Schadensfälle aus der Parkettlegerpraxis. Praxisratgeber boden wand decke

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Название Schadensfälle aus der Parkettlegerpraxis
Автор произведения Praxisratgeber boden wand decke
Жанр Зарубежная деловая литература
Серия
Издательство Зарубежная деловая литература
Год выпуска 0
isbn 9783778308301



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als auch durch das Versiegeln mit Wasserlacken, wird die alte Klebeverbindung stark beansprucht.

      Die durch den Wasserlack verursachten Quellvorgänge im Holz lassen den Boden zunächst als feste fugenfreie Fläche erscheinen. Beim Austrocknen und Schwinden des Parkettholzes, das durch das Bindemittel Wasser zunächst aufgefeuchtet wird, lassen sich durch auftretende Spannungen schwach verklebte Lamellen später zuweilen sehr leicht lösen. Im Extremfall kann das ganze Flächenbereiche betreffen.

      Dieses mögliche Szenario muss ein Fachmann immer im Hinterkopf haben. Er hat den Altboden vor Beginn seiner Arbeiten zu prüfen und den Kunden auf die Risiken hinzuweisen. Das ist hier in keinster Weise geschehen.

      „Also hat der Handwerker, der eigentlich nur das Parkett abschleifen und dem Kunden einen nahe zu neu erscheinenden Boden abliefern wollte, die volle Verantwortung zu tragen“, lautete es in der Urteilsbegründung.

      3. Abrissfugen (Massivdielenboden)

      Misslungener Freundschaftsdienst

      Es ist nicht immer der beauftragte Handwerker schuld, wenn etwas in die Hose geht. Auch spätere Eingriffe können zu Fehlern führen, wie dieser Fall mit den breiten Fugen zeigt.

      Der Handwerker, ein Schreinermeister, war sich seiner Sache so sicher, dass er weder auf telefonische noch auf schriftliche Beanstandungen reagierte. Was der Kunde monierte, waren zum Teil erhebliche Fugen des Massivdielenbodens. Die Dielen hatte der Schreinermeister selbst geliefert. Dabei war ihm klar, dass später Fugen entstehen würden. So hatte er es dem Bauherren im Beisein des Architekten auch mitgeteilt. Was soll die ganze Aufregung, dachte er sich und ließ die Angelegenheit auf sich beruhen.

      Diese Sturheit blieb jedoch nicht ohne Folgen. Der ob des Bildes ohnehin verärgerte Bauherr ließ einen privaten Sachverständigen für das Parketthandwerk kommen. Der schaute sich den Fall an und nahm erst einmal die grundsätzlich vorhandenen Dinge auf.

      Schadensbild

      Das Objekt war ein nach baubiologischen Gesichtspunkten hergestelltes Lehmhaus. Verlegt war ein 30 mm dicker Hobeldielenboden direkt auf darunterliegenden Lagerhölzern. Die Verbindung war durch Nageln durch die Feder erfolgt. Die Abstände der Lage betrugen etwa 60 cm von Mitte Lager zu Mitte Lager. Der Dielenboden lag fest; die Oberflächenbehandlung hatte man mit einem einfachen Naturöl vorgenommen. Das Fugenbild war in der Tat erheblich und etwa 4 bis 5 mm breit. Kein Wunder, dachte sich der Gutachter. Nadelholzhobeldielen werden zum Teil mit erheblichen Holzfeuchten eingebaut, denn genaue Vorgaben dafür bestehen nach DIN 4072 nicht. Lediglich die Maße müssen mit bestimmten Toleranzen bei Holzfeuchten von 16 bis 20 Prozent Holzfeuchte (HF) eingehalten werden. Rücktrocknungen in beheizten Räumen auf sechs bis acht Prozent HF sind ganz normal.

      Dass eine daraus resultierende Schwindung derartige Fugen hinterlässt, stand nicht in Frage. Der Liefervertrag wies eindeutig Hobeldielen aus – also hatte der Zimmermann wohl Recht, der sich nicht auf die DIN 18334 (Zimmerarbeiten) bezogen hatte. Nach dieser hätte er das Holz mit maximal zwölf Prozent Holzfeuchte verarbeiten müssen.

      Schadensursache

      Doch bei einer Sache stutzte der Gutachter. Der Boden wies ein recht deutliches Abrissfugenbild auf, das so ohne Weiteres nicht zu erklären war. Der Boden war oberflächlich geölt – derartige Oberflächenbehandlungen sind nicht so sehr im Verdacht, seitenverleimende Wirkungen zu entfachen wie andere Behandlungssysteme. Woher kam also das Abrissfugenbild?

