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Stufen waren es bis in die untere Halle. Schalter und Automaten, eine abgeschlossene Gepäckaufgabe, bei Nacht außer Betrieb. Die Sicht nach draußen war durch massive Gittertüren blockiert. Swobenka blickte auf die Schatten der mit laufenden Motoren wartenden Wagen.

      »Gehen Sie in der Mitte«, flüsterte ihm einer der Polizisten zu. Zwei Beamte des örtlichen Sheriffs flankierten ihn. Maxwells Leute, die jeden Quadratmeter von Sandstone im Kopf hatten. Swobenka hielt Schritt mit seinen Bewachern. Schneller noch, hin zu den Wagen, keine fünfzig Meter mehr.

      Man wartete auf Eric Swobenka und auf keinen anderen. Wie war er nur in all dies hineingeraten?

      Ein unerwarteter Blitz hüllte den Bahnhofsplatz in gleißendes Licht. Taghell für zwei Sekunden. Jenseits des Bahnhofs hatten sich Millionen Volt im Trafo entladen. Ein ohrenbetäubender Schlag und dann … alles in nachtschwarzer Dunkelheit.

      Eric Swobenka wurde ganz kurz vom grellen Licht der Scheinwerfer geblendet. Schon stand er vor der Wagenkette. Was machte der Minitransporter knapp neben ihm?

      Kreischende Bremsen, irgendwo aufgerissene Türen. Zwei weitere Fahrzeuge, ein Motorrad. Sie blockierten die Abfahrt der schwarzen Wagen. Mündungsfeuer automatischer Waffen blitzte durch die Nacht. Irgend jemand stieß Swobenka zu Boden. Neben sich hörte er gellende Rufe, Schreie, Befehle. Er wurde in einen Wagen gezerrt. Wo war er jetzt? Blut drang durch sein Hosenbein, dann versank er im Dunkeln.

      *

      Seit Stunden standen durchnässte Reporter vor dem Lazarus. Sie hatten nur noch eine knappe Stunde. Bis dahin mussten die Morgenausgaben ihrer Blätter auf den Straßen sein. Umfassende Berichte hatten die Redakteure verlangt. Was war in Sandstone geschehen. Wo war der Kronzeuge. Lebte er noch? Oder war er längst tot? Entführt? Natürlich nicht. Sie raubten keine Menschen. Sie schossen sie über den Haufen.

      Kameras und TV-Geräte befanden sich schussbereit vor dem kleinen Hospital. Die halbe Nacht hatten sie sich vor der »Intensiven« um die Ohren geschlagen. Gerüchte wurden von Reporter zu Reporter weitergegeben. Alles umsonst. Zwei Sanitäter und eine Krankenschwester hatten eine Bahre in der Dunkelheit über den Hof geschoben. Ein regloser Körper unter dicken Decken. Jedes Aufsehen sei zu vermeiden – das war die Devise vom FBI.

      Dann war das Heer der Presseleute, die seit den Schüssen auf dem Bahnhofsplatz das kleine Sandstone in Aufregung versetzten, unerwartet verschwunden. Wie stand es um Swobenka?

      James, den erfahrensten Mann ihrer Gruppe, hatten sie in der vierten Etage vor Zimmer 711 postiert. Burt sollte ihn in zwei Minuten ablösen. Inzwischen war es kurz vor vier. Die Nachtschwester lächelte, als sie dem Sicherheits-Beamten eine Tasse Tee servierte. Ein schickes Mädchen. James war fasziniert. Die Schwester von vorhin war längst nicht so nett. Also hatten sie mittlerweile das Personal gewechselt. Selbst der Tee, den sie James servierte, schmeckte ganz anders.

      »Damned!« Das fehlte ihm noch. Warum rebellierte sein Magen so plötzlich? James sah auf die Uhr. Nicht in ganz einer Minute musste Burt hier sein. James hielt die Hand vor den Mund und rannte los. Die Toilette war doch keine zwanzig Schritte entfernt. Und Burt war sicher schon im Lift. Das war er auch . Doch zwischen der zweiten und dritten Etage hielt der Aufzug wie von Geisterhand.

      »Um Himmels Willen!« Burt haute gegen die Tür. Wo war der verteufelte Alarmknopf? Weshalb funktionierte er nicht? Nichts passierte. Er war im Lift gefangen und irgend einer hatte James in der Toilette eingeschlossen. Das konnte nur diese verdammte Nachtschwester gewesen sein. Der hämmerte gegen die Tür Zwei Fußtritte hinterher. Die Tür war aus Stahl.

      Zwei Minuten später war es geschehen. Die Todesschützen traten die Tür zum Krankenzimmer ein und feuerten auf das Bett. Mit leeren Magazinen hasteten sie über den Gang in Richtung Feuertreppe. Der Kopf des Opfers war bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt.

