Название | Torus der Tloxi |
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Автор произведения | Matthias Falke |
Жанр | Научная фантастика |
Серия | |
Издательство | Научная фантастика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783957770301 |
Ähnlich den Baustellen der MARQUIS DE LAPLACEs II und III wurde auch der halbfertige Torus von ganzen Flotten von Serviceschiffen und KI-Droiden, Shuttles und Scootern, Cargodrohnen und fliegenden Tloxi umschwärmt. Sein riesiges Rad glich einer goldglänzenden Felge, die in das flache Wasser eines tropischen Ozeans gesunken war und von dem aufgewirbelten Sand umglitzert wurde. Allerdings waren die Baumaßnahmen für die Dauer des Kongresses eingestellt wurden. In dem Maße, in dem die Flugaktivität im Vorfeld der galaktischen Zusammenkunft zunahm, fuhr man die Konstruktionstätigkeit und die Anlieferung von Material zurück. Die Shuttledienste zwischen den Schiffen der Delegationen und dem Torus benötigten den ganzen Raum. Ihn gleichzeitig mit der Bautätigkeit zu überwachen, überforderte anscheinend selbst die Metaintelligenz des Tloxi-Kontinuums. Das war tröstlichAllmächtige Götter waren sie nicht.
Eine Stunde später hatten wir uns so akklimatisiert. Die Bordautomatik der MARQUIS DE LAPLACE war online auf das Tloxi-Kontinuum geschaltet, das den Torus steuerte. In einer ständigen Nachführbewegung wurde das Schiff auf seiner festen Position, relativ zu der großen Ringkonstruktion gehalten. Die Stationen waren zu ihrem Routinebetrieb zurückgekehrt, der zu 99 % der nämliche blieb, ob wir nun im Neptunorbit lagen, im Großen Korridor, im Eschata-Nebel oder hier. Die Politiker hatten ein letztes Mal die Köpfe zusammengesteckt und ihre Taktiken abgesprochen. Es konnte losgehen.
Ursprünglich war geplant gewesen, dass Jennifer die Delegation begleiten werde. In ihrer Funktion als Kommandantin der ENTHYMESIS-Flotte schien sie sich für eskortierende Aufgaben in besonderer Weise zuständig zu fühlen. Mir als Kommandanten wäre es angestanden, auf der Brücke der MARQUIS DE LAPLACE zu bleiben. Aber ich war noch immer verstimmt über die Heimlichtuerei, mit der man in den zurückliegenden Wochen eine Delegation nach der anderen hinter meinem Rücken empfangen hatte, dass ich beschloss, mich nicht noch einmal derart ausbooten zu lassen. Es waren Friedenszeiten. Wir befanden uns in unserem eigenen Hoheitsgebiet. Und selbst wenn etwas vorfallen sollte, konnte ich in wenigen Augenblicken vom Torus zum Mutterschiff zurückkehren. Ich entschied, dass ich die Delegation begleiten würde. Das Kommando übergab ich an die nachgeordneten Stabsoffiziere. Dann fand ich mich in der Schleusenkammer ein, wo Jennifer, Rogers und die anderen sich für den Shuttleflug fertig machten.
Commodora Jennifer Ash steuerte das kleine Shuttle selbst. Aus diesem winzigen Gefährt heraus wirkte die Konstruktion des Torus noch viel gewaltiger. Schließlich entzog sie sich unseren Blicken. Der Leitstrahl des Tloxi-Kontinuums brachte uns zu einer Andockstation in Segment XII des Torus, den man auch mit einem Zifferblatt hätte vergleichen können, dem Zifferblatt einer 20-Stunden-Uhr allerdings.
Als wir aus dem Schleusenbereich kamen, trat uns ein hagerer Mann mit asketischen Gesichtszügen entgegen. Sein Haar und sein kurz geschorener Bart waren angegraut. Aber seine Augen funkelten unternehmungslustig wie eh und je.
Jennifer warf sich ihm entgegen und schloss ihn lange in die Arme. Er ließ es eine Weile geschehen. Dann trat er einen Schritt zurück und betrachtete sie skeptisch.
»Warum hast du dein Haar abgeschnitten?«
Sie warf mir einen triumphierenden Seitenblick zu.
»Frank hat eine halbe Stunde gebraucht, bis er es gemerkt hat.«
Ich hob die Schultern. Dann begrüßte er auch mich mit einem harten Händedruck.
»Es steht dir gut«, sagte er noch zu Jennifer.
