Jahrbuch der Baumpflege 2019. Группа авторов

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Название Jahrbuch der Baumpflege 2019
Автор произведения Группа авторов
Жанр Социология
Серия
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783878152651



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Praxis

       5.1 Schutzmaßnahmen im Baumumfeld

      Zu den mittelbaren Maßnahmen des Wurzelschutzes gehört beispielsweise der Einsatz von Platten, Bohlen, Matten und/oder Kies zum Abtrag von Lasten, die (bei offener Baumscheibe) durch schwere Maschinen oder Fahrzeuge in den Wurzelraum eingeleitet werden könnten. Auch die korrekte Platzierung der Baustelleneinrichtung gehört zu diesen Maßnahmen und verhindert, dass Lasten oder Unrat (wie beispielsweise WC-Abwässer oder Chemikalien) in den Wurzelbereich eingetragen werden.

      Bevor die Arbeiten im Wurzelraum beginnen, erfolgt auch die Baustellenabsicherung. Diese wird in aller Regel durch die ausführende Tiefbaufirma umgesetzt. Hier hat die baubegleitende Baumfachkraft Zeit, sich mit dem betroffenen Baum und dessen Standort vertraut zu machen. Ein geschultes Auge erkennt bereits vor dem ersten Spatenstich, wo es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Kontakt mit dem Wurzelwerk kommen wird.

       5.2 Schutzmaßnahmen an Stamm und Krone

      Obwohl Schutzmaßnahmen am Stamm und an der Krone auf den ersten Blick in keinem direkten Zusammenhang mit den Wurzeln eines Baumes stehen, umfassen sie oft den Wurzelraum oder finden innerhalb des Wurzelschutzbereiches Anwendung. Zudem ist der Einsatz von Maschinen zur Abnahme des Wegebelages vor Tiefbaumaßnahmen nicht selten, und entsprechend besteht eine konkrete Gefahr für den Baum durch schweres Gerät.

      Ein korrekt angebrachter Stammschutz sorgt dafür, dass der Baum beim Kontakt mit einer Maschine keinen Schaden nimmt. Ein mit einer Windung um den Baum gewickeltes Dränrohr erfüllt diesen Schutz ebenso wenig wie schwere Gerüstbohlen, die auf den Wurzelanläufen aufgesetzt sind. Letztere verletzen bereits durch ihr Eigengewicht regelmäßig die Wurzelanläufe. Ein fehlender oder ungeeigneter Stammschutz ist der Baumeigentümerin umgehend zu melden.

      Im Ausnahmefall kann auch eine Einkürzung von Kronenteilen notwendig sein, um einen Baum vor zu erwartenden Beschädigungen durch Baumaschinen zu schützen. Steht kein ausreichender Arbeitsraum zur Verfügung, sind die Arbeiten vorübergehend einzustellen, bis ein Fachbetrieb das benötigte Lichtraumprofil erstellt hat. Wenngleich das Ziel einer jeden baumfachlichen Baubegleitung der Erhalt des vollständigen Baumes ist, so muss von Fall zu Fall auch nach Kompromissen gesucht werden, um notwendige Eingriffe zu ermöglichen und den Schaden für den Baum dabei so gering wie möglich zu halten.

       5.3 Öffnung des Wurzelraumes

      Nachdem die örtliche Lage analysiert wurde, kann mit den Tiefbauarbeiten begonnen werden. Für die eingesetzte Baubegleitung ist dies eine der kritischen Phasen, in denen ihre volle fachliche Kompetenz gefragt ist. Problematisch ist, dass während der anfänglichen Grabungsarbeiten ein möglicher Wurzelverlauf nur erahnt werden kann. Die Gefahr einer unbeabsichtigten Wurzelverletzung durch die falsche Grabungstechnik ist in dieser Phase besonders hoch. Ein Baggereinsatz kann hier verheerende Auswirkungen haben.

       Abbildung 8: (Fein-)Wurzelgeflechte unter Wegebelägen können in aller Regel entfernt werden, um einen einfachen Zugang zum Wurzelraum zu ermöglichen.

      Bei der Öffnung des Wurzelraumes hat der Erhalt von Wurzeln stets oberste Priorität. Dicht unter dem Wegebelag, zumeist in engem Kontakt zu diesem und mitunter auch mit ihm verwachsen, finden sich regelmäßig einzelne Feinst- und Feinwurzeln oder deren Geflechte (Abbildung 8). Ihr Erhalt ist in aller Regel nicht möglich und in der Mehrzahl aller Fälle auch nicht unabdingbar. Um den Zugang zum Leitungsgraben zu ermöglichen, kann die Entfernung dieser Wurzeln in der Bettung des Wegebelages daher durchaus in Erwägung gezogen werden, ohne dass dem Baum hierdurch zwangsläufig ein bleibender Schaden entsteht.

