruhen auf Annahmen, die nicht zu beweisen sind. Die Glaubhaftigkeit einer Theorie lässt sich darum nie zu 100 Prozent beweisen. Am Ende muss man immer den Annahmen einer Theorie vertrauen. Dennoch kann man die Annehmbarkeit einer Theorie prüfen: Je sinnvoller eine Theorie den erlebten Alltag und die Resultate der Wissenschaft erklären kann, desto glaubwürdiger ist sie.
Keine modernistisch-reduktionistische Theorie wird der Komplexität unseres alltäglichen Lebens gerecht. So kann die Evolutionstheorie einige Phänomene unserer Wirklichkeit stimmig und sinnvoll erklären, aber die Erklärungen etlicher anderer Phänomene (z. B. Liebe oder Selbstmord trotz bester Überlebenschancen [starker Körper, Geist, Psyche]) sind häufig nicht zufriedenstellend. Die Tatsache, dass der Mensch zu einem gewissen Maße frei ist und ein Gewissen besitzt, bestimmte Krankheiten vererbt werden, der Mensch Kultur schafft und durch sie geprägt wird, Selbstmorde stattfinden, obwohl genug Nahrung und Wohlstand vorhanden sind, mancher Mensch aus Liebe für den anderen sein Leben aufs Spiel setzt, sich Gläser bei spiritistischen Treffen rücken lassen, kann nur im Theoriedenkmodus völlig ernst genommen werden, wo eine nicht-reduktionistische Vorstellung über unsere Welt besteht. Diese Reflexion zeigt, dass da, wo das Nachdenken von den Berichten der biblischen Schreiber beeinflusst wird, eine theoretische und nichtreduktionistische Weltanschauung entsteht. Diese Anschauung integriert sinnvoll Alltagserfahrung und wissenschaftliche Forschungsergebnisse und ist in der Lage, aus der Zwickmühle von Objektivismus und Subjektivismus zu einem Verständnis von der wahren Natur des Lebens zu führen, die die Du-Begegnung mit Mitmensch und Mitschöpfung ermöglicht.
Folgende Übungen bieten sich zur Vertiefung der vorigen Seiten an:
→Es gibt die bekannte und paradoxe Erzählung von Zeno von Elea über Achilles und die Schildkröte. Die beiden beschließen, einen Wettlauf zu organisieren, bei dem die langsamere Schildkröte einen kürzeren Abstand als der schnelle Achilles zurücklegen muss. Zeno erklärt, dass Achilles die Schildkröte nie einholen wird. Warum ist das so? Wie kann das Paradoxon gelöst und erklärt werden? Die Lösung lässt sich da finden, wo die einzelnen Seins-Aspekte als nicht reduzierbar angesehen werden.
→Der Aufenthalt in Krankenhäusern wird immer teurer. Das liegt unter anderem daran, dass Krankenhäuser mittlerweile als Wirtschaftsbetriebe gesehen werden, die Gewinn machen müssen. Überhaupt hat man den Eindruck, dass unsere Gesellschaft immer mehr auf ihren ökonomischen Aspekt reduziert wird. Alles muss Gewinn abwerfen, ansonsten hat es keine Daseinsberechtigung. Das widerspricht zu einem großen Teil dem sozialen Auftrag des Krankenhauses, sich um physisch kranke Menschen zu kümmern. Ganz ähnlich scheint die Polizei sich manchmal mehr um das für den Staat lukrative Verteilen von teuren Strafzetteln zu bemühen als um die Bewachung der sozialer Ordnung. Wie kann das gegenwärtige Problem aus der Perspektive unserer Seins-Aspekte analysiert und besser verstanden werden? Eine weiterführende Erklärung bietet der Text »A Non-Reductionistic Theory of Society« in Clouser, R. A. The myth of religious neutrality: an essay on the hidden role of religious belief in theories. Notre Dame: University of Notre Dame Press, 2005.
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