Название | Die böse Macht |
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Автор произведения | C. S. Lewis |
Жанр | Контркультура |
Серия | |
Издательство | Контркультура |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783865064301 |
Jane musste sehr viel schneller als Mark entscheiden, was sie ihm sagen würde und was nicht. Und sie beschloss, nichts von den Träumen und ihrem Besuch in St. Anne’s zu erzählen. Männer konnten Frauen, mit denen etwas nicht stimmte, nicht leiden, schon gar nicht, wenn es dabei um seltsame, ungewöhnliche Dinge ging. Es fiel ihr nicht schwer, bei ihrer Entscheidung zu bleiben, denn Mark war von seinen eigenen Geschichten so in Anspruch genommen, dass er ihr keine Fragen stellte. Was er sagte, konnte sie allerdings nicht recht überzeugen, weil alle Einzelheiten unbestimmt blieben. Sehr bald schon unterbrach sie ihn mit scharfer, ängstlicher Stimme (sie hatte keine Ahnung, wie zuwider ihm dieser Tonfall war): »Mark, du hast doch nicht etwa deinen Lehrstuhl am Bracton College aufgegeben?« Er sagte Nein, natürlich nicht, und redete weiter. Sie hörte nur mit halbem Ohr zu. Sie wusste, dass er manchmal hochfliegende Pläne hatte, und etwas in seinem Gesicht sagte ihr, dass er während seiner Abwesenheit viel mehr getrunken hatte als gewöhnlich. Und so stellte das Vogelmännchen den ganzen Abend lang sein Gefieder zur Schau, und das Vogelweibchen spielte seine Rolle, stellte Fragen, lachte und heuchelte mehr Interesse, als es empfand. Beide waren jung, und wenn auch keiner den anderen sehr innig liebte, so wollte doch jeder bewundert sein.
7 _______
Am gleichen Abend saß das Kollegium des Bracton Colleges im Speisesaal bei Wein und Dessert. Während des Krieges hatten sie aus Sparsamkeitsgründen auf das obligate Umkleiden zum Abendessen verzichtet und den traditionellen Brauch seither noch nicht wieder aufgenommen; ihre sportlichen Sakkos und Strickjacken passten nicht recht zu der dunklen Holztäfelung der Wände, dem Kerzenschein und dem Tafelsilber aus verschiedenen Epochen. Feverstone und Curry saßen beisammen. Dreihundert Jahre lang war dieser Gesellschaftsraum eine der angenehmen und stillen Stätten Englands gewesen. Er lag am Lady-Alice-Hof, im Erdgeschoss unter dem Sitzungssaal, und durch die Fenster der Ostseite sah man über eine kleine Terrasse hinweg (wo das Kollegium an warmen Sommerabenden oft das Dessert einnahm) auf den Fluss und den Bragdon-Wald. Zu dieser Jahreszeit und Stunde waren die Fenster natürlich geschlossen und die Vorhänge zugezogen. Doch von draußen drangen Geräusche herein, die in diesem Raum nie zuvor vernommen worden waren – Gebrüll und Flüche, das dumpfe Dröhnen schwerer Lastwagen, die vorbeidonnerten oder krachend die Gänge wechselten, das Rattern von Presslufthämmern, Eisengeklirr, Kettengerassel, Pfiffe, dumpfe Schläge und ein alles durchdringendes Vibrieren. »Saeva sonare verbera, turn stridor ferri tractaegue catenae«, wie Glossop am Kaminfeuer zu Jewel bemerkt hatte. Denn hinter den Fenstern, kaum dreißig Schritte entfernt am anderen Ufer des Wynd, wurde der alte Wald im Handumdrehen in ein Inferno aus Schlamm und Lärm, Stahl und Beton verwandelt. Selbst einige Mitglieder des Progressiven Elements – diejenigen, die ihre Zimmer auf dieser Seite des Colleges hatten – beschwerten sich bereits darüber. Curry selbst war einigermaßen überrascht von der Form, die sein Traum nun, da er Wirklichkeit geworden war, angenommen hatte; aber er hielt eisern daran fest, und obgleich er bei seinem Gespräch mit Feverstone aus voller Kehle schreien musste, spielte er mit keinem Wort auf diese Unannehmlichkeit an.
