Название | Hier kommt der Antipastidepp |
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Автор произведения | Klaus Nüchtern |
Жанр | Контркультура |
Серия | |
Издательство | Контркультура |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783854395430 |
Die sehen meine silbergrauen Boxen im milchigen Mondlicht schimmern und denken sich sofort: Da sitzt jetzt der Nüchtern mit seinem Philippe-Starck-Schocker dahinter, der dumme Designdepp, und weiß nicht mal, dass Philippe Starck to-tal out ist. Dem geben wir jetzt mal schnell was mit unserem Hightech-Long-Reach-Totschläger über die Rübe. Das denken die sich doch, diese eitlen Eigentumsdeliktemporkömmlinge?!! Aber denen erzähl ich jetzt mal Folgendes: Erstens war Philippe Starck bei mir schon out, als dieses Gelichter noch eifrig am Zitrusfrüchtesäftesüffeln war, bloß weil sie alle die Starck’sche Zitronenpressespinne in der Küche stehen hatten, und zweitens stelle ich mein Rad jetzt im Keller ab. Habt ihr gehört?! Im Keller, ihr blöden Arschlöcher, hehehe, im Keller!!
Fahr zur Hölle Feel-Good-Tussi!
In Julian Barnes’ wunderbarem Erzählband „Der Zitronentisch“ gibt es eine Geschichte über einen in die Jahre gekommenen Musikliebhaber, der in seinen Methoden, zu spät kommende, hustende, niesende und tratschende Konzertbesucher zu maßregeln, zusehends radikaler, ja geradezu gewalttätig wird. So werde ich auch werden: alt, schwul und bösartig. Schuld daran tragen die Feel-Good-Tussis. Während der Hochkulturschmock das Geld anbetet, das er für die Konzertkarte ausgegeben hat (wie Adorno angewidert anmerkte), dabei aber wenigstens das Maul hält, sind seine säkularen Nachfahren dazu übergegangen, lautstark die eigene Gutgelauntheit zur Schau zu stellen – schließlich haben sie 34 Euro für ein John-Cale-Konzert ausgegeben und sind jetzt sooo gut drauf. Nun kann ich es durchaus verstehen, wenn man im Rahmen einer als Individualismus und Freiheitszuwachs missverstandenen rockistischen Enthemmtheit ein bisschen über die Stränge schlägt. Man soll dann halt irgendwelche Drogen in sich reinfüllen, sich gegenseitig den Schlecker reinstecken oder von mir aus auch ein bisschen an Glied und Scheide rummachen, solange damit kein gröberer Entkleidungsaufwand verbunden ist. Aber man soll all das – verdammt noch mal – leise tun. Es ist ein Riesenirrtum, zu glauben, die Lautstärke von Rockkonzerten legitimierte die Zuhörer dazu, ebenfalls laut zu werden. Fürs Lärmmachen werden die Typen auf der Bühne bezahlt! Nichtsdestotrotz bereue ich meine nur allzu berechtigte Aufforderung an die Gutgelaunten neben mir, jetzt endlich mal die Klappe zu halten, im Nachhinein fast ein wenig. Es waren vermutlich harmlose und nette Zeitgenossen; und verglichen mit dem aufgedonnerten, Moët-schlabbernden Tussentrio, das es sich in breitärschiger „Heute gönnen wir uns mal was, weil wir es uns wert sind“-Manier an der Bar bequem gemacht hatte und sich gebärdete, als hätte es John Cale ins eigene Wohnzimmer geladen, waren es echte Sympathieträger. Ich bin kein Freund sozialer Homogenisierungszwänge und sehr dafür, dass auch Adelige, Millionäre, Neureiche und „Sex and the City“-Seherinnen auf Rockkonzerte gehen dürfen. Aber nur, wenn sie sich dort anständig benehmen.
Es wird zu wenig geohrfeigt
Bevor die Serie „Mehr oder minder unverzichtbares Küchengerät“ aus gegebenem Anlass – 2006: Jahr des Fettpinsels; 2007: Jahr des Pürierstabs – in loser Folge fortgesetzt wird, muss ich noch schnell ein paar Missstände anprangern. Neben den üblichen Neujahrsvorsätzen – nicht zu viel trinken, aber auch auf keinen Fall zu wenig! – habe ich mich zu Jahresbeginn auch anderweitig für eine Neuorientierung entschieden. Die Altersmilde, zu der ich mich in den Jahren 1994 ff. etwas vorzeitig habe hinreißen lassen, hat sich nämlich als Sackgasse erwiesen und zu einer unschönen Symbiose aus verminderter Konfrontationsfreudigkeit meinerseits und zunehmender Unverschämtheit des Rests der Welt geführt. Das muss ein Ende haben! Der Wille ist vorhanden, das Fleisch freilich noch schwach. Radfahren und Schwimmen verlernt man ja angeblich nicht, das Austeilen von Ohrfeigen offenbar schon; und dass zu wenig geohrfeigt wird, steht völlig außer Zweifel. Allein schon die Dreistigkeit, mit der die Menschen die Hilfszeitwörter verwenden! Zum Beispiel vergangenen Sonntag im Kunsthistorischen Museum, wo sich naturgemäß die ignorantesten und verkommensten Naturen versammeln. In der Schlange hinter mir steht eine Pelzmanteltussi, die sich zu erkundigen bemüßigt fühlt, ob ich hier angestellt sei, dann müsse ich nämlich weitergehen. Normal: Ohrfeige! Im Ausstellungssaal dann insinuiert eine „Dame“, ich könne mich doch vielleicht anderswohin stellen, schließlich verfüge ich ja über einen Audioguide (den auszuborgen sie offensichtlich zu doof war), während sie die Informationstafeln lesen müsse. Anstatt sie mit den Worten „Es heißt ,bitte‘, und ,müssen‘ tun Sie allenfalls sterben“ zurechtzuweisen oder gleich mit einer Basispackung Haustetschn auszustatten, tue ich stumm, wie geheißen. Auch am Abend reagiere ich falsch: Weil ein paar amerikanische Collegeboys am Nebentisch im Jazzklub das ganze Konzert durchschwatzen, setze ich mich nach der Pause anderswohin, anstatt die Übeltäter ansatzlos zu plombieren. Solch falsch verstandener Pazifismus bringt uns aber überhaupt nicht weiter. Erziehungsdefizite müssen mit eherner Faust korrigiert werden!
