75 Geschichten aus dem Zettelkasten. Gisela Matzke

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Название 75 Geschichten aus dem Zettelkasten
Автор произведения Gisela Matzke
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783954882694



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der Verkehrspolizei wegen dem Tenor Mario del Monaco eingefangen wegen frecher Bemerkungen

      - bin im Englischen Hospital in Kairo mit einer Curare- Spritze lahm gelegt worden, weil aus meinem linken Mittelfinger ein langer spitzer Glassplitter entfernt werden musste

      - bin im VIP-Room des Flughafens Helsinki mit meinem Sessel umgefallen, der so toll designet war, dass man sich nicht darin rühren durfte (im Beisein des Flughafenchefs der Finnair)

      - habe 2 Eierbecher aus finnischem künstlerischen Pressglas von ihm bekommen, genauso wie eine Stunde zuvor Sammy Davis Junior, der Weltstar

      - bin vom „Kronprinzen“ Werner Lamberz als Blondine sehr herzlich auf dem Kairoer Flughafen begrüßt worden und habe später über den kleinen Chef vom Fernsehen Adamek lachen müssen, der auf einem Stein stehend im Tal der Könige in Ägypten genau so groß wie Lamberz auf unserem Foto ist

      - habe mit dem Oberbürgermeister von Helsinki als Reporterin der Partnerstadt Berlin Kaffee getrunken und seinen amerikanischen Straßenkreuzer-Gäste- Dienstwagen samt Fahrer in Livree nutzen dürfen

      - habe 1961 dicht an der Sonnenallee in Berlin gewohnt, wo die Mauer auch zwischen Baumschulenweg und Neukölln gezogen wurde

      - bin in 2 Anthologien und 3 Büchern mit meinen Geschichten vertreten

      - kann nicht singen, nicht tanzen, aber Beton mischen, tapezieren, malern, Blumen zureden und schreiben …

      Halbzeit.

      Meine Halbzeit im Leben, denn ich will hundert werden. Ich liege auf meiner Kindheitswiese. Wolkenhoher Himmel. Gedankenflüge – Wohin? Mein Haus fährt. Oder schwimmt es? Ihr kennt die Gegenbewegung, wenn man in Zug sitzt und der Nachbarzug fährt ab. Mein Haus misst seine Fahrt an den eilenden Wolken. Ich sinne dieses mein halbes Leben in den eiligen Himmel. Halb gelebt ist es nicht, ich habe noch immer das Gefühl, das Wunder kommt noch …

      Bin ich ungerecht, wenn ich mit 50 versuche, wieder Glück zu gewinnen? Doch wie? Doch wann? Doch mit wem?

      Ich bin 50 Jahre jung. Ich will hundert werden.

      Aber doch nicht allein!

      Meine beste Freundin ist 50 geworden, 50 Jahre jung, sportlich aktiv, wanderlustig, kunstbegeistert, gut aussehend. Was sie nicht mag, sind alte 25jährige wie ihre verheiratete Nichte, die vorm Fernseher zusehends altert – was nichts gegen das Fernsehen besagen soll. Aber nun hat man ihrs gegeben was 50 Jahre sind für eine Frau! Im Unterschied zu ihren Arbeitskollegen, zu deren 50. tolle Reden gehalten wurden, so in Richtung „Manneskraft, die gerade jetzt und überhaupt erst in vollster Blüte steht.“ Heiratet ein Mann wie mein netter Nachbar mit seinen 50 eine 20-jährige, und macht sie zur Mutter seines 3. Kindes (die beiden anderen hatte er mit einer Frau, die annähernd so alt ist wie er und ihm treu durch all die jungen Jahre die Wäsche wusch, bis sie zu alt war für ihn), so hört das Lob der Umwelt nicht auf: so ein Bursche, der Teufelsbraten, hat Schlag bei jungen Frauen, ein Kerl wie ein Baum, immer jung, voller neuer Ideen, dieser Mann!

      Aber ich bin abgeschweift, wollte ja von meiner besten Freundin erzählen. Also – dass sie 50 geworden ist, hätte kaum diese Zeilen gefüllt, wie viele ihres Jahrgangs werden das schließlich auch! Doch bei ihr hat sich nun gar manches geändert. Warum? Weil sie kein Geheimnis daraus machte, dass sie ein halbes Jahrhundert auf ihren gebräunten schmalen Schultern und auf ihrem gepflegten aschblondem Haar hat! Und alle, die bisher nicht mit Lob für ihr Aussehen geizten, ihr den Hof machten, ja ihr sogar nach pfiffen wie einem jungen flotten Mädchen weil sie, naja, mit ihren 40 wie 30 aussah – alle die sind jetzt sauer. Denn: Diese ehrliche Trine, wollte sagen meine beste Freundin, hat in ihrer Ehrlichkeit aller Welt ihr echtes Alter verraten!