Wie lange hatten wir uns nicht gesehen! Direktor Reynolds, wie er als Aufseher der Kolonien im Eschata-Raum offiziell zu titulieren war, strahlte wie ein kleiner Junge, auch wenn das spitze Kinn und die kantigen Wangenknochen signalisierten, dass auch an ihm die Ereignisse der jüngsten Zeit nicht spurlos vorbeigegangen waren.
Mein früherer WO auf der ENTHYMESIS war in den schweren Jahren der Diaspora auf jenen abgelegenen Welten des Eschata-Nebels zurückgeblieben, um sich der Entwicklung neuartiger Warpspulen zu widmen. Seine Entschlüsselung des Geheimnisses der Dunklen Materie hatte wesentlich zu unserem Triumph über Sina beigetragen. Jetzt stieß er wieder zu uns, um die Leitung der Planetarischen Abteilung auf der MARQUIS DE LAPLACE zu übernehmen. Er würde damit in die Fußstapfen Dr. Rogers’ treten, der als Hoher Rat in das neu zu schaffende höchste Gremium der Union wechselte.
Reynolds boxte mir vor die Brust.
»Gratuliere! Euch beiden! Ihr habt es tatsächlich geschafft!«
Wir bedankten uns artig.
»Ich wollte zu eurer Amtseinführung kommen«, fuhr er fort. »Aber ich hatte hier noch einiges zu tun.«
Er musterte uns abwartend. Wie auch Dr. Rogers bediente er sich des Du, wenn er uns im Plural ansprach, und des Sie, wenn er sich an einen Einzelnen von uns wandte.
»Diese Tloxi sind wirklich erstaunlich. Später zeige ich euch einiges an neuem Spielzeug, dessen Blaupausen ich in den Tiefen ihres Kontinuums gefunden habe.«
Wir zeigten uns beeindruckt.
»Du kannst mit ihnen kommunizieren?«, fragte Jennifer.
»Das können wir alle«, sagte ich. »Die Frage ist nur …«
»Wie viel man aus ihnen herausbringt«, führte Reynolds meinen Satz zu Ende. So leise und näselnd er sprach, liebte er es doch, anderen Leuten ins Wort zu fallen. Er zwinkerte mir entwaffnend zu, weil er wusste, dass mich das immer ganz besonders in Rage brachte. Ich ließ es ihm für heute durchgehen.
»Ich habe …«, erläuterte er. »Ich glaube, ich kann sagen, dass ich ihr Vertrauen erworben habe. Was immer das bei ihnen im Einzelnen bedeuten mag. Sie teilen sich mir offener mit als den meisten anderen – Menschen und Unionsvertretern.«
Er grinste, als er mit sichtlichem Vorgenuss den nächsten Trumpf auspackte.
»Ich kann mich in ihr telepathisches Kontinuum einloggen. Natürlich nur in dem Maße, das sie mir gestatten. Aber ich habe ein paar Algorithmen programmiert, die es mir ermöglichen, die Konstruktionspläne dieses Torus sichtbar zu machen.«
Nun, sie kommunizierten auch mit unseren Schiffscomputern. Was er herausstrich und was im Einzelnen sicher eine technische Meisterleistung war, erfüllte mich mit Unbehagen.
»Sie werden nur freigeben«, sagte ich, »was ohnehin offen zutage liegt. Etwa die holografischen Risszeichnungen einer Raumstation, die längst in der Realität existiert.«
Reynolds nickte und schwieg abwartend.
»Interessant wird es«, fuhr ich fort, »wenn wir herausbekommen oder herauszubekommen versuchen, was sie nicht herausgeben wollen.«
Jennifer schüttelte den Kopf.
»Wenn wir das mit Gewalt und gegen ihren Willen versuchen würden, würden sie es zu Recht als Zeichen des Misstrauens interpretieren.«
»Wäre das so unangebracht?«, fragte ich.
Sie zog die Mundwinkel zu einem unhörbaren Schmatzen hoch, das ihre Unzufriedenheit mit dem Gedankengang ausdrückte.
»Du legst ja auch einen menschlichen Geschäftspartner nicht unter den Quantentomografen und liest seine geheimsten Gedanken aus.«
Ich zuckte mit den Achseln.
»Manchmal hätte ich mir gewünscht, so etwas wäre möglich gewesen. Es hätte uns im einen oder anderen Fall vieles erspart.«
Reynolds hob die Hände.
»Was ich eigentlich sagen wollte«, sagte er schleppend, »es haben sich dabei einige, nun: Abfallprodukte ergeben. Wir verstehen noch immer nicht restlos das Funktionieren ihrer Technologie. Aber indem wir uns anschauen, was immer sie uns anschauen lassen, können wir es auf eigene Faust kombinieren und fortentwickeln …«
»Und sie überflügeln?«, fragte ich rasch. »Kann der Kopist besser sein