Panik. Reinhold Eichacker

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Название Panik
Автор произведения Reinhold Eichacker
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783945574591



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so überrascht, dass er nur ein zweifelndes »Dr. Nagel?« stammelt konnte.

      Der Fremde sah sich staunend im Zimmer um. »Donnerwetter - das ist originell! Sehen Sie, Herr Professor, genau so hatte ich Sie mir vorgestellt. Auch, dass Sie mich gleich vor die Tür setzen wollten, passte ganz ins Programm. Es tut mir aufrichtig leid, dass ich Ihr Idyll so jäh stören muss, aber sonst werden wir beide todsicher verrückt durch den dämlichen Punkt.«

      Der Alte gewann seine Fassung zurück. «Gestatten, Prof. Earthcliffe«, sagte er barsch und wies leicht auf den Stuhl. »Bitte, nehmen Sie Platz!«

      »Kann man das denn auf diesem Dings ohne Lebensgefahr?« lachte Nagel zurück.

      »Ja, wie bequem!« Die Mundwinkel des Professors zogen sich angespannt herab, als unterdrücke er krampfhaft ein freundliches Wort.

      »Also Sie sind der Herr, der uns durch seine Fixsternentdeckung blamiert hat?«

      In die Züge des Jungen trat leichtes Erstaunen. »Blamiert? Wieso? Einer musste doch die Sache entdecken. Bei mir war es Zufall, mein ständiger Dusel. Die Berechnungen, das einzig Wertvolle an der ganzen Geschichte, die haben doch Sie dann gemacht.«

      »Und der wissenschaftliche Ruf der Michigansternwarte? Wenn ein Amateur den besten Instrumenten überlegen ist?«

      »Daran hatte ich gar nicht gedacht. Also, auf ein Wort, Herr Professor, der Gedanke ist mir ganz neu. Von Ihrem Standpunkt als Gelehrter - ja, das tut mir aufrichtig leid. Ich fühle mich gegen Ihr Wissen so namenlos klein...«

      Earthcliffe wehrte einlenkend ab. »Erfolg ist Erfolg.«

      »Sage ich auch, doch für mich ist das alles nur Sport, Spiel, Liebhaberei.«

      »Ja, Potz Wurzel aus vierzehn! Das ist es ja eben! Ein Spiel mit dem Kosmos! Bin ich denn Jongleur?!« Dr. Nagel ging herzlich zu Earthcliffe hinüber.

      »Verzeihen Sie bitte, verehrtester Meister. In diesem Leben will ich gewiss keinen Fixstern mehr finden.« Ein gesundes Lachen begleitete seine Worte.

      »Also Pakt, ich verspreche es. Dafür jetzt meine Bitte.«

      Das Gesicht des Gelehrten brannte jetzt vor Spannung und Neugier.

      »Sehen Sie, Herr Professor, wir beide sind wieder einmal Konkurrenten geworden. Sie aus wissenschaftlichem Ehrgeiz, Pflicht, Beruf oder dergleichen. Ich aus Sport, Leidenschaft, Sensationsbedürfnis, wie Sie es wollen. Der verdammte schwarze Punkt vor der Sonne lässt uns beide nicht ruhen.«

      Earthcliffe stieß schweigend den Flügel des Fensters zurück und wies auf die geschlossene Kuppel des Sternwartengebäudes, die im Sonnenlicht blitzte.

      Dr. Nagel sah offen in des anderen Blick. »Stimmt, das hatte ich auch schon gesehen. Die Fernrohre ruhen, und drüben im Gebäude schläft man vielleicht. Doch ein Earthcliffe schläft nicht, ebensowenig wie ich. Wenn es noch länger so bleibt, sind wir beide bald reif...« Er machte eine bezeichnende Geste und ging durch das Zimmer.

      Der Blick des Professors verfolgte ihn scharf, doch nicht ohne Wohlwollen. »Angenommen, es wäre so«, nickte er ruhig, »was veranlasst Sie dann...«

      »... jetzt zu Ihnen zu kommen, wollten Sie sagen. Nur die Erkenntnis, dass wir beide uns gegenseitig leicht helfen könnten. Ich denke dabei an den Sport. Sieger bleibt meist nicht der Stärkste. Sieger wird, wer das Glück mit dem Können vereint. Ich bin in der Astronomie Amateur, Stümper, Dilettant. Meine Instrumente reichen nicht annähernd aus. Sie sind zur Zeit der fähigste Kopf, den die Erde besitzt, neben Werndt, diesem begnadeten Physiker. Sie haben die besten Instrumente zur Hand. Beides fehlt mir zum Sieg, nur das Dritte ist mein.«

      Earthcliffe lächelte kühl. »Und das wäre, mein Herr?«

      »Das Glück, Herr Professor! Der unverdiente Dusel, ohne den man kein Rennen gewinnt. Und den habe ich schon von Kindesbeinen an! Ihnen fehlt er bestimmt. Was Sie sich durch mühsames Forschen verdienen, was Sie durch Ihr phänomenales Wissen dem Kosmos stückweise abringen, das fällt mir, dem Glückskind, kampflos in den Schoß. Jeder allein kommt bei dem schwarzen Phantom, das uns narrt, nicht zum Ziel. Ihnen fehlt der Dusel, mir fehlt das Wissen.« Mit einem Ruck stellte er sich vor den kleinen Direktor.

