Ponton-Kids. Siegrid Graunke Gruel

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Название Ponton-Kids
Автор произведения Siegrid Graunke Gruel
Жанр Морские приключения
Серия
Издательство Морские приключения
Год выпуска 0
isbn 9783957448286



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mit oder lass sie da übernachten. Wir haben alle Urlaub, auch deine Tochter.“

      Für einen Moment bleibt der Vater im Eingang stehen und schnappt nach Luft. Er ist zu schnell gelaufen und deshalb ziemlich aus der Puste. „Recht hast du, Friedchen“, meint er dann, als er sie so ruhig dasitzen sieht. Wie hübsch sie doch dabei ausschaut, fällt ihm jetzt auf. Deshalb geht er in den Wohnwagen und kommt gleich mit zwei Gläsern und einer Flasche Rotwein zurück. „Wenn wir Urlaub haben, sollen es die Kinder nicht schlechter haben, was?“ Er setzt sich an den kleinen Tisch und öffnet die Weinflasche. „Na, mein Friedchen, wie wär’s denn mit einem Gläschen?“

      „O, ach, das ist jetzt aber lieb von dir. Sehr gerne, mein Heini.“

      *

      „Ach nee! Sie hat das Ponton gesehen! Was du nich sagst!“ Der Junge mit den struppigen roten Haaren wirft Julia einen bösen Blick zu, während er das sagt. Jetzt schweigen die Jungs.

      „Der Ponton heißt das.“ Julia wendet sich ab. „Ich geh doch besser mal“, sagt sie. „War nett, dich kennengelernt zu haben, Jonas.“

      „Nee, bleib hier!“, ruft Jonas schnell. „Bleib doch! Kalle ist bloß misstrauisch.“ Und zu Kalle gewandt, sagt er noch: „Was hast du nur für’n Problem mit ihr?“

      „Ich weiß nich, was die will. Und du auch nich“, gibt Kalle von sich.

      „Woher kennst du die überhaupt?“

      „Ich hab sie eben erst gefunden!“, sagt Jonas hastig. „Sie weiß, wo der Ponton ist! Willst du sie deshalb wieder loswerden?“

      „Tschüss, ihr beiden“, ruft Julia dazwischen, denn sie fühlt sich nicht mehr wohl in der Nähe der Jungs. Ist sie denn vielleicht eine Sache, über die verhandelt werden kann? New York ist eben doch noch ganz weit entfernt. Sie will lieber schnell wieder zum Campingplatz.

      „Tschau, Shuli! Ich bin morgen wieder hier, um die gleiche Zeit!“, hört sie Jonas rufen, als sie bereits zur Uferböschung schleicht.

      Hat er tatsächlich Shuli gesagt? Wie süß ist das denn? Sie dreht sich einmal um und winkt ihm zu, aber da hat sich Jonas auch schon weggedreht.

      Leise weht ein lauer Abendwind durch die Bäume, als Julia in Corinnas kleines Zelt kriecht. Corinna ist nicht da. Aber im Wohnwagen der Eltern, gleich nebenan, brennt noch Licht.

      Julia legt sich in den Schlafsack neben Corinnas Schlafplatz und macht die Taschenlampe an. Die dient als geheimes Zeichen der beiden Mädchen, wenn eine von ihnen im Zelt ist. „Wenn ich mal einen Typen mitnehme, weißt du, dass es gerade schlecht ist, herzukommen. Und wenn du vorher hier bist, verabschiede ich mich draußen von ihm“, hat Corinna ihr freundschaftlich angeboten, denn sie bringt öfter mal jemanden mit, will aber ihr Zelt mit der Freundin teilen. Die beiden Mädchen sehen sich in den Ferien auf dem Campingplatz immer wieder.

      Wo bist du bloß wieder, Corinna?, denkt Julia und legt die Taschenlampe hinter den siebten Hering. Sie fühlt sich trotzdem nicht allein, denn sie ist ein bisschen verliebt. Verliebt in Jonas!

      Über Kopfhörer hört sie dann Musik von ihrem Lieblingssender. Immerzu muss sie dabei an Jonas denken und ein bisschen auch an diesen Kalle. So heißt der doch, oder? Warum mag der sie nicht? Schlussendlich ist ihr das egal, denn sie fand ihn ebenfalls nicht gerade besonders sympathisch.

      Was nur ist ein Ponton? Warum darf niemand davon wissen?

      „Schläfst du schon?“, hört Julia die aufgeregte Stimme der Freundin, als diese später ins Zelt kriecht. Aber Julia schließt die Augen und tut so, als würde sie schlafen. Wenn etwas geheim ist, muss man es besser für sich behalten, sagt eine Stimme in ihrem Herzen.

      Als die beiden Mädchen endlich eingeschlafen sind, frischt der Wind über dem Campingplatz auf. Nur die Taschenlampe am siebten Hering leuchtet verschwiegen mit dem Mond um die Wette, der hin und wieder hinter den Wolken verschwindet.

