Schwarze Krähen - Boten des Todes. Carolina Dorn

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Название Schwarze Krähen - Boten des Todes
Автор произведения Carolina Dorn
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783961455164



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damit die Lunge ihr Volumen wieder vergrößerte.

      „Das hat bisher keiner mit mir gemacht“, staunte er.

      „Dann wird es aber höchste Zeit“, erwiderte Christin.

      Nach dem ersten tiefen Atemzug jedoch beließ er es dabei.

      „Ja weiter atmen, meinen Sie mit einem einzigen tiefen Atemzug ist es getan?“, forderte sie ihn auf.

      Sie war ein erstaunliches Ding, diese kleine Nonne. Er wunderte sich immer mehr. Und so atmete er weiter tief ein und aus. Es blieb ihm gar nichts anderes übrig, als ihrer Anleitung mit leiser angenehmer Stimme zu folgen.

      Während einer Pause erzählte ihr Brandon von den anderen Pflegerinnen.

      „Alle meine vorherigen Pflegekräfte haben kaum ein Wort mit mir gewechselt. Dabei verrichteten sie nur das Nötigste und oft nicht einmal das. Sie nahmen mir die Glocke weg, um nachts ungestört schlafen zu können. Sie reden wenigstens mit mir und lassen mir die Glocke. Sie kommen sofort, wenn ich nach Ihnen klingele.“

      Ein Plus für mich, dachte sie.

      „Aber bilden Sie sich ja nichts darauf ein, Sie schwarzer Vogel“, knurrte er und dämpfte damit ihr kleines Glücksgefühl wieder.

      Das nächste Mal kam sie mit Rasierschaum und einem Rasiermesser zu ihm.

      „Was haben Sie mit dem Messer vor?“, erkundigte sich Brandon argwöhnisch. „Kartoffelschälen gewiss nicht.“

      „Ich will Sie rasieren, was sonst?“, entgegnete Christin ganz harmlos. „Wollen Sie mich umbringen? Mir etwa die Kehle durchschneiden?“, rief er entsetzt.

      „Ach, Sie wollen doch noch ein wenig leben?“, gab sie sich überrascht. „Gestern wollten Sie nur noch sterben.“ Die Nonne rührte den Schaum mit dem Rasierpinsel an.

      „Ich will nicht ermordet werden. Ich möchte eines natürlichen Todes sterben“, informierte er sie.

      Christin musste lachen. „Haben Sie keine Angst, Mr. Stonewall. Ich habe das schon oft gemacht. Ich werde Sie nicht umbringen und auch keinesfalls verletzen.“

      Als sie sich ihm näherte und auf der Bettkante Platz nahm, begann Brandon ernsthaft zu zetern. „Nein, gehen Sie weg damit! Fassen Sie mich nicht an! Die anderen haben mich auch nicht rasiert!“ Er zog die Bettdecke bis zu seinen Augen hoch.

      „Das sehe ich, dass Sie keiner von ihrem Bart befreit hat“, lächelte sie. „Mr. Stonewall, wollen Sie denn den Rauschebart, wie Santa Claus, behalten? Wenn er auch nicht weiß ist, so ist er doch ganz schön lang geworden. Außerdem, wie sieht es aus, wenn sich die Nudeln aus der Suppe darin verfangen?“

      Langsam rutschte die Bettdecke nach unten und er ertastete mit seinen dünnen Fingern den Bart. Sie hatte Recht: sein Bart hatte bereits eine erstaunliche Länge erreicht, seit der letzten Chemotherapie. Immer noch misstrauisch sah er sie an.

      „Und Sie meinen wirklich, dass Sie das beherrschen?“, hinterfragte er.

      Christin lachte ihm in die Augen: „Ja, natürlich. Sie sind nicht mein erster Patient mit Bart.“

      Dieses Lachen löste bei ihm die Angst. Es klang sicher, vertrauensvoll und heiter.

      „Na gut, rasieren Sie mich. Mein Testament habe ich ja Gott sei Dank schon gemacht“, gab er sein Einverständnis.

      Sie seifte ihn gründlich ein, schnitt den langen unteren Teil bis zu seinem Kinn mit einer Schere ab und begann sehr vorsichtig, jedoch mit geübter Hand ihn von seinem Vollbart zu befreien. Nachdem sie ihn mit einem Handtuch abgetrocknet und mit einem Rasierwasser behandelt hatte, das unerwartet frisch und aromatisch duftete, wandte sich Brandon an sie. „Haben Sie einen Spiegel?“

      Christin brachte ihm einen Handspiegel. Kritisch betrachtete er sich darin. „Sieht ganz ordentlich aus. Gut, Sie dürfen das jetzt jeden Tag tun“, erlaubte er ihr.

      „Danke, Mr. Stonewall, das werde ich so lange tun, bis Sie es selbst wieder können“, antwortete sie und verschwand im Bad.

