Perelandra. C. S. Lewis

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Название Perelandra
Автор произведения C. S. Lewis
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783865064295



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nicht weniger. Ich musste damals nicht eigentlich an Geister denken. Es war nur das Wort »Spuk«. Spuk, spuken … Was beinhaltet dieses Wort nicht alles! Würde nicht ein Kind, das das Wort nie zuvor gehört hat und seine Bedeutung nicht kennt, schon beim bloßen Klang erschaudern, wenn es die Eltern am Abend sagen hörte: »In diesem Haus spukt es«?

      Schließlich kam ich an die Straßenkreuzung bei der kleinen Methodistenkapelle, wo mein Weg mich nach links und unter den Buchen entlangführte. Inzwischen müsste ich das Licht in Ransoms Fenstern sehen können – oder war es schon Zeit für die Verdunkelung? Meine Uhr war stehen geblieben, und ich wusste es nicht. Es war ziemlich dunkel, aber das mochte am Nebel und an den Bäumen liegen. Nicht die Dunkelheit fürchtete ich, das kann ich versichern. Wir alle kennen Augenblicke, in denen unbelebte Gegenstände beinahe einen Gesichtsausdruck anzunehmen scheinen, und es war der Ausdruck dieses Straßenstücks, der mir nicht gefiel. Es stimmt nicht, ging es mir durch den Kopf, dass Leute, die verrückt werden, sich dessen niemals bewusst sind. Angenommen, ich würde gerade hier dem Wahnsinn verfallen, dann wäre die schwarze Feindseligkeit dieser tropfenden Bäume – ihr grausiges Abwarten – natürlich eine Halluzination. Aber das machte es nicht um ein Haar besser. Der Gedanke, das Gespenst, das man sieht, sei eine Sinnestäuschung, nimmt ihm nichts von seinem Schrecken; er fügt höchstens den Schrecken des eigenen Wahnsinns hinzu – und zudem die furchtbare Vermutung, die, die von den anderen für verrückt gehalten werden, hätten als Einzige die ganze Zeit hindurch die Welt so gesehen, wie sie wirklich ist.

      All das bedrückte mich. Ich wankte weiter durch Kälte und Dunkelheit, schon halb überzeugt, dass ich am Rand des Wahnsinns stünde. Aber mit jedem Augenblick änderte sich meine Auffassung von geistiger Gesundheit. War diese jemals mehr gewesen als eine Konvention – bequeme Scheuklappen, eine anerkannte Form von Wunschdenken, das die Augen verschließt vor der ganzen Fremdartigkeit und Feindseligkeit des Universums, in dem wir leben müssen? Was ich während der letzten Monate meiner Bekanntschaft mit Ransom erfahren hatte, war mehr, als ein »gesunder Geist« gelten lassen würde; doch ich war bereits zu weit vorgedrungen, um es als unwirklich abtun zu können. Ich zog seine Deutungen oder seine Gutgläubigkeit in Zweifel, nicht jedoch die Existenz dessen, was er auf dem Mars angetroffen hatte – der Pfifltriggi, der Hrossa, der Sorne oder jener interplanetarischen Eldila. Ich bezweifelte nicht einmal, dass es wirklich jenes geheimnisvolle Wesen gab, das die Eldila Maleldil nennen und dem sie anscheinend in einem so vollkommenen Gehorsam ergeben sind, wie kein irdischer Diktator ihn je gebieten könnte. Ich wusste auch, für wen Ransom Maleldil hielt.

      Das musste Ransoms Landhaus sein. Es war sehr gut verdunkelt. Ein kindischer, weinerlicher Gedanke ging mir durch den Kopf: Warum stand er nicht draußen an der Gartenpforte, um mich zu begrüßen? Dann kam mir ein noch kindischerer Gedanke: Vielleicht war er tatsächlich im Garten und wartete auf mich, in einem Versteck. Vielleicht würde er sich hinterrücks auf mich stürzen. Vielleicht würde ich eine Gestalt sehen, die Ransom glich und mir den Rücken zukehrte; wenn ich sie anredete, würde sie sich umwenden und ein Gesicht zeigen, dem nichts Menschliches anhaftete …

      Natürlich möchte ich diesen Teil meiner Geschichte nicht unnötig breittreten. Beschämt blicke ich heute auf den Gemütszustand zurück, in dem ich mich damals befunden habe. Und ich wäre auch darüber hinweggegangen, wenn ich es nicht für notwendig hielte, ihn wenigstens zu erwähnen, damit der Leser das Folgende – und vielleicht noch ein paar andere Dinge – besser versteht. Jedenfalls kann ich beim besten Willen nicht beschreiben, wie ich die Eingangstür des Hauses erreichte. Obwohl Abscheu und Angst mich zurückhielten und eine Art unsichtbarer Mauer sich mir entgegenzustemmen schien, obwohl ich vor Entsetzen beinahe laut geschrien hätte, als ein harmloser Zweig der Hecke mein Gesicht streifte, gelang es mir, durch die Gartenpforte zu treten und mich Schritt für Schritt den kleinen Weg vorwärts zu kämpfen. Dann stand ich endlich an der Schwelle, trommelte gegen die Tür, rüttelte an der Klinke und begehrte brüllend Einlass, als hinge mein Leben davon ab.

