Das große Sutherland-Kompendium. William Garner Sutherland

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Название Das große Sutherland-Kompendium
Автор произведения William Garner Sutherland
Жанр Медицина
Серия
Издательство Медицина
Год выпуска 0
isbn 9783941523333



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sein. Mit anderen Worten: Der Winkel zwischen Squama und Partes condylares kann spitzer oder stumpfer sein als gewöhnlich.

      Die verschiedenen Zustände, die sich durch die Beziehungen zwischen den vier Teilen des Os occipitale ergeben können, genügen, um die unterschiedlichen Formen des Foramen magnum zu erklären.

      Wenn diese Asymmetrien während des Wachstums im Säuglings- und Kindesalter weiterbestehen, lassen sie das Prinzip ‚So wie der Zweig gebogen wird, krümmt sich der Baum‘ Wirklichkeit werden.

      Deshalb ist es äußerst wichtig, ein Neugeborenes genau und sorgfältig zu untersuchen. Zu jenem Zeitpunkt ist es einfach, die bereits handelnden Kräfte des Primären Atemmechanismus zu unterstützen, damit sich zwischen den einzelnen Schädelknochen, besonders zwischen den vier Anteilen des Os occipitale, normale Positionen und Beziehungen einstellen können.

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      Beachten Sie, dass die Gelenkkondylen teils auf den Partes condylares, teils auf der Pars basilaris des Os occipitale sitzen.

      Vielerlei Behandlungsmethoden kann man benutzen, um Probleme zu beseitigen, die von solchen Asymmetrien des Säuglingsschädels, wie sie Dr. Lippincott beschreibt, hervorgerufen werden. Sie alle aber hängen vom richtigen Verständnis des Mechanismus und besonders der Reziproken Spannungsmembran ab, da diese die Knochen bewegt.

      Ich habe schon auf die Ähnlichkeit des Tentoriums cerebelli mit der Falx cerebri aufmerksam gemacht und erklärt, dass es diese drei Sicheln gibt, die sich um ein Fulkrum herum bewegen. Das können Sie sich nun zunutze machen, um die Kompression auf die kondylären Anteile zu verringern, bevor die ‚Führungen‘ gebildet werden. Die Reziproke Spannungsmembran wird ebenso genutzt als eine der Kräfte, welche die Kompression im erwachsenen Schädel reduzieren.

      Ich möchte, dass Sie Folgendes verstehen: Wenn man auf das Os frontale einer Seite eine kleine Spannung in eine bestimmte Richtung – sagen wir rechts – induziert, kommt es hinten bei der Squama occipitalis zu einer Bewegung, die sie nach links herumschwenken lässt, sodass das anteriore Ende des kondylären Anteils sich nach außen bewegt. Es ist von Nutzen, das Bild der Membranen an einem anatomischen Modell eines Neugeborenenschädels zu studieren. Dort können Sie sehen, dass sich der hintere Befestigungspol der Reziproken Spannungsmembran an der Innenseite der Squama occipitalis befindet. Wir nutzen die Membranen in Verbindung mit der Fluktuation der Zerebrospinalen Flüssigkeit, um eine Dekompression zu bekommen und die besagten kondylären Anteile vom Proc. basilaris zu entfernen, sodass er seinen normalen Platz und seine normalen Relationen wieder einnimmt. Wenn die Kondylen nach unten oder anterior in die Facetten des Atlas gedrückt werden, wird die Beziehung zwischen den Kondylen und dem Atlas gestört. Dadurch ist eine Belastung der okzipitoatlantalen Bänder und Gelenke entstanden. Zuerst muss man diese Dysfunktion korrigieren. Um diese Korrektur durchzuführen, werden die Bänder genutzt.

      Da man den Atlas manuell unmöglich erreichen kann, zielt die Behandlung darauf ab, den Atlas zum Therapeuten zu führen. Der Therapeut lässt seinen Mittelfinger vom Inion bis nach unten zum Opisthion das Os occipitale hinuntergleiten. Der Kopf des Patienten liegt in der Hand des Therapeuten wie in einer Wiege. Die Hand des Therapeuten bleibt ruhig, die Kuppe seines Mittelfingers ist einfach unten nahe dem Rand des Foramen magnum platziert.

      Wenn es dem Patienten möglich ist, arbeitet er mit, indem er das Kinn ein wenig Richtung Brust sinken lässt, ohne seinen Hals zu beugen. Während er so nickt, bewegt sich das Opisthion zurück und das Tuberculum posterior auf dem hinteren Bogen des Atlas bewegt sich auf den Finger des Therapeuten zu.53 Dies stabilisiert den Atlas und ermöglicht es den Kondylen des Os occipitale, sich auf die Divergenz des Atlas hinzubewegen, wodurch die Dysfunktion gelöst wird. Die okzipitoatlantalen Bänder bringen den Mechanismus des Gelenks wieder ins Gleichgewicht. Der Therapeut kann im Anschluss daran fortfahren, die Kompression der kondylären Anteile entsprechend der Diagnose zu lösen. Danach kann die Behandlung des Gelenks zwischen Os occipitale und Atlas, wenn nötig, noch einmal wiederholt werden, um noch einmal auszubalancieren.