      Kurz darauf kam sie mit einer Schüssel voll warmem Wasser zurück. Sie ging zum Schrank, um frische Wäsche zu holen.

      „Finger weg von meinem Schrank! Das ist mein Eigentum!“, warnte er sie.

      „Stellen Sie sich vor, ich habe mich gestern bereits an Ihrem Schrank vergriffen. Aber seien Sie unbesorgt. Ich stehle Ihnen nichts. Ich habe alles, was ich brauche. Ich bin mit dem zufrieden, was ich habe. Mein kleines Zimmer mit vier Einrichtungsgegenständen im Kloster. Und sogar die sind nur geliehen. Sie gehören nicht wirklich mir. Wozu sich mit viel Eigentum beladen. Man kann es am Ende nicht mitnehmen, denn wir gehen so, wie wir einst kamen, ohne alles. Sie werden es mir kaum glauben, aber ich habe bereits in Abstellkammern gelebt, während eines Einsatzes, weil sie kein extra Zimmer für mich erübrigen konnten. Das hier bei Ihnen ist im Gegensatz dazu direkt königlich, komfortabel. Dieses Zimmer hier nebenan ist der reinste Luxus“, berichtete sie ihm.

      Unter seinen langen Augenwimpern verfolgte er alle Bewegungen der Schwester, wie bei jedem Schritt, den sie tat, ihr bodenlanges Kleid um ihren schlanken Körper schwang und wie ihre kleinen, feingliedrigen Hände ruhig die Arbeit verrichteten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er nicht gewusst, dass dieses alte Kloster so junge, hübsche Schwestern beherbergte. Er glaubte irrtümlich immer, dass dort nur alte, runzelige und bissige Nonnen hausten.

      Sie öffnete den Schrank und nahm sich Handtücher, Waschlappen und frische Wäsche für ihn heraus.

      „Ich werde Sie jetzt waschen“, informierte sie ihn und krempelte ihre Ärmel hoch.

      „Dürfen Sie das überhaupt als Nonne?“, erkundigte er sich leicht belustigt.

      „Ich bin über achtzehn Jahre alt, habe eine Ausbildung als Krankenschwester und eine Spezialausbildung für Krebspatienten abgelegt“, erklärte sie. „Sonst noch irgendwelche Einwände?“

      Da er nichts mehr erwiderte, zog sie die Bettdecke zurück und begann die Knöpfe seines Schlafanzugs zu öffnen. Sie half ihm aus dem Oberteil heraus und begann ihn schweigend zu waschen. Rechter Arm, linker Arm, Brust, Bauch und sehr vorsichtig den Rücken. Danach cremte sie die Haut wieder sorgfältig ein. Auch etwas Neues für Brandon. Als sie sich anschickte ihm seine Unterhose auszuziehen, entriss er ihr den Waschhandschuh.

      „Her mit dem Lappen! Das mach’ ich schon alleine!“, grollte er mit finsterem Gesicht.

      Sie braucht mein armes Würmchen nicht zu sehen, dachte er bei sich.

      Die Pflegerin ließ ihn allein und zog sich in ihr Zimmer zurück. Dort hörte sie ihn ächzen und stöhnen, da er Schwierigkeiten bekam mit dem Waschlappen dorthin zu kommen, wo er hinwollte. Er versuchte anschließend seine alte Unterhose anzuziehen, doch er konnte sich weder aufsetzen, noch seine gefühllosen Beine anziehen. Er fluchte immer lauter vor sich hin, bis er schließlich kapitulierte.

      „Schwester? Können Sie mir bitte helfen?“, rief er dann doch nach einer halben Stunde nach ihr. Vorsichtshalber legte er das Handtuch über seinen entblößten Unterleib.

      Sogleich stand sie neben seinem Bett und half ihm schweigend aus der alten Hose und anschließend in die frische Unterhose und entfernte das Handtuch. Sie legte es sich über den Arm und schmunzelte.

      „Sie brauchen sich gar nicht genieren vor mir. Ich habe nämlich schon viele Männer von Kopf bis Fuß gewaschen. Mir ist absolut nichts fremd an Ihnen.“

      Damit schickte sie sich an die Waschutensilien wegzuräumen. Als sie zurückkam, lag er da mit geschlossenen Augen. Ihn hielt eine unendliche Müdigkeit gefangen. Kein Wunder nach dieser anstrengenden Arbeit. Christin zog die Bettdecke über ihn und gönnte ihm erst einmal etwas Ruhe. Er verwendete heute zum ersten Mal das Wort „Bitte.“ Christin dachte schon, dass so ein Wort in seinem Sprachvokabular gar nicht vorkam.

      Im Laufe des Vormittags bekam Brandon Durst und zwar verlangte es ihn nach einem Whiskey.

      Dass er ein Alkoholproblem hatte,