      *

      Am nächsten Abend ist Julia wieder am selben Platz und setzt sich auf den alten Baumstumpf. Sie ist sehr aufgeregt, den ganzen Tag schon, und sie hat Corinna noch nichts erzählt. Sie wird es später tun, irgendwann, denn sie fühlt immer noch diesen geheimen Ruf in sich, der sie wie eine Warnung davon abhält, jemandem von der Begegnung mit den beiden Jungs zu erzählen.

      Über eine Stunde wartet sie, hoffnungsvoll, dass Jonas auftauchen wird. Aber er lässt sich nicht sehen. Die kleinen Boote schaukeln im Abendwind, der immer heftiger weht, bis ein Gewitter aufzieht.

      „Dann eben nicht!“, sagt Julia laut und will zurück zum Campingplatz. Aber sie ist eher enttäuscht als böse auf Jonas. Vielleicht ist ihm irgendetwas Unvorhersehbares dazwischengekommen? Sie werden morgen bestimmt wieder hier sein. Bei Jungs kommt das häufiger vor. Das weiß sie bereits.

      „Wo warst du?“, empfängt sie Corinna, die ihr auf dem Platz entgegenkommt.

      „Wieso? Nirgends“, gibt sie zur Antwort.

      „Mensch, Shuli, heut Abend geht in der Bootsluke noch was ab! Es spielt die Superrockband vom letzten Sommer, Die Windows oder so. Komm mit, wir müssen uns beeilen, sonst sind die besten Plätze wieder besetzt. Hast du alles dabei?“

      Also muss Julia den ganzen Abend in dieser Heimatdisco verbringen und dabei immerzu an Jonas denken.

      Aber auch am nächsten Abend kommt er nicht zurück an die Uferstelle. Und am übernächsten auch nicht. Jungs!, denkt Julia ein wenig verbittert. Eine große Klappe haben sie, aber nichts meinen sie wirklich ernst.

      *

      Der Sommer vergeht und Julia ist wirklich froh darüber. Corinna hat sie bloß andauernd genervt, was denn mit ihr los sei und warum sie immer schlecht gelaunt sei, obwohl doch die Band jetzt jedes Wochenende in der Bootsluke spiele und man tanzen und so viel Fun haben könne.

      Das neue Schuljahr beginnt und Julia konzentriert sich aufs Lernen wie nie zuvor. Deshalb bekommt sie gute Noten, mit der Aussicht, mit noch etwas mehr Mühe das Abitur schaffen zu können. Das hat sie von sich selbst nicht wirklich erwartet, aber ihre Eltern sind froh darüber und die Lehrer auch.

      Doch eines Tages, im Spätherbst, geschieht etwas Ungewöhnliches im Lernalltag. Julias Vater kommt schon am frühen Nachmittag, also früher als sonst, nach Hause. Julia war bis dahin allein in der Wohnung, denn ihre Mutter arbeitet im Schichtdienst als Krankenschwester.

      „Hallo, Schatz“, begrüßt der Vater sie bereits im Hausflur. „Julia, ich muss gleich wieder los, zum Campingplatz. Da ist ein Baum auf unseren Wohnwagen gekracht, von dem Sturm gestern Nacht. Wenn du willst, kannst du mit rausfahren, aber es muss schnell gehen. Ich will sofort los!“

      „Klar, komm ich mit!“, sagt Julia. Schnell die Hefte zusammengeklappt, Tasche geschnappt und los! Als sie über die Autobahn fahren, fällt der erste Schnee.

      Den ganzen Nachmittag ist ihr Vater damit beschäftigt, dafür zu sorgen, dass ein Fuhrunternehmen den schweren großen Baum vom Dach des Wohnwagens hievt. Als ihr vom Zusehen langweilig wird, geht sie ein Stück den Weg an der Uferböschung entlang. Es ist ziemlich kalt geworden und macht nicht besonders viel Spaß. Doch als sie sich gerade dazu entschließt, wieder umzukehren, erblickt sie durch die Zweige in der Ferne ein – Lagerfeuer?

      Neugierig bahnt sie sich ein Schlupfloch durch die trockenen Sträucher, gelangt zum Strand und von da aus muss sie am Ufer entlanggehen. Es ist doch wesentlich weiter, als es von oben ausgesehen hat. Die kleinen Wellen überspülen die vielen großen und kleinen Steine, über die sie balancieren muss, und die Steine sind glatt. Aber Julia gibt nicht auf und merkt gar nicht, dass es inzwischen dämmerig geworden ist.

      Als sie den Feuerschein, der den Strand erhellt, beinahe erreicht hat, befindet sie sich nahe einer Art Wiesenböschung, da, wo das Flachland wieder in eine steilere Küste übergeht. Sie sieht das kleine Lagerfeuer brennen, hört Stimmen und erblickt … Jonas!

      „Es ist absolut verkehrt, Kalle“, hört Julia Jonas sagen, während der mit einem Stock am Feuer herumhantiert. „Ich glaube