Название | Museumsschiff |
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Автор произведения | Matthias Falke |
Жанр | Научная фантастика |
Серия | |
Издательство | Научная фантастика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783943795929 |
»Es wird schief gehen!«, sagte sie irgendwann. Und dann, mit Vorwurf in der Stimme, als könnte ich etwas dafür: »Dein WO hat sich durchgesetzt.«
Ich musste im Stillen lächeln. Seit ich die märtyrerhafte Entschlossenheit in Reynolds hagerem Blick gesehen hatte, bestand für mich kein Zweifel daran, dass das Projekt früher oder später auf seine Richtung einschwenken und seinen Vorgaben folgen würde. Wiszewsky war das alles herzlich egal, Rogers präferierte jede Lösung, die die materiellen Ressourcen der MARQUIS DE LAPLACE schonte, und Frankel war nicht der Mann, sich gegen die geniale Sturheit eines Mitgliedes der Fliegenden Crew und der ersten ENTHYMESIS-Besatzung durchzusetzen.
»Was heißt das?«, fragte ich.
»Die Lambda-Hardware wird unverändert übernommen«, sprudelte es aus ihr hervor. »Reynolds ist der Meinung, dass er die Sonde allein über eine neue Programmierung warptauglich machen kann. Als ob man einen Generator per Befehl auf eine höhere Leistung definieren könnte.« Sie hatte noch immer die Augen geschlossen. Jetzt presste sie die Finger in die Augenhöhlen und massierte sich dann die Schläfen. Seit langem hatte ich sie nicht mehr so abgespannt gesehen.
»Wann gibt es einen neuen Test?«, erkundigte ich mich.
»Derzeit belegt Reynolds sämtliche Rechnerkapazitäten«, gab sie zurück. »Er hat ein Modul für die Selbstprogrammierung der Sonde entworfen, die sich jetzt selbst überlegen soll, wie sie die utopischen Vorgaben einhalten kann.« Sie sah mich in bitterem Sarkasmus an. »Nichts ist länger als eine unbekannte Abkürzung! Der sparsamere Weg wird am Ende der aufwendigere sein.«
Ich atmete tief durch.
»Reynolds wird schon wissen, was er tut«, sagte ich.
Jennifer richtete sich ruckartig auf und funkelte mich an.
»Frank«, sagte sie flehentlich. »Du musst deinen Einfluss geltend machen. Du hast den besten Draht zu Rogers, und wenn Wiszewsky auf irgendjemanden hört, dann auf dich ...«
Ich schüttelte den Kopf und hob abwehrend die Hände.
»Lass mich da raus«, entgegnete ich rasch. »Ich werde einen Teufel tun!«
Sie zerquetschte ihren Elastilbecher zwischen den Händen und schleuderte ihn zur Klappe des Verwertungsschachtes. Das automatische Kraftfeld erfasste ihn und saugte ihn ein.
»Das Beste wäre es«, fuhr sie in konspirativem Tonfall fort, »wir würden zuvor noch einige Tests mit der ENTHYMESIS durchführen, ein paar Sprünge im Lichtjahr-Bereich. Wir sollten das Schiff unter der Hand startklar machen.«
Ich tippte mir sachte an die Stirne. »Keine Verschwörung bitte.«
»Aber so ist es Wahnsinn«, rief sie aufgebracht. »Die Hardware ist unzulänglich, und die Neuprogrammierung der Sondenautomatik geschieht auf einer viel zu dürftigen Datengrundlage. Wenn wir mehr Erfahrung hätten! Aber so vertun wir unendlich viel Zeit!«
Ich hatte meinen Becher ebenfalls geleert und folgte ihrem Beispiel, indem ich ihn zum Entsorgungsschacht hinüberschlenzte, verfehlte die Klappe aber, sodass das Gefäß klappernd an die Wand prallte und zu Boden fiel. Mit resigniertem Schulterzucken stand ich auf und stopfte es von Hand in die Recyclinganlage.
»Wir haben alle Zeit der Welt ...«
»Ich kann nicht glauben, was du da redest«, sagte sie traurig. »Nur weil wir uns hier draußen in trügerischer Sicherheit wiegen?« Ihre Stimme nahm einen alarmistischen Ton an. »Wir wissen nicht, was auf der Erde geschieht. Vielleicht führen die Sineser in dieser Stunde eine Invasion durch. Und wir vertun hier Monate um Monate!«
Ich setzte mich neben sie auf die gravimetrische Liege, nahm ihre Hände und sah sie offen an. »Liebling, an diesem Punkt waren wir schon hundertmal. Gesetzt, es gelänge uns, wieder einen Kontakt herzustellen und wir erführen, dass eine neuerliche Aggression bevorsteht – was würdest du denn tun wollen? Wir haben nichts in der Hand, was wir der sinesischen Waffentechnologie derzeit entgegensetzen könnten.«
Sie schlug die Augen nieder, um meinem Blick auszuweichen, und schüttelte trotzig den Kopf, dass ihr Pferdeschwanz ihre Schulterstücke wischte.
