Persephone. Matthias Falke

Читать онлайн.
Название Persephone
Автор произведения Matthias Falke
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783957771001



Скачать книгу

ist daran seltsam?«, fragte sie.

      »Na, hör mal.« Da das Thema ihnen anscheinend überhaupt nicht peinlich war, ließ er sich auf den plaudernden Tonfall ein. Ihm wäre es unangenehm gewesen. Selbst so, als Unbeteiligter, musste er dagegen ankämpfen, sich zu genieren. Aber offenbar genossen es die beiden geradezu, darüber zu reden.

      »Wie habt ihr das arrangiert?«, fragte er, um ihnen den Gefallen zu tun. »Ich meine, wie habt ihr euch überhaupt kennen gelernt? Ich vermute mal, du warst noch nicht geboren, als wir aufgebrochen sind. Oder warst du mit an Bord?«

      »Nein, war ich nicht.« Beth lachte. »Ich kam zur Welt, als ihr längst auf dem Rückflug wart. Während ich aufwuchs, lagt ihr in Hibernation.«

      »Und dann?«

      »Ich interessierte mich für alles, was mit Raumfahrt zu tun hatte. Nach dem College bekam ich die Zulassung für die Akademie der Union in Pensacola. Ich schrieb mich in Triebwerkstechnik ein. Überlichtflug war das große Thema!«

      »Und dann?« Laertes hielt es kaum noch auf seinem Sitz.

      »Ich erfuhr von dem Programm. Man machte unter jungen Kommilitonen ziemlich Werbung dafür. Die MARQUIS DE LAPLACE würde in einigen Jahren von ihrem Flug, ihrem buchstäblichen Jahrhundertflug, zurückkehren. Ein großer Teil der Crew setzte sich aus Singles zusammen, die auf eine Welt ohne Angehörige treffen würden.«

      »Eine Kontaktbörse!«

      »Ja, auch. Aber noch sehr viel mehr.«

      »Eine umfassende Unterstützung. Das Rundum-Sorglos-Paket zur Familiengründung.«

      »Naja, sorglos.« Ash wirkte auf einmal nicht mehr so begeistert.

      »Am Anfang brauchte es natürlich ein wenig.«

      »Ich habe ziemlich lange gebraucht«, sagte Ash in Richtung seines Kameraden. »Bestimmt ein halbes Jahr. Du hast es ja selber mitgemacht. Man kommt hier an. Alles ist anders, einfach alles. Und da ist niemand mehr, den man kennt.«

      »Ja, ich weiß.« Laertes wandte den Blick ab und atmete tief durch.

      »Tut mir leid, Mann. Wir alle mussten da durch, auf die eine oder andere Weise.«

      »Nur dass du« – Laertes schluckte. Dann zwang er sich, Beth in die dunklen Augen zu sehen, die jetzt ganz ernst waren. – »dass du am Gate von deiner Familie abgeholt wurdest?«

      »Von meiner Frau und meinen drei Söhnen.« Ash strahlte. »Und als Beth vor vier Jahren mit Jenny schwanger war, waren wir auf Luna III, weil dort ein Symposium über die aktuelle Triebwerkstechnik stattfand.«

      »Aber ihr kanntet euch doch vorher gar nicht!«

      »Ich hatte ja sein Profil von der Kontaktbörse«, erzählte Beth unbefangen. »Was willst du. Er sieht gut aus. Er ist wohlhabend. Und er ist so lustig!«

      »Ja, das ist er allerdings«, seufzte Laertes. Den Büro-Ash, dachte er, bekam sie ja vermutlich nie zu sehen.

      »Oder findest du die Idee einer arrangierten Ehe per se anstößig?«

      »Nein, auf keinen Fall.«

      »Also doch.« Beth lächelte. Seine Antwort war ein bisschen zu schnell gekommen. »Das muss jeder für sich selbst entscheiden.«

      »Ich würde es nie verurteilen«, sagte Laertes hilflos. »Aber für mich käme es eben nicht in Frage.«

      »Keiner wird gezwungen.« Sie hob die sonnengebräunten Schultern. »Aber ich muss sagen, in diesem Fall war es schon eine feine Sache. Ihr hattet ja nun einiges hinter euch. Die Wiedereingliederung, um es im offiziellen Jargon zu sagen, würde so oder so schwierig werden. So war das Nest schon bereitet, in das die Heimkehrer sich fallen lassen konnten.« Sie betonte das Wort im Stil eines markigen Propagandavideos.

      Laertes nickte geistesabwesend und kaute auf der Lippe.