      Nützlich ist es, ein geistiges Bild von jener Stelle vor Augen zu haben, an der die Kondylen des Os occipitale auf das hintere Ende des Proc. basilaris treffen, denn man kann unmöglich direkt feststellen, wie der Proc. basilaris auf die Kompression reagiert hat. Ein kleiner Anteil des Gelenks mit seiner synovialen Membran befindet sich tatsächlich auf dem Proc. Basilaris (Zeichnung I–12). Wir können nicht wissen, wie sich die kompressiven Kräfte verteilt haben. Deshalb besteht das Ziel jeder Behandlungstechnik lediglich darin, die Anteile voneinander zu lösen. Am Kopf eines Neugeborenen sind die hinteren Enden der kondylären Teile dem Therapeuten zugänglich.

      Sind die vorderen Enden beider kondylären Teile des Os occipitale symmetrisch in Richtung hinteres Ende des Proc. basilaris komprimiert, ist eine bilaterale Dekompression möglich. Dies kann durch die Korrektur der okzipitoatlantalen Dysfunktion geschehen, aber es kann auch einfacher sein, jede Seite einzeln zu behandeln.

      Nehmen Sie Kontakt mit einer Seite auf und stabilisieren Sie sie. Dann, mit Ihrem Kontakt auf der anderen Seite, rotieren Sie diese Seite weg und dirigieren dabei die Tide von der gegenüberliegenden Seite des Schädeldaches. Dies ist eine delikate Vorgehensweise, die durch die Wahrnehmung des Therapeuten, von seinem Kontakt und von der Spannung am anderen Ende des kondylären Teils geleitet wird.

      Falls nötig, kann dies auf der anderen Seite wiederholt werden. Eine präzise Atemkooperation findet oft durch ein gesundes und kräftiges Schreien des Patienten statt. Danach sollte das Ausbalancieren des Gelenks zwischen Os occipitale und Atlas folgen.

      Das Prinzip ‚krummer Zweig‘ zeigt sich am deutlichsten beim Erwachsenen. Asymmetrie des Foramen magnum, hervorgerufen im Säuglings- oder Kindesalter, wird durch das Wachstum noch verstärkt und durch Stürze oder andere Verletzungen eventuell noch komplizierter gemacht.

      Dieses Problem erfordert oft auch bei einem erwachsenen Patienten eine Lösung. Die Vorgehensweise bei der Dekompression ist die gleiche, nur dass die Kooperation sowohl durch Haltung als auch durch Atmung möglich ist. Um eine bilaterale Wirkung oder eine Wirkung auf die Mittellinie zu erreichen, bietet die Dorsalflexion beider Füße zur Stabilisierung des Behandlungsbereichs eine gute Möglichkeit. Bei der Behandlung eines unilateralen Problems bitten Sie den Patienten, den gegenüberliegenden Fuß dorsal zu flektieren. Bauen Sie die Spannung in Ihrer Berührung langsam auf und lösen Sie sie entsprechend langsam. Nach der Behandlung Erwachsener ist es sogar noch wichtiger, den Atlas wieder ins Gleichgewicht zu bringen, als bei Kindern.

      Die Behandlung von Asymmetrien zwischen der Squama und den hinteren Enden der kondylären Anteile des Os occipitale folgt den gleichen Grundprinzipien: Wir nutzen die Dura mater, die Tide und die Atem- und Haltungskooperation des Patienten.

      Die genaue Planung eines jeden Schrittes der manuellen Vorgehensweise ist notwendig für eine erfolgreiche Behandlung. Es werden in der medizinischen Literatur zahlreiche Asymmetrien in den Beziehungen der Knochenanteile der Schädelbasis bei der Geburt beschrieben. Die Folgen für die Zukunft eines solchen Kindes wurden jedoch weder ausreichend beachtet noch wurde eine Behandlung entwickelt, um die normalen Beziehungen wiederherzustellen. Ein grundlegendes Verständnis derartiger Probleme gibt es in der Wissenschaft der Osteopathie.

      Mütter sind oft in Sorge aufgrund der Kopfform ihres Kindes direkt nach der Geburt. Meist werden sie dann von den Krankenschwestern und Ärzten beruhigt, dass sich solche Asymmetrien innerhalb von ein paar Tagen wieder geben.

      Oft ist es auch so, dass die Form wieder so normal wird, wie es die Eltern gerne sehen.

      Es ist äußerst interessant, darüber nachzudenken, was hier arbeitet, um eine solche Veränderung zu bewerkstelligen.

      Schreien und Saugen des Säuglings haben auf verschiedenartige Weise die Funktion, die Knochen und Knochenteile wieder in die richtige Position zu bringen. Zudem unterstützt die regelmäßige Atemtätigkeit die