Название | Torus der Tloxi |
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Автор произведения | Matthias Falke |
Жанр | Научная фантастика |
Серия | |
Издательство | Научная фантастика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783957770301 |
»Unsere Freunde haben einen kleinen Scheinwerfer aufgestellt«, fügte sie süffisant hinzu.
Ich betrachtete blöde den kleinen weißen Stern und versuchte, Entfernung, Lichtstärke und Energieverbrauch zu überschlagen.
»Sie selbst brauchen das natürlich nicht«, führte Jennifer weiter aus. Es schien ihr wieder einmal Spaß zu machen, mich zu belehren. »Sie orientieren sich mittels Röntgensonar und kommunizieren über Engstrahl. Aber als kleine Aufmerksamkeit gegenüber ihren menschlichen Mitarbeitern haben sie die Baustelle ein wenig ausgeleuchtet.«
Die ENTHYMESIS nahm einen letzten Schwenk vor, der von den Feldgeneratoren abgefedert wurde, sich uns aber dennoch auf unterschwellige Weise mitteilte. Kein Erdenmensch wäre in der Lage, die hauchfeinen Beschleunigungskräfte zu registrieren, mit denen ein Offizier der fliegenden Crew nach einigen Jahrzehnten der interstellaren Exploration auf die leisesten Bewegungen und Manöver seines Schiffes reagierte. Erst einige Sekundenbruchteile später, als das Sichtfeld umherzutaumeln begann, nahmen wir bewusst wahr, was sich uns zuvor schon auf subtileren Kanälen mitgeteilt hatte. Die gewaltige, frei schwebende Baustelle der MARQUIS DE LAPLACE II glitt nach steuerbord davon. Ein im Vergleich dazu winziges Modul schob sich in unser Blickfeld. Es war eine Orbitalstation der neuesten Generation. Die schwerelose Bauhütte dieses Platzes, an dem gerade das ambitionierteste Projekt der unierten Menschheit verwirklicht wurde.
Wir hörten, wie die Bremsraketen zündeten, um die Annäherungsgeschwindigkeit der ENTHYMESIS der Eigengeschwindigkeit der Station anzupassen. Irgendwo zischten pneumatische und hydraulische Vorgänge. Landestutzen wurden ausgefahren, um das Ankoppeln vorzubereiten. Schleusen wurden mit Druckluft geflutet. Schotte geschlossen. Gewaltige Kräfte wurden umgelagert oder absorbiert. Von all dem nahmen wir nichts wahr, was über ein fernes Grummeln und Rumpeln hinausgegangen wäre.
»Rendezvous in 15 Sekunden«, zählte Jennifer. »14 … 13 …«
Man sah jetzt die Landeplattform der Station. Einige Tloxi-Techniker standen bereit. Immer noch war es ein irritierender Anblick, sie ohne Schutzanzüge im freien Raum operieren zu sehen. Aber sie benötigten weder Sauerstoff noch atmosphärischen Druck. Ihre körpereigenen Feldgeneratoren schützten sie vor der kosmischen Strahlung. Sie arbeiteten mit der gleichen Effizienz im Inneren eines Schiffes wie außerhalb. Und über die umständlichen Vorkehrungen unserer Extra Vehicular Activities hätten sie sich nur lustig gemacht, wenn dieses fleißige und genügsame Volk so etwas wie Humor besessen hätte.
Wir setzten auf. Sofort begann es unten zu wuseln. Tank- und andere Versorgungsschläuche wurden an der ENTHYMESIS befestigt. Wir wurden unaufgefordert mit Plasma, Wasser, Sauerstoff und anderem befüllt, das für uns lebensnotwendig war. Eine transparente Gangway aus Elastal wurde herangefahren und an die große Schleuse unseres Explorers angekoppelt. Mit leisem Zischen wurde der Druckausgleich hergestellt.
Einige Augenblicke später marschierten wir den mit Gravinoppen ausgelegten Verbindungstunnel hinunter. Im Vorraum der Schleuse wartete General a. D. Dr. Rogers. Er kam mit stampfenden Schritten auf uns zu und verzog das Gesicht zu einer weit ausholenden Grimasse. Zuerst schloss er Jennifer in die Arme. Seit er auf der Akademie unser Chefausbilder gewesen war, hatten wir ein enges Verhältnis zueinander. Und Jennifer war in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Art von Tochter für den alten Haudegen geworden.
»Schön, dass ihr da seid!«, knurrte er.
Dann begrüßt er auch mich mit einem kantigen Händedruck.
Eine Weile standen wir in enger Umarmung beieinander. Es war kühl in diesem Zwischendeck, das an die Wartehalle eines Provinzflughafens erinnerte. Rogers verströmte einen leichten Whiskeygeruch, und mir schien, dass seine Wangen noch röter, seine stahlblauen Augen noch eine Spur wässriger geworden waren. Für Sentimentalitäten hatte er nie viel übrig gehabt. Deshalb wunderte mich dieses Innehalten bei der Begrüßung, bei der die Sekunden sich zu dehnen begannen.