»Wir sind im Exil«, sagte ich laut, »in der Verbannung, damit müssen wir uns abfinden!«
Ich wollte sie an mich heranziehen, aber sie schlug meine Hände weg und stieß mich von sich. Das erinnerte mich beiläufig daran, wie viel Kraft und Energie in ihrem drahtigen Körper steckte.
»Vermutlich«, schloss ich, »ist es am Besten, wenn wir gar nicht erfahren, was sich derzeit dort unten abspielt.«
»Mit dieser Haltung kannst du dich gleich zum Sterben hinlegen«, brummte sie leise.
Diese Diskussion führten wir alle paar Tage, über Wochen und Monate hinweg. Manchmal überkam mich eine Art Ekel. Vielleicht war ich zu oft mit Laertes zusammen, sodass seine philosophische Haltung auf mich abfärbte. Aber auch wenn ich das Jennifer gegenüber nicht hätte zugeben dürfen, gab ich doch WO Reynolds recht. Wir mussten mit unseren Ressourcen sparsam umgehen. Es war richtig, eine intelligente Lösung anzustreben, statt sich darauf zu verlassen, dass die Hardware in unbeschränktem Maße zur Verfügung stand. Immerhin war die MARQUIS DE LAPLACE seinerzeit von einer langen Mission zurückgekehrt. Ihre Tanks und Materiallager waren schon angegriffen, als sie in den Neptun-Orbit einbog, um auf Versorgungsflüge und einen neuen Marschbefehl zu warten. Der Einschlag des Meteoriten, der von einer sinesischen Warpraum-Sonde ausgelöst worden war, hatte alle Kapazitäten in Anspruch genommen. Die Reparaturen und die anschließende Aufrüstung der ENTHYMESIS-Flotte hatten weitere Ressourcen gekostet. Und dann hatten wir tausend Personen zusätzlich an Bord genommen und uns in einem nie dagewesenen Warp-Transfer aus dem Sonnensystem und aus der Milchstraße verabschiedet, ohne vorher neues Gerät und neue Rohstoffe bunkern zu können. Jetzt trieben wir im intergalaktischen Raum, dessen Vakuum so rein war, dass wir nicht einmal Wasserstoff aus der Leere filtern konnten, um unsere Plasmatanks aufzufüllen. Und jeder fehlgeschlagene Versuch kostete wieder Tonnen an Treibstoff und unersetzliche Mengen an schweren Elementen. Das Schiff war auf Kreislaufwirtschaft ausgelegt. Es konnte Jahre autark im Kosmos operieren, solange es einen Routinebetrieb durchführte. Aber jede Lambda-Sonde, die wir in den Warpraum feuerten und die nicht wiederkehrte, zehrte an unseren Vorräten an Transuranen, die für die Kerne der Warpspulen benötigt wurden, an Quantenspeichern und an Titanstahl. Es war eine naheliegende und unangenehme Vorstellung, den Zwölf-Kilometer-Corpus des Mutterschiffes selbst demontieren und für die Entwicklung und Herstellung neuer Flugkörper heranziehen zu müssen.
Einige Tage später war es soweit. Reynolds hatte die Reprogrammierung der Sonde abgeschlossen. Er und Frankel luden zur Vorführung ins Kleine Drohnendeck. Um die Bedeutung des Ereignisses zu unterstreichen, hatte sich die gesamte Führung der MARQUIS DE LAPLACE angekündigt. Commodore Wiszewsky betrat das Deck durch die Schleusenkammer. Ich sah förmlich die Krone auf seinem Haupt und den Hermelinmantel um seine Schultern, als er, die notorische Svetlana an seiner Seite, wie ein Bourbone mit seiner Mätresse die Halle durchmaß und auf der kleinen Tribüne Platz nahm, die man neben dem Versuchsstand errichtet hatte. Dr. Rogers kam mit knallenden Schritten herangestiefelt, die keinen Zweifel daran ließen, dass es ein General a.D. und Veteran mehrerer welthistorischer Schlachten war, der uns seine Anwesenheit schenkte. Auch Laertes erschien. Er blinzelte mir listig zu und suchte sich dann einen Platz im Hintergrund, von dem aus er dem Spektakel unbehelligt beiwohnen konnte. Sergeant Taylor begrüßte mich mit einem markanten Handschlag. Er strahlte über das ganze Gesicht, das durch das dichte schwarze Haar und den kurzen Schnauzer mexikanisch wirkte. Der Stolz, an einem so entscheidenden Projekt mitzuarbeiten, brach ihm aus allen Poren.
Reynolds wirkte weniger nervös als während der Diskussionen, die sich in der Entwicklungszeit ergeben hatten. Wie ich es von ihn gewohnt war, wurde er, wenn es darauf ankam, ganz ruhig. Er bewegte sich in Zeitlupe, sprach gedehnt, und sein Blick war von der Gewissheit, einen Triumph zu erleben, verschleiert. Frankel wuselte im weißen Laborkittel um die Aufbauten herum.