      Um der Sache auf die Spur zu kommen, ging er in den Keller. Dort hoffte er den Grund für das vorgefundene Erscheinungsbild zu finden. Als er die Treppe hinabstieg, fiel ihm die Verschraubung des Treppengeländers auf. Mittels Schrauben war es sowohl an einem Auflager als auch kopfseitig in den Dielen befestigt worden. „Hat der Schreinermeister die Arbeit so abgeliefert?“, fragte der Gutachter den verständnislosen Bauherrn. „Nein, das war mein Freund Erich, der ist handwerklich geschickt und hat mir beim Bau des Treppengeländers geholfen.“

      Schadensbeseitigung

      Dem Gutachter war jetzt klar, was passiert war, denn die Fugen ließen sich recht eindeutig mit der Verschraubung der Dielen in Deckung bringen. Weitere Messungen nahm er nicht vor – weder die exakte Holzfeuchte noch die Fugenbreiten, die ihm Möglichkeiten zu Rückrechnungen und damit eventuell weitere Auskünfte gegeben hätten.

      Dem Bauherrn erläuterte er, dass sein befreundeter „Hilfsarbeiter“ durch die Art der Befestigung des Geländers in die Konstruktion des Bodens eingegriffen hatte. Allerdings hatte sich die „feste Einspannung“ als unfachgerecht erwiesen. Dem Bauherrn empfahl er, mit dem Boden so zu leben.

      Die Baubiologie würde so etwas ohnehin verzeihen.

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      Abrissfugen wurden durch die Verschraubung „quasi“ provoziert.

      4. Aufwölbungen (Buchemassivholzdielen)

      Ursachenforschung bei Friesentee

      Dass ein neues Haus nicht nur gebaut, sondern auch bewohnt werden muss, zeigt dieser Schadensfall.

      Für die Bauherrin ging die Sache noch relativ glimpflich aus, es hätte schlimmer kommen können.

      Ein neues, im Friesenstil gemauertes Haus wurde im Frühsommer auf einer norddeutschen Insel fertig gestellt. Die Bauherrin hatte es eigens für ihre Schwester errichtet, die lange in Südafrika gewohnt hat und ihren Lebensabend nun auf einer Nordseeinsel verbringen wollte. Das Haus wurde nach der Verlegung des Parketts mit Einbaumöbeln ausgestattet, etwa sechs Wochen später beanstandungsfrei übergeben und stand dann mehrere Monate leer.

      Niemand kümmerte sich in der Zwischenzeit um den Neubau. Als kurz vor Ankunft der zukünftigen Hausherrin alles für die Übergabe hergerichtet werden sollte, offenbarte sich eine böse Überraschung: Der Wohnzimmerfußboden hatte im Randbereich die inneren Rigipswände weit nach außen verschoben, stand schon am Mauerwerk an und war dort etwa zehn Zentimeter aufgewölbt. Was war passiert?

      Die Bauherrin vermutete einen Wasserschaden, weil sie kurz nachdem der Parkettboden verlegt war bei Starkregen die Verandatür offen gelassen hatte.

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      Die Buchendielen waren an die Wand angestoßen und bereits freigeschnitten.

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      Konkave Verformungen der Dielen zeigten sich im Bereich der Fußleiste.

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      Die erfolgte Rücktrocknung zeigte sich auch an den Korkdehnstreifen.

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      An den Heizungsrohren war noch Platz.

      Architekt contra Handwerker

      Der Architekt hingegen war der Meinung, dass der Estrich zum Zeitpunkt der Verlegung noch nicht belegreif war. Der Handwerker, der eiligst zum Freischneiden des Bodens herangeholt wurde, wies anhand eines sauber dokumentierten Baustellenprotokolls alle Schuld von sich. Blieb noch die Vermutung der Untertrocknung der Massivholzdielen, die den Holzhändler trotz angeblich fachgerechter Lieferfeuchte mit ins Boot holte. Weshalb der Boden sich bereits nach kurzer Zeit aufgewölbt hatte, wusste allerdings niemand so recht.

      Wie in Friesland üblich, beharrten die einzelnen Parteien auf ihren Standpunkt, einigten sich aber darauf, dass ein vereidigter Sachverständiger die Angelegenheit „moderieren“ sollte, wie es in dessen Auftrag hieß. Man würde sich dem Ergebnis der „Moderation“ anschließen.

      Der Sachverständige sah sich bei dem Ortstermin (alle beteiligten Parteien waren zugegen) zunächst mit gegebener Sorgfalt den Schaden an. Er ließ sich vom örtlichen Handwerker das Baustellenprotokoll aushändigen. Dies belegte, dass der herkömmliche