Meine Geparden sind auf dem Weg. Vahid Monjezi

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Название Meine Geparden sind auf dem Weg
Автор произведения Vahid Monjezi
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783954885893



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dort, wo die Lachse auf der Suche nach einem neuen Weg in heißem Öl gebraten werden,

       da gibt es einen kleinen Jungen, der mit einer Muschelschale Flügelameisen aus dem Wasser rettet.

       Auf den Fucklandinseln,

       dort, wo die Angst und die Liebe sich vermischen,

       dort, wo das Meer mit seiner vorzeitigen Flut die Sonne ertränkt.

       Ach! Auf den Fucklandinseln,

       da gibt es noch die Wesen, die Kindheit heißen.

      Mariwan: „Wow! Was für ein Wind.“

      Yalda „Geh‘ höher Mariwan … geh’ höher!“

      Ich sah unter meine Füße. Sah Adel, Yalda und Soheil wie Zwerge, deren Köpfe auf ihren Schultern kleben, sie schauten zu mir nach oben.

      Wir waren alle 10 Jahre alt.

      Yalda winkte mir zu. Sie wollte mich zu meinem Weg ermutigen. Ich setzte meinen Fuß zwischen einem Ast und zog mich mühsam zum nächsten Ast nach oben. Ich krabbelte nach vorne.

      Die Äste über meinem Kopf waren voller Edelpflaumen. Mir lief das Wasser im Mund zusammen.

      Ich zog den Ast zu mir herüber und schüttelte ihn.

      Die reifen Edelpflaumen fielen wie große Regentropfen zu Boden und meine kleinen Freunde sammelten sie aus dem Gras in eine große Plastiktüte auf.

      Ich schüttelte ein paar Äste. Nur die harten unreifen Edelpflaumen blieben an den Ästen hängen, genau die, die Yalda wegen ihres sauren Geschmacks mehr als die anderen liebte.

      Ich pflückte eine Handvoll, steckte sie vorn in mein T-Shirt und stieg vom Baum hinab.

      Als mich Soheil sah, lachte er und sagte: „Schau mal an, hier gibt es so viele und du hast dein T-Shirt noch vollgestopft.

      Yalda zog schelmisch ihre Augenbrauen nach oben und fragte mich:

      Yalda: „Hattest du Angst, dass wir alles aufessen und nichts für dich übrigbleibt?“

      Aus meinem T-Shirt nahm ich eine Pflaume und gab sie Yalda in ihre Hand.

      Mit einem verschmitzten Lächeln nahm sie die Pflaume und biss hinein.

      Yalda: „Uuff, wie sauer … gerade die, die ich so liebe.“

      Adel: „Öäh … Iss die nicht so. Die schmecken bestimmt nach dem Schweiß von Mariwan.

      Yalda verzog ihr Gesicht und warf die angebissene Pflaume zu Adel.

      Yalda: „ÄÄhh … Bist du dumm! Jetzt ekel ich mich.“

      Während Adel vor Yalda flüchtete, lachte er und sagte:

      Adel: „Ist das nicht so?! … Aber der Vorteil ist, du brauchst kein Salz mehr.

      Yalda schoss wieder eine Pflaume in seine Richtung: „Komm her, wenn du ein Mann bist!“

      Wir liefen am Gartenrand entlang, wo uns die Gräser bis zur Schulter reichten.

      Die Luft war voll vom Duft der Wiesengräser und der wilden Himbeeren.

      Der Sommer hatte erst begonnen und im goldenen Bach rauschte noch das Wasser.

      Ein paar Schritte weiter schimpften die Spatzen aufgeregt und laut durcheinander.

      Yalda warf die Pflaumentüte zu Boden und rannte dorthin, wo der Lärm herkam.

      Wir standen da und schauten erstaunt auf Yalda, die zwischen den Gräsern hüpfte.

      Yalda redete mit jemandem: „Husch, husch … verschwinde hier! … Ich sagte: ‚Verschwinde!‘“

      Yalda nahm einen kleinen Stock und warf ihn in die Gräser.

      Dann hörten wir ein Fauchen.

      Wir rannten zu Yalda, die über den Boden gebeugt nach etwas im Gras suchte.

      Soheil: „Was machst du hier?“

      Yalda drehte sich zu uns und hob langsam ihre geschlossenen Hände hoch. Sie öffnete sie einen kleinen Spalt.

      Yalda: „Schaut mal, ist das nicht süß?“

      Ein Spatzenküken saß in ihren Händen. Seine Federn waren noch sehr kurz. Um den Schnabel hatte es einen gelben Rand. Es gab ein zitterndes, ängstliches Ziepen von sich.

      Yalda: „Diese fette Katze wollte ihn mit einem Biss fressen.“

      Oben auf dem Baum saßen mehrere Spatzen und zwitscherten aufgeregt. Sie hüpften von einem Ast zum anderen.

      Adel: „Das ist bestimmt seine Verwandtschaft. … Guck mal, oh, der Arme, wie sein Herz schlägt!“

      Soheil: „Drück’ ihn nicht so fest, Yalda! Lass’ ihn ein bisschen atmen!“

      Mariwan: „Was machst du jetzt mit ihm?“

      Yalda öffnete ihre Hände, schaute auf das Küken und sagte zu mir mit bittender Stimme:

      Yalda: „Mariwan! Kannst du den in sein Nest bringen?“

      Soheil: „Setz ihn hier unter den Baum, seine Eltern holen ihn bestimmt ab.“

      Yalda: „Vielleicht nehmen sie ihn nicht mit und dann …? Ich habe Angst, dass die fette Katze zurückkommt.“

      Adel: „So wie du die erschreckt hast, denke ich, kommt sie vor einer Woche nicht zurück.“

      Yalda: „Trotzdem, ich lasse ihn hier nicht allein. … Vielleicht kommt ein anderes Tier und fängt ihn.

      Er kann doch nicht fliegen und hat auch keine Hörner. Keine Krallen oder scharfe Zähne, womit er sich verteidigen kann. … Wisst ihr, dieser Garten ist voller schrecklicher Tiere.“

      Ich streckte ihr meine Hände entgegen und sagte: „Her damit!“

      Sie schaute mich an, legte ihre Hände in meine und öffnete sie.

      Der kleine Vogel rutschte auf meine Finger. Er zitterte immer noch. Ich ging zum Baum, steckte mein T-Shirt in die Hose und ließ den kleinen Vogel von oben in mein T-Shirt fallen.

      Sein Körper war warm, er bewegte sich ein bisschen auf meinen Hüften und letztendlich fand er ein gemütliches Plätzchen auf meinem Rücken.

      „Hey Mariwan, geh‘ nicht! … Kalmamad kommt gerade!“

      Das war die Stimme von Adel, die wie eine Sirene klang. Er zeigte irgendwo an das Ende vom Garten und sagte: „Verdammt, der hat auch seinen Hund dabei.“

      Ich umarmte den Baum und zog mich hoch: „Geht weg!! … Ich komme gleich.“

      Adel: „Ich beschwöre dich, beim Leben deiner Mutti. Geh nicht hoch!“

      In der ganzen Hektik hatten wir trotzdem was zu lachen, denn jedes Mal, wenn Adel aufgeregt war, sprach er in seinem südlichen Dialekt.

      Letztes Jahr kam er mit seiner Familie aus Ahwaz(5) nach Mashhad in unser Viertel.

      Man sagte, es seien Kriegsflüchtlinge.