»Dann steht also fest«, brüllte er, »dass der junge Studdock nicht zurückkommt?«
»Absolut«, rief Feverstone. »Er hat mir durch einen hohen Funktionär eine Botschaft geschickt und mich gebeten, dem College Bescheid zu geben.«
»Wann wird er seinen Abschied formal einreichen?«
»Keine Ahnung! Wie alle jungen Leute nimmt er es mit den Formalitäten nicht so genau. Je länger er übrigens damit wartet, desto besser.«
»Sie meinen, das gibt uns Gelegenheit, uns in Ruhe umzusehen?«
»Genau. Sehen Sie, das Kollegium braucht erst davon zu erfahren, wenn er geschrieben hat. Und in der Zwischenzeit können wir die Frage seines Nachfolgers bereits regeln.«
»Sehr gut. Das ist äußerst wichtig. Wenn man all diesen Leuten, die vom Fach nichts verstehen und nicht wissen, was sie wollen, eine offene Frage vorlegt, dann ist alles möglich.«
»Richtig. Das wollen wir vermeiden. Die einzige Methode, eine Einrichtung wie diese zu leiten, besteht darin, dass man seinen Kandidaten wie ein Kaninchen aus dem Hut zaubert, gleich nachdem man das Rücktrittsgesuch bekannt gegeben hat.«
»Wir müssen uns sofort um einen Nachfolger küm-
mern.«
»Muss das ein Soziologe sein? Ich meine, ist der Lehrstuhl an dieses Fach gebunden?«
»Nein, keineswegs. Warum? Haben Sie an ein anderes Fachgebiet gedacht?«
»Wir haben schon lange keinen Politologen mehr genommen.«
»Hm … ja. Allerdings gibt es noch immer beträchtliche Widerstände gegen die Anerkennung der Politologie als wissenschaftliches Fach. Was meinen Sie, Feverstone, sollten wir nicht der neuen Disziplin in den Sattel helfen?«
»Welcher neuen Disziplin?«
»Der Pragmatometrie.«
»Nun, es ist wirklich komisch, dass Sie das sagen, denn der Mann, an den ich denke, ist ein Politikwissenschaftler, der sich auch ziemlich intensiv mit Pragmatometrie beschäftigt hat. Man könnte es Lehrstuhl für soziale Pragmatometrie nennen oder so ähnlich.«
»Wer ist der Mann?«
»Laird – vom Leicester College, Cambridge.«
Curry machte schon beinahe automatisch ein nachdenkliches Gesicht, obwohl er nie von Laird gehört hatte, und sagte: »Ach ja, Laird. Wissen Sie Genaueres über seine akademische Laufbahn?«
»Nun«, sagte Feverstone, »wie Sie sich erinnern werden, war er zur Zeit der Abschlussexamina bei schlechter Gesundheit und erlitt ziemlichen Schiffbruch. Doch die Prüfungen in Cambridge sind heutzutage so schlecht, dass das kaum etwas zu sagen hat. Jeder wusste, dass er einer der brillantesten Köpfe seines Jahrgangs war. Er war Herausgeber einer Studentenzeitschrift. David Laird, wissen Sie.«
»Ja, richtig. David Laird. Aber ich muss sagen, Dick …«
»Ja?«
»Mir gefällt sein schlechtes Examensergebnis nicht recht. Natürlich messe ich solchen Ergebnissen keine übertriebene Bedeutung bei, aber trotzdem … In letzter Zeit haben wir ein- oder zweimal eine unglückliche Wahl getroffen.« Als er das sagte, blickte Curry unwillkürlich zu Pelham hinüber – Pelham mit dem kleinen Knopfmund und dem Puddinggesicht. Pelham war ein zuverlässiger Mann, doch selbst Curry fand es schwierig, sich an irgendetwas zu erinnern, das Pelham jemals getan oder gesagt hätte.
»Ja, ich weiß«, sagte Feverstone, »aber selbst unsere schlechtesten Leute sind nicht ganz so blödsinnig wie diejenigen, die das College beruft, wenn wir es sich selbst überlassen.«
Vielleicht hatte ja der unerträgliche Lärm seine Nerven angegriffen, jedenfalls zweifelte Curry einen Augenblick lang an der ›Blödsinnigkeit‹ dieser Außenseiter. Kürzlich hatte er im Northumberland College zu Abend gegessen und hatte dort auch Telford angetroffen. Der Kontrast zwischen dem wachen und geistreichen Telford, den im Northumberland College jeder zu kennen schien und dem jeder zuhörte, und dem ›blödsinnigen‹ Telford im Gesellschaftsraum des Bracton Colleges hatte ihn verblüfft. Könnte es sein, dass es für das Schweigen all dieser ›Außenseiter‹ in seinem eigenen College, für ihre einsilbigen Antworten, wenn er sich mit ihnen einließ, und ihre ausdruckslosen Mienen, wenn er einen vertraulichen Ton anschlug, eine Erklärung gab, die ihm nie in den Sinn gekommen war? Die absurde Vorstellung, dass er, Curry, ein Langweiler sein könne, ging ihm so rasch durch