Ich wähl die alle nicht mehr!
Wenn man unter Sonntagsschwermut leidet, die gegen 17 Uhr einzusetzen pflegt, hilft es nicht besonders, wenn die deutschen Bundestagswahlen einen Abend voller Politikergeschwätz und ohne „Tatort“ zur Folge haben. Der Sieger des Abends heißt Westerwelle – da helfen nicht einmal mehr die Scherze, die Schröder reißt (weil die SPD zweiter werden konnte, bleibe ich selbstverständlich Kanzler). Im ORF poppt Wilhelm Molterer auf, der aussieht wie Andreas Mölzer mit einer Überdosis Weihwasser und redet, als hätte er eine Überdosis Baldriantee erwischt: „Es kommt darauf an, dass man die Glaubwürdigkeit ganz massiv für sich selbst erarbeitet.“ Finde ich auch. Damit hat der Mann die nächsten Jahre genug zu tun. Und dass ihm keiner hilft! Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott! Mir hilft auch keiner. Schon gar nicht die ÖVP. Als Molterer noch Landwirtschaftsminister war, was hat er unternommen? Hä?!! Habe ich irgendwo die Schlagzeile „Molterer sagt Mehlmotten den Kampf an“ gelesen?
Nein. Mehlmotten-Molterer hat eine schwammige Appeasement-Politik betrieben und dem infamen Insekt auch noch beide Wangen hingehalten. Dass die Sozialdemokraten in letzter Zeit immer nur auf die Heuschrecke hinhacken, ist auch nicht gerade hilfreich. Die Heuschrecken sind, jedenfalls in unseren Breiten, nicht das Problem. Anstatt sich anpasslerisch in alttestamentarischer Rhetorik zu suhlen, hätte man ausnahmsweise klare Worte finden können – und zwar eigentlich schon unter Viktor Klima. Aber sogar Häupl, immerhin ein Biologe, hat stets nur auf die Miniermotte gezeigt, um von der Mehlmotte abzulenken, und nicht einmal dem Menasse ist es aufgefallen. Österreich ist wohl das einzige Land der Welt, in dem es Politikern aller Couleur an Mut und Klarsichtigkeit mangelt, auch nur ein kritisches Wort über die Mehlmotte zu verlieren. Schweigekanzler Schüssel schweigt. Alle andern schweigen aber auch. Und wundern sich dann, dass man sie nicht mehr wählt. Ich jedenfalls wähl die nicht mehr! Alle mitsammen nicht!! Ich werde das alleine durchstehen. Als Patriot, als Familienvater, als Hobbykoch. Vielleicht wird die Mehlmotte am Ende unserer Tage den Sieg davontragen, aber ich, ich werde wenigstens gekämpft haben!
Meine Forderung an die ÖVP
Vergangene Woche habe ich mir Herbstferien genommen. Die sind mir gut bekommen. Ich hatte Zeit für Dinge, die ich sonst ein bisschen vernachlässige. Unter anderem bin ich nach Greifenstein geradelt (Schönwetter) und in mich gegangen (Schlechtwetter). Und wie ich so in mich gehe, merk ich: keiner da! Interessant. Na, denk ich, offenbar bin ich aushäusig. Und richtig: Ich war außer mir! Allem Anschein nach hat mein erhöhter Nachrichtenkonsum das Fass zum Überlaufen gebracht, denn ich hab mich ja auch nicht aus Jux und Tollerei und von einem Tag auf den anderen selbst verlassen. Schuld daran trägt die Österreichische Volkspartei (ÖVP). Nicht dass ich die je gewählt hätte oder je wählen werde. Nein, um mich brauchen sich die nicht zu bemühen. Aber gar so hellraising anghaut müssten s’ auch nicht sein. Ich gehöre ja noch der Generation an, die von der Pockenimpfung (geritzt, nicht gestochen!) mehr oder weniger dezente Narben davongetragen hat, und weiß also, wenn einem das G’impfte aufgeht. Und dieser an sich zeitlich eher knapp bemessene