      »Natürlich mussten wir uns kennen lernen«, fuhr Beth fort. »Aber das hat eigentlich ganz gut geklappt. Als die MARQUIS DE LAPLACE sich dem Sonnensystem näherte und man wieder halbwegs normal kommunizieren konnte, haben wir angefangen, uns Videos zu schicken.«

      »Da war«, Laertes überschlug ein paar Daten im Kopf, »da war der Große aber schon geboren.«

      »Ja, Allie war schon da.«

      »Und wenn ihr nun gemerkt hättet, dass es – nicht geht?«

      Beth sah ihn nachdenklich an. »Wenn man sich zu einem solchen Schritt entschließt«, sagte sie ruhig, »dann ist man auch bereit, sich darauf einzulassen. Man rechnet nicht mit dem Blitz, mit der großen Liebe.«

      »Man arrangiert sich.«

      »Man lernt sich kennen. Man gibt einander Zeit. Man akzeptiert einander. Man lernt den Anderen lieben.«

      »Wow.« Laertes lächelte schüchtern. »Das klingt beinahe zu schön, um wahr zu sein.« Er sah prüfend von einem zum anderen. »Wie es aussieht, hat es bei euch ja geklappt.«

      »Wir sind sehr zufrieden.«

      Beths nüchterne Art imponierte ihm.

      Sie schwiegen eine Weile. Jeder hing seinen Gedanken und Erinnerungen nach. Laertes nippte ab und zu an der Zitronenlimonade, die herrlich erfrischend war. Beth stocherte in ihrem Kuchen, stellte den Teller dann aber weg. Ash sah zu der kleinen Jennifer hinüber, die in ihr Spiel vertieft war. Mit einem Modell eines Enthymesis-Explorers übte sie Starten und Landen in der Kraterlandschaft ihrer Sandkiste.

      »Ihr hattet bestimmt viel Spaß auf eurem Trip«, sagte Beth schließlich, um das Schweigen zu brechen. »Franklin hat mir da so ein paar Anekdoten erzählt.«

      »Spaß?« Laertes wirkte entgeistert.

      »Du natürlich nicht.« Ash lachte amüsiert. An seine Frau gewandt, sagte er noch: »Er ist und bleibt ein Eigenbrötler.«

      »Stimmt es«, fragte Beth, »dass du dich nur mit diesem Computer unterhalten hast, diesem Bordrechner?«

      »Nicht nur, aber auch, ja.« Laertes grinste entschuldigend. »Das war mein Job.«

      »Eine KI?«

      »Madeleine.« Er nickte. »Sie war zur Zeit des Abflugs die am höchsten entwickelte Künstliche Intelligenz, die je geschaffen worden war. Während der Mission erlangte sie ein vollgültiges Bewusstsein. Das war im wesentlichen meine Aufgabe.«

      »Respekt.« Beth schaute ihn anerkennend an.

      »Er hat sie hervorgebracht«, rief Ash in dem Bemühen, sich in dem Genie seines Freundes zu sonnen. »Es ist, als wenn er einen Menschen geschaffen hätte!«

      »Ja«, sagte Beth leise und mit mildem Spott. »Und es klingt, als sei er verliebt in sie. Madeleine?«

      Laertes beschrieb nur eine ausweichende Geste.

      »Was ist eigentlich aus ihr geworden?«, erkundigte sich Ash. »Nach allem, was ich mitbekommen habe, wurde unsere MARQUIS DE LAPLACE komplett umgerüstet. Da wurden doch sicher auch neue Systeme aufgespielt.«

      »Die Software wurde komplett ausgetauscht«, sagte Laertes. »Das Schiff wurde generalüberholt und technisch auf den neuesten Stand gebracht. Immerhin waren einige Jahrhunderte nachzuholen. Die Entwicklung des Überlichtfluges zum Beispiel hatten wir buchstäblich verpennt. Das musste alles nachgerüstet werden. Und das ging natürlich nur mit einer vollständig neuen KI-Architektur.«

      »Und Madeleine?« Beth klang erschrocken.

      »Ich habe mir ihre Persönlichkeit heruntergeladen.« Laertes nestelte ein Medaillon aus dem Kragen seines Freizeithemds. Er betrachtete es unschlüssig. Dann reichte er es Beth, die sich das eingelegte Mini-Hologramm neugierig besah.

      »Ist sie das?«

      »Das ist Kathy«, sagte Laertes.

      Beth wirkte irritiert.

      »Seine Verlobte«, fiel Ash ein.