      Sie bedankte sich ehrlichen Herzens und voller Stolz und Freude über ihre, trotz Leid und Scheidung, ungebrochene Schöpferkraft, ihren herrlichen Lebensmut und ihre Lust auf alles, was das Leben lebenswert macht, in einer Zeitungsannonce bei denen, die ihr gratuliert hatten zum 50. Und seitdem wird sie von denen, die es nicht gewusst hatten, wie ihre bislang nette Verkäuferin, schief angesehen. So unter dem Blickwinkel – sieh mal die alte Schachtel, so alt wie ich und traut sich noch in ein leuchtend rotes Kleid!

      „Die enge Hose und auch noch weiß, na, so jung sind Sie ja wohl auch nicht mehr, meine Gute“ – das sagte ihr spitz eine dicke, pardon, vollschlampige 30-Jährige glatt ins gepflegte Gesicht.

      Und die Männer, die sie so umschwärmt hatten, als sie noch „38“ war? „Shoking“, sagten diese, als ein fast 55-Jähriger sie just am Tage ihres Geburtstages zur Frau nahm. Immerhin hatte er die Anzeige in der Zeitung mit der Wirklichkeit verglichen und sich Hals über Kopf in sie verliebt, in diese „attraktive, sportliche, unternehmungslustige Frau, FSA, 50 Jahre jung“. So was, sagten Männer zu ihm, so eine alte Frau heiratet man doch nicht.

      Und sie, meine beste Freundin, träumt, wenn sie ein Star wäre, dass man hinter vorgehaltener Hand tuscheln könnte, „sie soll uralt sein, an die 50, aber man sieht ihrs noch gar nicht an, nicht wahr, aufregend, die Frau, hm, mit der … Aber, aber, was denn, mit so einer Alten?

      Ich habe „mein“ Haus gefunden. Lange gesucht, fast ein Jahr. Ein altes Haus in der August-Bebel-Straße. Ich erzähle es meinem Vater.

      Er: „Den haben sie immer umgedreht.“

      Ich: „Wen?“

      Er: „Den Bebel, im Auerhahn.“

      „Wo?“

      „In der alten Kneipe in unsrer Straße.“

      „Umgedreht – wie denn?“

      „Na, an der blau gestrichenen Wand…“

      Also, die Geschichte dazu geht so: Sozialdemokratische Versammlung anno 1913 in Ruhla. Jungs, mein Vater einer von ihnen, 6 Jahre jung, Jahrgang 1907, auf Horchposten draußen vor der Kneipe, sein Vater saß mit drin. Der „Schandarm“ kam – ein Zeichen von draußen nach drinnen – das Bild wurde umgedreht.

      Ich: „Was war auf der Rückseite?“

      „Na, nichts, der Rahmen… Der Gendarm mit Pickelhaube und Seitensäbel. Der Wirt hat ihm ein Glas Schnaps angeboten. Immer. Erst hat er sich geziert, dann getrunken… Noch eins. Beim zweiten Schnaps tat er immer die Pickelhaube ab und setzte sich neben der Theke unter die Treppe. Nach dem 3.: Haube auf, Säbel an, weg war er…“

      PS: Anlass für diese Geschichte war das Geschehen anno 1913 in einer Kleinstadt, die nach dem 1. Weltkrieg „Klein-Moskau“ oder „Rotes Ruhla“ genannt wurde.

      Im Kindergarten war gerade Zeichenstunde, als die Sturmwarnung kam – mitten am Tag und dazu die Nachricht, dass die Kleinen in Kürze von den Eltern abgeholt und nach Hause gebracht werden.

      Dazu bekam ich frei vom Chef und erfuhr von der Kindergärtnerin, dass mein Söhnchen seine Zeichnung von einem Haus sehr eigenwillig gefertigt hat. Ein Hochhaus sollte gemalt werden, mit vielen Fenstern. Und was hat er gemacht, als diese Sturmmeldung kam? Alle schönen hellen Fenster von oben bis unten am Hochhaus hat er schwarz angemalt, wie ein Trauerflor am Haus sah das aus. Auf die etwas entgeisterte Frage von Mutter und Betreuerin, was das soll, hatte der kleine Schlaumeier eine total logische Antwort: „Da kann doch der Sturm nicht reinkommen, ich hab die Fenster alle zugemacht“.

      Schön und gut, aber was hat das sturmsichere Haus mit der unpassenden Bockwurst zu tun? Die Hausgeschichte erzählte ich unserer Buchhändlerin. Die meinte lachend, dass sie auch so eine Geschichte mit ihrem Sohn erlebt hat:

      Er – in der ersten Schulklasse – sollte wie alle Schüler