      Dessen ungeachtet findet die Öffnung des Wurzelraumes, die zugleich eine Sondierung der Wurzeln darstellt, stets in Handschachtung oder Saugtechnik statt (Abbildung 9).

       Abbildung 9: Die Freilegung des Wurzelraumes unter Wurzelerhalt in Handschachtung ist in der Hansestadt Hamburg eine von allen Parteien akzeptierte Selbstverständlichkeit.

      In begründeten Ausnahmefällen kann eine Sondierung der Wurzeln mit Geräten erfolgen, wenn ein zahnloser Löffel genutzt wird und der Aushub äußerst behutsam unter Sichtkontakt (eine Person im Graben, eine in der Maschine) erfolgt. Die Entscheidung, ob eine solche Vorgehensweise infrage kommt, obliegt allein der baumfachlichen Baubegleitung.

       5.4 Umgang mit freigelegten Wurzeln

      Bei der schichtweisen Abtragung des Bodens kann es zur Freilegung von Wurzeln kommen. In dem Fall ist abzuwägen, wie mit diesen umgegangen werden soll. Die weitere Handhabung der freigelegten Wurzeln hängt von unterschiedlichen Parametern ab: von der Stärke der Wurzel, deren Beschädigungsgrad, der Witterung und vom Grund für die Aufgrabung.

      Grundsätzlich stehen dem Baumpfleger drei Möglichkeiten zur Auswahl:

       das Belassen der Wurzel und deren Schutz vor Austrocknung bzw. Frost (vgl. Abbildung 10),

       das Beschneiden der Wurzel aufgrund verletzter Wurzelpartien bzw. räumlicher Konflikte oder

       die Kappung der gesamten Wurzel (bis zur Baugrubenwand, in Einzelfällen auch darüber hinaus).

      Müssen die Wurzeln beschnitten werden, ist je nach Stärke der Wurzel vorab die Baumeigentümerin oder aber ihr Vertreter (z. B. der Baumkontrolleur im Falle von Stadtbäumen) zu informieren. Die Baumeigentümerin entscheidet letztlich über die durchzuführende Maßnahme. Sind die freigelegten Wurzeln erst einmal versorgt, müssen im Anschluss daran die Wurzelstärken und der Umfang von Verletzungen protokolliert werden.

       Abbildung 10: Ebenso wird der pflegliche Umgang mit freigelegten Wurzeln respektiert und die bei den Arbeiten dennoch verletzten Wurzeln werden stets fachgerecht versorgt.

       5.5 Durchtrennen von Wurzeln

      Sind Wurzelverluste trotz aller Schutzmaßnahmen nicht zu vermeiden und besteht keine Möglichkeit zum Erhalt verletzter Wurzeln, sind die betroffenen Wurzeln schneidend und glatt zu durchtrennen – und zwar so, dass dabei stets die kleinstmögliche Schnittfläche entsteht. Erst der glatte Schnitt, der bei stärkeren Wurzeln mit einer scharfen(!) Säge zu erfolgen hat, gibt einer Wurzel im Zusammenspiel mit einer kleinen Schnittfläche die Möglichkeit zur Überwallung der Wunde. Nach dem Schnitt muss die Schnittstelle bis mindestens einen Fingerbreit hinter dem Schnitt mit einem Wundverschlussmittel versiegelt werden.

      Dies dient dazu, das unter der Rinde liegende Kambium, aus dem das Wundgewebe entsteht, vor dem Eintrocknen zu schützen. Fällt das Kambium trocken, so stirbt dieses zarte Gewebe unwiderruflich ab, weswegen die Versiegelung der Schnittstelle unmittelbar zu erfolgen hat. Der Anstrich verhindert jedoch niemals den Besatz der Wunde mit den Sporen von Schadorganismen. Hieraus entstehenden Schäden kann allein durch eine korrekte Wundversorgung vorgebeugt werden, die für eine bestmögliche Wundreaktion sorgt. Nach der Wundversorgung ist der Rest der freiliegenden Wurzel mit geeigneten Mitteln vor Austrocknung zu schützen.

       5.6 Nachversorgung freigelegter Wurzeln

      Freigelegte Wurzeln müssen unabhängig