      Keine Antwort – kein Laut außer dem Widerhall der Geräusche, die ich selbst gemacht hatte. Nur etwas Weißes flatterte am Türklopfer. Ich konnte mir natürlich denken, dass das eine Nachricht war. Als ich ein Streichholz anzündete, um sie zu lesen, merkte ich, wie zittrig meine Hände waren; und als das Zündholz erlosch, merkte ich, wie dunkel der Abend geworden war. Nach mehreren Anläufen hatte ich den Zettel gelesen. »Musste leider nach Cambridge und werde erst mit dem Spätzug zurückkommen. Essen in der Speisekammer, Bett in Ihrem gewohnten Zimmer gemacht. Warten Sie nicht mit dem Abendessen, wenn Ihnen nicht danach zu Mute ist.

      E. R.« Und sofort überfiel mich der Impuls kehrtzumachen, der mich bereits mehrmals bedrängt hatte, mit beinahe dämonischer Gewalt. Nun stand es mir frei umzukehren; ich wurde förmlich dazu aufgefordert. Dies war meine Chance. Wenn irgendjemand erwartete, ich würde in dieses Haus gehen und mehrere Stunden allein darin herumsitzen, so hatte er sich

      getäuscht! Doch dann nahm der Gedanke an den Rückweg

      in meinem Kopf Gestalt an, und ich zögerte. Die Vorstellung, wieder durch die Buchenallee zu gehen (die jetzt stockfinster sein musste) mit diesem Haus im Rücken (man hatte das absurde Gefühl, es könne einem folgen), war wenig verlockend. Und dann kam mir, wie ich hoffte, etwas Besseres in den Sinn – ein Fetzen Vernunft und eine gewisse Abneigung, Ransom im Stich zu lassen. Ich konnte ja wenigstens probieren, ob die Tür wirklich nicht abgeschlossen war. Ich tat es. Und sie war offen. Im nächsten Augenblick, ich weiß kaum wie, war ich drinnen und ließ die Tür hinter mir zufallen.

      Es war ganz dunkel und warm. Ich tastete mich einige Schritte vorwärts, stieß mit dem Schienbein heftig gegen etwas und fiel. Eine Weile saß ich still und rieb mein Bein. Ich glaubte, die Einrichtung von Ransoms Wohnzimmer, das zugleich Diele war, ziemlich gut zu kennen und konnte mir nicht vorstellen, worüber ich gestolpert war. Ich suchte in der Tasche, zog die Streichhölzer heraus und versuchte, Licht zu machen. Der Streichholzkopf sprang ab. Ich trat darauf und schnüffelte, um mich zu vergewissern, dass er nicht auf dem Teppich weiterglühte. Dabei fiel mir ein seltsamer Geruch

      im Raum auf. Ich konnte aber beim besten Willen nicht herausfinden, was es war. Er war ganz anders als die normalen häuslichen Gerüche, so wie der von Chemikalien, aber ein chemischer Geruch war es auch nicht. Dann zündete ich ein weiteres Streichholz an. Es flammte auf und erlosch gleich wieder – was nicht weiter erstaunlich war, da ich auf der Fußmatte saß und es selbst in solider gebauten Häusern als Ransoms wenige Eingangstüren gibt, unter denen es nicht zieht. Ich hatte nichts als meine hohle Handfläche gesehen, mit der ich die Flamme hatte abschirmen wollen. Ich musste weg von der Tür. Behutsam stand ich auf und tastete mich vorwärts. Ich stieß sogleich gegen ein Hindernis – etwas Glattes und sehr Kaltes, das ein wenig höher war als meine Knie. Als ich es berührte, merkte ich, dass der Geruch von ihm ausging. Ich tastete mich daran entlang nach links und gelangte an das Ende. Es schien mehrere Flächen zu haben, aber ich konnte mir die Form nicht vorstellen. Ein Tisch war es nicht, denn es hatte keine Deckplatte. Meine Hand tastete sich auf dem Rand einer Art niedrigen schmalen Wand entlang – der Daumen auf der Außenseite, und die Finger auf der Innenseite. Hätte es sich wie Holz angefühlt, so hätte ich es für eine große Kiste gehalten. Aber es war kein Holz. Zuerst glaubte ich, es sei nass, kam aber rasch zu dem Schluss, dass ich Kälte mit Nässe verwechselt hatte. Als ich am Ende des Dinges stand, zündete ich ein drittes Streichholz an.

      Ich sah etwas Weißes und halb Durchsichtiges – ähnlich wie Eis. Es war groß und ziemlich lang, eine Art Kasten, ein offener Kasten von einer unheimlichen Form, die ich nicht sofort erkennen konnte. Der Kasten war so groß, dass ein Mensch hineinpasste. Ich trat einen Schritt zurück, hielt das Zündholz hoch, um einen besseren Überblick zu gewinnen, und stolperte über irgendetwas hinter mir. Ich lag lang ausgestreckt in der Dunkelheit, nicht auf dem Teppich, sondern auf dem kalten Material mit dem merkwürdigen Geruch. Wie viele von diesen Teufelsdingern gab es denn hier?

      Ich wollte gerade wieder aufstehen und den Raum systematisch nach einer Kerze durchsuchen, als ich hörte, wie Ransoms Name ausgesprochen wurde; und beinahe gleichzeitig sah ich – sah ich das Ding, dessen Anblick ich so lange gefürchtet hatte. Ich hörte, wie Ransoms Name ausgesprochen wurde: Aber ich könnte nicht sagen, dass eine Stimme ihn aussprach. Die Laute glichen einer menschlichen Stimme erstaunlich wenig. Gleichwohl waren sie genau zu verstehen; man konnte sie sogar