Название | 100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 4 |
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Автор произведения | Erhard Heckmann |
Жанр | Книги о Путешествиях |
Серия | |
Издательство | Книги о Путешествиях |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783957446213 |
Die Toketee Falls, ein Ort zum Nachdenken
Die Attraktionen der durch den Umpqua National Forest nach Diamond Lake am gleichnamigen See führenden „138“ sind Regenwald und vierundzwanzig Wasserfälle, für die vier Flüsse sorgen. Und nach einem ersten Spaziergang zu den Susan Creek Falls stand sofort fest, dass wir zu Fällen wandern möchten, wo der Weg lange, oder besonders spektakulär, direkt von dieser Straße aus durch diesen wunderschönen Regenwald führt. Und unter diesem Gesichtspunkt empfiehlt uns die Broschüre, die die Wasserfälle im hiesigen National Forest vorstellt, noch mindestens drei an: Fall Creek, Tokeete und Watson. Nur bei den Yakso Falls des Little Rivers und des „Hemlock“ machen wir eine Ausnahme, weil sie fotogen in den Regenwald eingebunden sind. Ersterer springt achtzehn Meter über die Klippen, und der andere rauscht zwischen Farnen und hohen Bäumen 24 Meter äußerst druckvoll nach unten. Der „Watson“ rückt zwar schon nach etwas mehr als einem halben Kilometer ins Blickfeld, doch bietet dafür die kleine Holzbrücke, die dort den Watson Creek überspannt, nach beiden Seiten erstaunliche Blicke. Auf der einen Seite kippt der mit 83 Metern höchste Wasserfall im Südwesten Oregons steil und ohne Verzögerung über seine Basaltkante, und entgegengesetzt sucht sich der Fluss zwischen bemoosten rötlichen Felsen und hohen Bäumen schäumend seinen weiteren Weg.
Absolut begeistert haben uns aber zwei andere Fälle, weil der Weg zu ihnen unglaubliche Schönheit bot. Es war ein Pfad wie durch einen Märchenwald, auf dessen feuchtem Boden eindringende Sonnenstrahlen hin und her huschen, als würden sie mit ihrem Spiel den Schatten necken wollen. Dazu uralte Bäume, deren Äste und Stämme von dickem Moos überzogen sind; frischer, feuchter Duft, hellgrünen Farne, kleine, großen und überdimensionalen Felsen, die unter ihrem grünen, feucht-weichem Moospelz die Fantasie anregen, ihnen irgendeine Figur anzudichten. Anderswo recken sich an den Ufern des kleinen Flusses steile, hochaufragende Klippen in den blauen Himmel, die grün-gelb und rotbraun leuchten. An ihren zerfurchten Fels krallen sich hier und dort Nadelbäume, während die Häupter der basaltenen Gesellen mit dicken Moospolstern bemützt sind. Von diesen Fantasiewäldern mit ihren Giganten, der kleineren Vegetation und den Wasserspielen wie sie der Tourist am Fall Creek- und den Toketee Fällen erlebt, sind wir restlos begeistert. Es ist pure Natur und ohne laute Menschen ein großartiges Naturerlebnis. Erstere, die in zwei Stufen von elf und fünfzehn Metern ihr neues Bett erreichen, zeigen sich nach einer Meile Fußmarsch entlang einer engen Schlucht mit üppiger Vegetation, während sich die Toketee Fälle schon früher präsentieren. Ihr Pfad, der mit zweihundert Stufen durch den uralten Wald und entlang des Flusses, der sich seinen Weg durch den engen Gorge auch mit kaskadenartigen Sprüngen erzwingen muss, unterstützt wird, verlangt jedoch viel Zeit. Das Auge wird hier immer wieder aufs Neue beschäftigt, rät zum Verweilen, und hinter jedem Felsvorsprung, an dem sich der schmale Pfad vorüberdrängt, warten Motive, die zur Kamera greifen lassen. Der Waschbär, der am Ende dieses Trails über den stabilen Holzboden einer Aussichtsplattform huschte, durch den ein gewaltiger Stamm nach oben strebt und einer Bank Anlehnung verschafft, war allerdings zu schnell. Und hier auf der Bank, unter dem Blätterdach der gewaltigen Zeder, lassen sich Wasserfall und Regenwald so richtig genießen. Der Fluss stürmt in zwei Stufen, zwölf und vierundzwanzig Meter, über einen Wall vulkanischen Gesteins, landet schäumend in dem Pool, den er selbst geschaffen hat und trägt ganz dezent mit seiner eigenen Symphonie zu einer zauberhaften, wunderschönen Regenwaldkulisse bei, in der die Natur mit all ihrer Harmonie, Facetten, Farben und Geheimnissen so meisterhaft gezaubert hat. Und wenn märchenhaft und Zauberwald die richtigen Ausdrücke sind, hier treffen sie zu …
