Название | Die Forsyte-Saga |
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Автор произведения | John Galsworthy |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 4064066499952 |
»Doch,« sagte June. »Ich habe mich erkundigt.« Ihr resolutes Gesichtchen unter der Kupferkrone glühte in verdächtigem Eifer.
James musterte sie mit der Miene eines Inquisitors.
»Was? Du denkst doch nicht etwa daran Land zu kaufen?« rief er und ließ die Gabel sinken.
June ermutigte sein Interesse sehr. Es war lange ihr Lieblingsplan gewesen, daß ihre Oheime sich und Bosinney zum Nutzen, von diesem Landhäuser bauen lassen sollten.
»Natürlich nicht,« sagte sie. »Ich dachte nur, es wäre ein so prächtiger Platz für – dich oder – sonst jemand, um dort ein Landhaus zu bauen!«
James sah sie von der Seite an und nahm einen zweiten Bissen von dem Schinken.
»Land muß dort herum sehr teuer sein,« sagte er.
Was June für persönliches Interesse gehalten hatte, war nur die unpersönliche Erregung jedes Forsyte, der hörte, daß etwas Vorteilhaftes in andere Hände überzugehen droht. Aber sie wollte das Schwinden ihrer Aussichten nicht sehen und verfolgte ihren Zweck weiter.
»Du solltest aufs Land ziehen, Onkel James. Ich wollt, ich hätte einen Haufen Geld, dann bliebe ich keinen Tag länger in London.«
James war bis ins Innerste seiner langen, dürren Gestalt empört. Er hatte keine Ahnung davon, daß seine Nichte so verwegene Ansichten hegte.
»Warum ziehst du nicht aufs Land?« wiederholte June, »es wäre ein wahres Glück für dich!«
»Warum?« begann James erregt. »Land kaufen – was glaubst du, hätte ich vom Landkaufen, und Häuserbauen? – Ich bekäme nicht vier Prozent für mein Geld!«
»Was schadet das? Du hättest frische Luft.«
»Frische Luft!« rief James aus; »was soll mir frische Luft –«
»Ich dächte, jeder liebt es, frische Luft zu haben,« sagte June verächtlich.
James wischte sich mit der Serviette über den Mund.
»Du kennst den Wert des Geldes nicht,« sagte er und wich ihrem Blicke aus.
»Nein! Und das werde ich hoffentlich nie!«
Die arme June biß sich in unsagbarer Entrüstung auf die Lippen und schwieg.
Warum waren ihre eigenen Verwandten so reich, und Phil wußte nie, wo er am nächsten Tag das Geld für den Tabak hernehmen sollte. Warum konnten sie nicht etwas für ihn tun? Aber sie waren so selbstsüchtig. Warum konnten sie nicht Landhäuser bauen? Sie hatte noch jenen festen naiven Glauben, der so rührend ist und zuweilen so Großes vollbringt. Bosinney, dem sie sich in ihrer Niedergeschlagenheit zuwandte, unterhielt sich mit Irene, und ein Frösteln erfaßte Junes Seele. Ihre Augen wurden starr vor Zorn, wie die des alten Jolyon, wenn man sich ihm widersetzte.
Auch James war ganz verstört. Ihm war, als habe jemand ihm das Recht bestritten, sein Geld mit fünf Prozent anzulegen. Jolyon hatte sie verzogen. Von seinen Töchtern hätte keine so etwas gesagt. James war gegen seine Kinder immer sehr freigebig gewesen, und das Bewußtsein davon ließ es ihn noch tiefer fühlen. Er stocherte verdrießlich in seinen Erdbeeren, dann überschwemmte er sie mit Sahne und verzehrte sie rasch; sie wenigstens sollten ihm nicht entgehen.
Kein Wunder, daß er außer sich war. Seit vierundfünfzig Jahren (er war so früh das Gesetz es erlaubte als Anwalt zugelassen worden) hatte er Hypotheken zu ordnen, Geld zu hohen und dabei sicheren Zinsen anzulegen, Geschäfte nach dem Grundsatz zu leiten, aus andern Leuten so viel wie möglich herauszuholen, sofern es mit der Sicherheit für seine Klienten und ihn selbst zu vereinigen war, und bei den Berechnungen der genauen pekuniären Möglichkeiten in allen Lebenslagen war er schließlich dazu gekommen, nur noch in Geldbegriffen zu denken. Geld war jetzt sein Licht, sein Mittel zu sehen, ohne das er tatsächlich unfähig war zu sehen, wirklich nichts zu erkennen vermochte; und daß man ihm ins Gesicht sagen konnte: »Hoffentlich werde ich nie den Wert des Geldes kennen lernen!« betrübte und empörte ihn. Er wußte, daß es Unsinn war, sonst hätte es ihn erschreckt. Wohin sollte es noch kommen in der Welt! Aber plötzlich fiel ihm die Geschichte des jungen Jolyon ein, und das tröstete ihn ein wenig, was konnte man schließlich erwarten mit einem solchen Vater! Seine Gedanken wurden dadurch auf eine noch unerfreulichere Bahn geleitet. Was bedeutete denn all dies Gerede über Soames und Irene?