      »Ich kam hierher, Ihnen einen Vorschlag zu machen. Stellen Sie mir eine Zeitlang Ihre Instrumente zur Verfügung. Lassen Sie mich einige Wochen als Hilfskraft hier wirken. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn wir beide zusammen den höllischen Punkt nicht zur Strecke brächten.«

      Earthcliffe zog seine Hand leicht zurück und strich sich damit durch das glatte Gesicht.

      »Sehr interessant!« meinte er mit erkennbarem Spott. »Wie Sie selbst sagen, sind mein Wissen und meine Instrumente anerkannte und unbezweifelte Größen. Faktoren, mit denen man rechnen kann. Was Ihren soeben behaupteten Dusel betrifft, so...«

      »... steht er ebenso fest. Dass ich kürzlich den neuen Fixstern entdeckte, ist Ihnen bekannt. War das etwa kein Dusel? So geht es mit allem. Das werden Sie ebenso sicher erkennen, wenn ich erst bei Ihnen hier einige Zeit...«

      Der Blick des Gelehrten war kühl und ironisch.

      »Ich bedauere lebhaft, dass ich voraussichtlich keine Gelegenheit haben werde, Ihren kostbaren Dusel...«

      Er unterbrach sich und horchte. Im gleichen Augenblick klopfte es kurz an der Tür. Stürmisch und erregt trat Mabel ins Zimmer und begrüßte den Vater. »Verzeih, Papa, du hast ja Besuch, da störe ich wohl nicht. Denke dir, was meinem Hund Presto geschehen ist!«

      Erst jetzt wandte sie sich dem Gast zu. Eine helle Röte der Überraschung flog über das süße Gesicht bis tief in die Schläfen. »Aber - ja - nein, das ist doch! Da sind Sie ja selbst!« Ihre Augen leuchteten. Sie reichte dem Doktor die Hand.

      Der junge Mann drückte ihr herzlich die Hand und lachte.

      »Also muss es wohl sein.«

      Der kleine Direktor sah stumm auf die beiden und zupfte nervös an seiner Haarsträhne. »Du kennst Dr. Nagel?«

      Sie schlug überrascht ihre Hände zusammen. »Sie sind Dr. Nagel? Doch nicht Valparaiso? Ja, das ist doch zu toll, Pa!« Sie legte den Arm um die Schulter des Vaters.

      »So denke dir den Zufall! Ich gehe vorhin mit Miss Mail und Prestol die Lafayettestraße hinunter. Neben dem Denkmal Mac Leans stand wartend ein Auto, ganz weiß. Ein solches Modell, habe ich hier vorher noch nie gesehen. Plötzlich bemerke ich Presto mitten auf der Straße, der einen Ölfleck beschnuppert. Im gleichen Moment rast um die Ecke ein anderes Auto, sieht den Hund, hupt, versucht zu bremsen, zu spät. Der Hund ist verwirrt, macht einen Satz, fast ins Auto hinein. Da steht dieser Herr wie ein Blitz vor dem Tier, reißt es hoch, springt zurück, wird vom Schutzblech gestreift - die Gefahr ist vorbei. Ich atmete auf. Presto hatte nur eine leichte Verletzung am Bein, sein Retter einen Riss im Jacket. Der Herr war so freundlich, uns in seinem Wagen zum Tierarzt zu fahren. Dann war er verschwunden, bevor ich mich bedanken...«

      »Ich musste ja Ihren Herrn Vater besuchen.«

      »Und jetzt ist er hier und heißt Dr. Nagel! Ist das denn nicht köstlich?« Sie lachte herzlich und dankbar.

      »Das ist doch ein närrischer Zufall!«

      »Nur Dusel!« verbesserte Nagel. »Mein ewiger Dusel. Und doch will Ihr Vater mir das nicht glauben.«

      Auf dem schmalen Gesicht des Gelehrten lag freundliche Duldung. »Es scheint fast, Sie haben ihn wirklich, Verehrter. Allein, mit dem Dusel fängt man wohl die Sonne, doch kaum schwarze Punkte. Jeder sollte doch bei seinen Leisten bleiben. Nur der Dusel macht‘s auch nicht. Im übrigen, lieber Herr Doktor, hat wohl meine Tochter den lebhaften Wunsch, dem Retter ihres Lieblings ein wenig zu danken. Wir würden uns freuen, Sie heute Mittag als Gast zu begrüßen. Kommen Sie mit! Es wird Zeit, an den Magen zu denken. Sie brachen hier ein wie ein Sturmwind. Ich fühle, potz x, wirklich etwas wie Hunger. Zum ersten Mal wieder - seit endlosen Wochen!«

      4

      Professor