      *

      Vor dem kleinen Amtsgericht drängten sich Tausende. Von überall her waren sie nach Sandstone gekommen. Wer wollte sich schon dieses Schauspiel entgehen lassen. Rundfunkstationen und Fernsehgesellschaften hatten zum Aufsehen erregendsten Prozess des Jahres ein großes Treffen arrangiert. Von New Mexico bis nach Montana gab es kein anderes Thema. Punkt neun war es soweit.

      »Ich rufe den Zeugen Eric Swobenka«, verkündete Richter Johnson mit klarer Stimme.

      Fünf Angeklagte, hinter eiligst aufgebautem Stahlgitter mit Handschellen aneinander gefesselt, sahen sich in ihre Gesichter. Dann grinsten sie und kicherten hörbar. Teuflischer Spott machte sich auf ihren Fratzen breit. Und dann erstarrten sie.

      Gestützt auf einen Sanitäter, begleitet von Sheriff Maxwell und einem Assistenten hinkte der Schwerverletzte in den Gerichtssaal. Eric Swobenka trat in den Zeugenstand.

      »Das war der schwerste Tag in meinem Leben«, murmelte er nach langem Schweigen, als er im Chevrolet des Sheriffs durch Sandstone fuhr. »Während Ihr mich in der Kinderklinik retteten, ist ein anderer für mich gestorben.«

      Maxwell schwieg lange. Erst nach einigen Minuten fing er wieder an. »Wir haben die beiden noch erwischt, als sie hinter der Feuerleiter über den Stadtgraben flüchten wollten.«

      »Wenigstens das«, antwortete Swobenka etwas erleichtert. »Na ja,« meinte der Sheriff. »die werden jetzt verurteilt … wegen Ruhestörung und verbotenem Waffenbesitz und natürlich … wegen Leichenschändung.«

      Swobenka sah den Sheriff verständnislos an. »Leichenschändung?«

      »Was denn sonst?« Maxwell schmunzelte seit langem wieder. »Wissen Sie, ich lasse in unserem Sandstone ungern auf lebende Menschen schießen. Nur deshalb hab ich mir im Kühlhaus einen toten Ganoven ausgeliehen.«

      ***

      DIE TIGERTATZE

       Der kunstvoll vergoldete Adlerkopf warf einen gespenstischen Schatten durch das Labor des weltweit bekannten Ägyptologen. Drei Stunden nach Mitternacht bewegte sich im unteren Teil des bekannten Hauses eine Tür. Der Professor, an häufige Nachtarbeit gewohnt, begab sich leise in die unteren Räume und richtete für eine halbe Minute den Lichtstrahl seiner Taschenlampe über Tausende von Jahren alte Figuren und pharaonischen Halsketten. Der Wissenschaftler griff zum Lichtschalter. Zu spät! Schnell wie ein hungriger Tiger, legte Bernhard Polle seine mächtigen Tatzen um den Hals des Professors. Der Atemluft beraubt, sank der Forscher in Sekunden zusammen. So kam es dazu, dass Heinz Birnbaum Millionen scheffelte und Polle zwei Jahrzehnte im Gefängnis verbrachte.

      Zwanzig Jahre später

      Das hochgewachsene gazellenhafte Mädchen flitzte zur Tür, um den unerwarteten Besucher zu empfangen.

      »Blöder Kerl!«, rief sie dem Buben nach, der das Gartentor bereits zugeschlagen hatte und die enge Straße des eleganten Viertels hinunter rannte. Dann erst bemerkte die Privatsekretärin das flache Päckchen, das zugeklebt und gut verschnürt vor der Haustür lag.

      FÜR HEINZ BIRNBAUM stand in unbeholfenen Buchstaben auf einem grünen Zettel, den ein Unbekannter auf das grobe Rupfentuch geklebt hatte.

      »Was ist das?« fragte der Millionär, als seine Sekretärin mit der seltsamen Sendung in das elegante, holzgeschnitzte Büro zurück kam.

      »Ich weiß es nicht.« Birnbaum wunderte sich über die knappe Information.

      »Nun gut. Wer schickte es denn?«

      »Kein Absender drauf«, antwortete sie kurz. »Genau so lag es vor der Haustür.« Um weiteren Fragen aus dem Weg zu gehen, erzählte sie nichts von dem kleinen Jungen, der so schnell die Straße hinuntergerannt war.

      »Seltsam«, murmelte Birnbaum. »Ich erwarte keinen.« Und dabei schien ihn irgend etwas zu beunruhigen. Der hagere, schon etwas gebeugte Fünfziger erhob sich vom Sessel und nahm die seltsame Sendung in die Hand. »Ich will mir das doch gleich mal ansehen.«

      Doch zwei kurze Telefonate, die seine Absicht unterbrachen und der kurze Besuch des freundlichen Nachbarn hielten ihn zunächst davon ab.

      Gegen Nachmittag zogen Gewitterwolken