Babaji - Pforte zum Licht. Gertraud Reichel

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Название Babaji - Pforte zum Licht
Автор произведения Gertraud Reichel
Жанр Эзотерика
Серия
Издательство Эзотерика
Год выпуска 0
isbn 9783945574751



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hatte, nochmals in mich hineinzuschauen. Ich war ein Hindu, ich war ein Christ, ich war ein Jude, ein Buddhist! Es gab keinen Zweifel. Und prompt wiederholte Babaji laut, was ich schon ausgesprochen hatte: "Sie ist ein Hindu", und winkte mir, durchzukommen.

      Ich versuchte, an dem Priester, der sich mir in den Wege gestellt hatte, vorbeizukommen. Aber wie es nun einmal auf der Welt ist, der festgesetzte Glaube, die auferlegten und anerzogenen Schranken hielten auch den Priester gefangen, er ließ mich nicht an sich vorbeischlüpfen. Dabei versperrte er mir mit seinem prallen, hervorstehenden Bauch den Weg. Einem inneren Impulse folgend, zwickte ich kräftig in die oberste Fettschicht hinein.

      "Autsch!", überrascht schrie der Priester auf. So etwas war ihm noch nicht vorgekommen. Ich hatte seine Autorität untergraben!

      Babaji hatte sich unterdessen umgedreht und war langsam im Tempel verschwunden. Diese Begebenheit bildete den Auftakt zu mehreren hitzigen Diskussionen über Religionen nicht nur zwischen seinen indischen Schülern, sondern auch zwischen Hindu-Priestern.

      Babaji betonte immer wieder die Einheit aller Religionen, - die, Flüssen gleich, alle in den großen Ozean münden - und die Gleichheit aller Menschen. Religionsbedingte oder sozialpolitische Einschränkungen wie Rassen- und Kastenunterschiede ließ er nicht gelten, sondern fegte sie hinweg. In seinem Ashram saßen Unberührbare neben Brahmanen, arbeiteten nebeneinander im Flusstal von Haidakhan, um Bollwerke gegen den reißenden Fluss zu errichten. Brahmanen, die gemäß ihren Sitten, nur gesondert zubereitetes Essen zu sich nehmen, mussten sich daran gewöhnen, mit allen Anwesenden gemeinsam zu speisen und die Andacht nebeneinander zu verrichten.

      Babaji war frei, kein von den Menschen erlassenes Gesetz konnte ihn binden. Er herrschte über alle Naturgesetze, befehligte den Naturgewalten und den Elementen.

      Die Regenwolken lichteten sich bei einem Fest, das im Freien stattfand, und es fuhr fort zu regnen, sobald es beendet war. Ein ungewöhnliches Ereignis, denn Sturzfluten fielen wochenlang während des Monsuns vom Himmel. Sicher überquerte er barfuß den reißenden, von Geröll übersäten Strom in Haidakhan zur Hochwasserzeit, und niemand kam zu Schaden, der mit ihm ging. Zubereitetes Essen vermehrte sich auf unsichtbare Art, wenn unerwarteter Weise viele Besucher im Ashram eintrafen. Es waren immer die Menschen, die ihm ihre Gesetze auferlegen wollten. In manchen Dingen gab Babaji ihnen nach, wenn sie von ihren Sitten, Gebräuchen und ihrem Denken gefangen waren, und ihr gegenwärtiger Bewusstseinszustand kein erweitertes Verständnis zuließ.

      Als Europäerin fiel mir besonders die Rollenverteilung der Geschlechter auf. Von Gleichheit war hier bei den Einheimischen nichts zu spüren. Der eine nahm Vorrechte für sich in Anspruch, der andere wurde in seiner Entfaltung beschnitten. Und so gab es nach indischer Sitte in Haidakhan den Brauch, dass Frauen, die ihre Periode hatten, drei Tage nicht den Tempel betreten, gesondert ihr Essen einnehmen mussten, geschweige denn in Babajis Nähe weilen durften. Man fürchtete, unrein zu werden, und davor wollte man den Tempel und Babaji schützen, der über allen Dingen stand. Welch ein Widerspruch!

      ***

      Nie glich ein Tag dem anderen in Kalkutta. Eines frühen Morgens, die Sonne war gerade aufgegangen, besuchten wir mit Babaji den Kali-Tempel. Dieser Tempel, in der Altstadt gelegen, ist wohl der älteste und heiligste dieser Millionenstadt.