Die Tloxi, die mit uns gereist waren, kamen die Rampe herunter und gingen wortlos an ihr Tagewerk. Sie gliederten sich in das Arbeitskollektiv ein, das hier draußen gewaltige Schiffe aus dem Nichts erstehen ließ, und wurden von diesem an die Stellen geführt, an denen sie in den kommenden Monaten mit anpacken würden.
Rogers ließ uns los und wandte sich um. Gemeinsam gingen wir ein paar Schritte. Vor der großen Panoramascheibe blieb er stehen.
»Seht euch das an!«, sagte er und breitete die Arme aus.
Wir versanken erneut in den Anblick der MARQUIS DE LAPLACE II, deren unfertiger Titanstahlleib von Myriaden winziger Lichtpunkte umschwärmt wurde. Wie ein Wal in der Korona seiner Symbionten, dünte das Schiff in einer irisierenden Aura helfender Geister, die aus Optochips und Elastalstahlplatten, Schleusenringen und Quantenrechnern, Warpspulen und Feldgeneratoren, Zerokupplungen und Gravipandern einen eigenständigen und autarken Kosmos schufen, der in Kürze zehntausend Mitarbeitern beider Stäbe zur dauerhaften Heimat werden und Milliarden Lichtjahre zurücklegen würde.
»Dass meine alten Augen das noch sehen …«, sagte Rogers, wobei schon ein Gran Ironie in die Ergriffenheit einsickerte. Dann schüttelte er die besinnliche Stimmung endgültig ab. »Aber kommt! Wir sind nicht hier, um uns auf alten Lorbeeren auszuruhen. Es gibt viel zu tun!«
Er klopfte mir auf die Schulter und führte dann Jennifer am Arm den Gang hinunter, wo sich sein kleines Büro befand.
»Kaffee?«, fragte er jovial, als wir in sein neues Reich eintraten.
Ich nickte. Jennifer wünschte sich eine Holunder-Hühner-Milch. Ein junger Kadett, der in einer Regungslosigkeit, die jedem Tloxi Ehre gemacht hätte, bereit gestanden war, klappte zusammen und eilte davon.
Einige weitere Adjutanten waren anwesend, die Rogers uns jetzt mit knappen Gesten vorstellte. Sie verbeugten sich tief und schüttelten uns ehrfürchtig die Hand. Der General nannte uns mit dürren Worten ihre Aufgabenfelder. Er war nicht bei der Sache. Ich sah ihm an, dass er das steife Prozedere so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte.
Mich interessierte der Vorgang umso mehr. Die jungen, glatten Gesichter dieser Ordonnanzen und Offiziersanwärter bestürzten mich. Gerade wenn sie vor Bewunderung leuchteten, las ich darin weniger den Stolz, solch hochdekorierten Helden, wie wir nun einmal waren, persönlich die Hand drücken zu dürfen, als vielmehr das peinlich berührte Staunen darüber, Personen, die sie aus den Geschichtsholos der Akademie kannten, lebendig anzutreffen.
Eine neue Generation von Piloten und Offiziersanwärtern war in der Zwischenzeit herangewachsen, ausgebildet nach dem Sinesischen Krieg, aufgewachsen in einer Union, die mit der Galaxis identisch geworden war, und gewöhnt an den Umgang mit einer Technik, die uns Älteren wie Zauberei vorkommen musste. Wie jede Generation, die einen großen Krieg und eine Epochenschwelle mitgemacht hatte, waren wir viel älter als unsere Jahre, wir erschienen uns manchmal selbst als unsere Ururahnen, die sich unbegreiflicherweise bis in die Gegenwart erhalten hatten, als lebende Fossilien, die durch ihr bloßes Sein von vorsintflutlichen Äonen und unbegreiflich archaischen Landstrichen berichteten. Den Jungen war es eine Selbstverständlichkeit, dass wir mit den Schiffen der III. Generation jeden beliebigen Punkt des Universums erreichen konnten; dabei ahnten sie kaum mehr, dass der bekannte Raum sich noch zu unseren Lebzeiten vervielfacht hatte und dass das Universum unserer Jugend verglichen mit dem heutigen unfassbar eng gewesen war; es würde ihnen im Rückblick klaustrophobisch erscheinen. Heute war jede Welt dieser Abermilliarden Galaxien in den Speichern verzeichnet, und selbst die abgelegensten davon waren im oszillierenden Warp innerhalb weniger Tage zu erreichen. Und das in Schiffen wie den MARQUIS DE LAPLACEs II und III, die gegenüber dem ersten Raumer dieses Namens, dem langjährigen Flaggschiff der Union, um nahezu 60 Prozent ihrer Masse hatten verkleinert werden können. Der Jungfernflug jener MARQUIS DE LAPLACE I, den Dr. Rogers noch persönlich mitgemacht hatte, hatte zum Sirius geführt und war ein mehrjähriges Unternehmen gewesen. Das war den Absolventen eines heutigen Jahrgangs gar nicht mehr begreiflich zu machen.
»In Ordnung«, sagte Rogers barsch. »Kommen wir zur Sache!«
Er wedelte die Stabsangestellten aus dem Raum und wartete, bis die gravimetrische Tür hinter ihnen zurückgeglitten