Wie in allen Familien, die etwas auf sich halten, hatte sich ein Stapelplatz gebildet, an dem die Familiengeheimnisse ausgetauscht und der Familienschatz bewertet wurde. Es war an der Forsytebörse bekannt, daß Irene ihre Heirat bereute. Aber ihre Reue wurde gemißbilligt. Sie hätte es sich vorher überlegen sollen; keine zuverlässige Frau täuscht sich in solchen Dingen.
James sagte sich verstimmt, daß sie doch ein hübsches, wenn auch ziemlich kleines Haus in ausgezeichneter Lage hatten, keine Kinder und keine Geldsorgen. Soames war in bezug auf seine Angelegenheiten sehr zurückhaltend, aber er mußte doch allmählich ein sehr wohlhabender Mann werden. Er hatte ein vorzügliches Einkommen aus dem Geschäft – denn Soames war wie sein Vater Teilhaber der wohlbekannten Anwaltfirma Forsyte, Bustard und Forsyte – und war immer sehr vorsichtig gewesen. Es war ihm ganz ungewöhnlich gut mit einigen Hypotheken geglückt, die er aufgenommen hatte – dazu eine kleine rechtzeitige Pfändung – höchst glückliche Treffer!
Es gab keinen Grund für Irene, nicht glücklich zu sein, und doch hieß es, sie habe getrennte Zimmer verlangt. Er wußte, worauf das hinauslief. Wenn Soames noch ein Trinker gewesen wäre!
James sah zu seiner Schwiegertochter hinüber. Sein unbemerkter Blick war kalt und unsicher. Es lag Furcht und Anklage darin und ein Gefühl persönlichen Kummers. Warum blieb ihm dieser Ärger nicht erspart? Wahrscheinlich war alles Unsinn. Frauen sind eben komische Geschöpfe! Sie übertreiben so, man weiß nie, was man ihnen glauben soll; und dann, ihm sagte keiner was, er mußte alles allein herausfinden. Wieder blickte er verstohlen zu Irene hin, und von ihr hinüber zu Soames. Dieser hörte Tante Juley zu und warf dabei unter seinen Brauen einen Blick auf Bosinney.
»Er liebt sie, das weiß ich,« dachte James. »Man sieht es an der Art, wie er sie immer beschenkt.«
Und das außerordentlich Unbillige ihrer Abneigung traf ihn mit erhöhter Gewalt. Wirklich schade, sie war ein liebes kleines Ding, und er, James, hätte sie wirklich lieb gehabt, wenn sie es nur erlaubt hätte. Seit kurzem war sie sehr vertraut mit June; das war nichts für sie, das war ganz gewiß nichts für sie. Sie fing an, eigene Ansichten zu haben. Was wollte sie denn eigentlich damit. Sie hatte ein schönes Heim und alles, was sie nur wünschen konnte. Man müßte ihre Freunde für sie wählen. Es weiter gehen zu lassen wie bisher, wäre gefährlich.
Gewohnt, Unglückliche unter ihren Schutz zu nehmen, hatte June Irene tatsächlich ein Geständnis abgelockt und ihrerseits dann die Notwendigkeit gepredigt, dem Übel, selbst durch eine Trennung, wenn es sein mußte, Trotz zu bieten. Aber Irene hatte diesen Ratschlägen gegenüber nachdenklich geschwiegen, als fände sie den Gedanken fürchterlich, mit kaltem Blut einen solchen Kampf durchzuführen. Er würde sie nie freigeben, hatte sie zu June gesagt.
»Was macht das?« rief June, »laß ihn tun was er mag – wenn du nur daran festhältst!« Und sie hatte kein Bedenken gehabt, bei Timothy einige Andeutungen darüber zu machen. Als James davon hörte, war er natürlich entrüstet und erschrocken.
Wenn Irene es sich nun wirklich in den Kopf setzte, Soames – er konnte den Gedanken kaum zu Ende denken – zu verlassen? Aber dieser Gedanke schien ihm so unerträglich, daß er ihn schnell von sich schob. Was für dunkle Visionen er heraufbeschwor, dies Familiengetuschel, das ihm im Ohre summte, dies Entsetzen, daß so etwas in seiner Nähe, bei einem seiner Kinder geschehen konnte! Glücklicherweise hatte sie kein Geld – elende fünfzig Pfund im Jahre! Und er dachte mit Verachtung an den verstorbenen Heron, der ihr nichts hatte hinterlassen können. Über seinem Glase brütend, hatte er die langen Beine unterm Tisch übereinander geschlagen und versäumte aufzustehen, als die Damen