Die Schönheit des Crater Lakes, dessen Gewässer in einem nahezu irrealen Blau leuchtet, hat Menschen seit Generationen fasziniert und in ihren Bann gezogen. Sechshundert Meter überragt es der Felsengürtel des Kraters mit seinen dunklen Nadelwäldern, und auf dem Rand des Kraters verläuft eine Autostraße, die von Mitte Juni bis Mitte Oktober befahrbar ist und atemberaubende Aussichten auf das Gewässer und die kleine vulkanische Insel Wizard Island garantiert. Als der ebenfalls im Kaskadengebirge liegende, vor einer halben Million Jahre entstandene Vulkan Mount Mazama vor etwa 7.700 Jahren explodierte und sich auslöschte, war das die schwerste Eruption, die Nordamerika in Hunderten von Jahrtausenden erlebt hat. Zurück blieb ein Krater von neun Kilometern Durchmesser, in dem sich Amerikas tiefster See bildete. 592 Meter sind es bis zum Grund, auf dem heiße Quellen aktiv sind. Spätere Eruptionen türmten nur Wizzard Island hoch genug auf, um heute in dem durch Regen, Quellen und Schnee gespeisten Crater Lake als Insel im westlichen Bereich die Blicke auf sich ziehen zu können. Wanderer mit guter Kondition können über den Cleetwood Trail das Seeufer erreichen, an einer geführten Bootstour teilnehmen und den Gipfel von Wizard Island besteigen. Entdeckt wurde der See 1853 durch Goldsucher und am 22.Mai 1902 zum Nationalpark erklärt, in dem es heute auch 140 Meilen Wanderwege, Lodges und Campingplätze gibt. Die äußeren Hänge der Berge werden inzwischen von Wäldern und Canyons bedeckt, und für acht bis neun Monate überzieht Schnee diese Landschaft. Wildblumen blühen spät und kurz, weil der harte Bimssteinboden ein karger ist, und neben kleinerem Getier sind auf diesem Abschnitt des weiten Plateaus der Cascade Range, die sich von Kanadas Mount Garibaldi bis zum Lassen Peak in Nordkalifornien hinzieht, auch Hirsche, Schwarzbären oder Stachelschweine unterwegs. Um ihnen hier im Park zu begegnen braucht man allerdings sehr viel Glück. Völlig ungeniert zeigen sich dagegen die beiden höchsten Berge im Rim, der Mount Scott (2.721 Meter) und Hillman Peak (2.485 Meter). Auch die Vulkanasche der nördlich gelegenen Pumise Desert, fünfzig Zentimeter tief, ist noch ein Produkt der Eruption, doch die eigentliche Attraktion ist das Blaue Juwel. Und von diesem sind wir nach unserem Frühstück am Diamant Lake und der Zahlung der Zehn-Dollar-Tagesgebühr am Nordeingang des Crater Lake National Parks nur noch wenige Kilometer entfernt.
Der Übergang in das 74.000 Hektar große Schutzgebiet ist ziemlich fließend, denn das, was es begrenzt heißt im Norden Umpqua Forest und Mount Thielsen Wilderness; im Westen Rogue River Forest, während der Osten und Süden vom Winema National Forest umschlungen wird, der am äußersten Südwestzipfel auch die Sky Lakes Wilderness noch zu dulden hat. Auf halbem Wege der etwa 15 Kilometer langen Zufahrt schneidet die Straße auch die Pumise Desert, ein kahles staubiges Gebiet, in der die Asche-Lawine des Kraterausbruches das einstige Tal dreißig Meter unter sich begrub. Wasser ist in der Tiefe zwar vorhanden, aber der nährstoffarme Boden gibt Pflanzen selbst nach über 7.000 Jahren kaum Chancen. Und es wird noch sehr lange dauern, bis die wenigen halbhohen Pinien, die wie vergessen in der kahlen Gegend ausharren, diesen trostlosen Bereich in einen Wald verwandelt haben werden. Kurz später künden die Berge Red Cone und Grouse Hill, die die Zufahrtsstraße flankieren, den Rim Drive mit dem, den Kraterrand überragendem Llao Rock (2.423 Meter) und dem Merriam Point bereits an, der einen ersten Blick auf den azurblauen See gewährt. Für die Rundfahrt auf dem 33 Meilen langen „Rim Drive“, der hier und dort auch eine größere Schleife ziehen muss, um Bergzügen auszuweichen, nehmen wir uns sehr