      In der westlichen Welt ranken sich die schaurigsten Geschichten um Kali, der schwarzen, langzungigen, alles verschlingenden Göttin.

      Der Name Kal (a,i, mask., fem.) hat zwei Bedeutungen: er steht für die Zeit oder Ewigkeit, und für die Farbe schwarz. Aus der Dunkelheit ging das Licht, die gesamte Schöpfung hervor (siehe Bibel: und es ward Licht) und kehrt durch den Tod, die Auflösung, wieder zu ihr zurück. Alles was existiert, befürchtet das Ende seiner Existenz, deshalb wird Kali, die Schwärze, so schreckenerregend dargestellt. Aber jenseits des Todes und der Zerstörung herrscht die Ewigkeit, und nur, was beständig ist, ist Glück und Freude spendend. So ist die Verehrung dieser Göttin zu verstehen, wie überhaupt jede Gottheit in Indien als ein Aspekt des Einen verstanden wird.

      Der Kali-Tempel war überfüllt, eine dichtgedrängte Menschenmenge machte es unmöglich, ihn zu betreten. Einblick jedoch gewährte uns ein hoch gelegenes, kleines Türchen, das der Statue gegenüber lag. Unser Blick fiel auf Babaji. Einem Felsen gleich stand er in der wogenden, sich schiebenden Brandung der Menschenleiber, der Statue gegenüber. Er winkte hinauf, wir sollten durch das Törchen zu ihm hinuntersteigen. Eine Zeitlang richteten wir schweigend den Blick auf Kali. Seit Ewigkeiten schien sie dazustehen, unberührt vom weltlichen Treiben um sie herum. Eine Welle der Kraft ging von Babaji und der Statue aus, die mich fast wanken ließ. Kurz darauf reichte uns Babaji seine Hand, um hinaufzusteigen. Wenig später fuhr er zurück zum Haus, wo ihn Hunderte von Menschen erwarteten. Wir folgten ihm zum Darshan.

      In der Halle war noch ein Plätzchen frei. Ich setzte mich und schaute Babaji zu, wie er seinen Segen erteilte. Unter den Anwesenden befand sich ein vor wenigen Stunden angekommener Deutscher. Er stand seitlich neben Babaji zwischen einigen Indern und hielt einen geschlossenen Pappordner in der Hand. Mit einigen Worten überreichte er ihn Babaji. Dieser blickte kurz hinein, klappte ihn nickend zu und rief mich.

      "Hier ist ein Manuskript, lies es und erzähle mir, was es enthält!"

      Wieder auf meinem Platz in der Menge öffnete ich den Ordner und durchflog flüchtig einige kurze Passagen. Plötzlich liefen mir die Tränen übers Gesicht. Hier war eine Seele, die sich langsam dem Göttlichen öffnete und sich, zuerst noch etwas zaghaft, Gott übergab. Der ganze Schmerz ihrer Einsamkeit, ihrer langen Suche und schließlich ihre Glückseligkeit, am Ziel angelangt zu sein, durchflutete mich. Die Bedeutsamkeit, das Kostbare dieser Begegnung, erschütterte mich zutiefst. Bewegt blickte ich zu Babaji hin. Er hatte mich beobachtet und jede meiner Regungen wahrgenommen. Lächelnd nickte er zu mir hin. Was letztlich in dem Manuskript stand, war unbedeutend. Wichtig war die innere Entfaltung des Autors. Als ich endlich Zeit und Muße fand, es gründlichst zu studieren, fand ich meinen ersten Eindruck bestätigt, und vom Autor nach meiner Meinung gefragt, erwiderte ich im Hinblick auf das Essentielle:

      "Es ist das Schönste, was du Babaji hast schenken können."

      Babaji hörte gar nicht zu, als ich ihm den Inhalt bei der nächsten Gelegenheit stichwortartig vortrug. Das überraschte mich nicht; sobald er etwas Geschriebenes in der Hand hielt, kannte er dessen Inhalt. Das Manuskript hatte seinen Zweck erfüllt.

      Zurück in meinem Zimmer überdachte ich weitere Erlebnisse, in denen durch Babajis Führung mein Herzchakra geweitet worden war. Wie und wodurch Babaji im Einzelnen an mir arbeitete, weiß ich nicht. Ich spürte nur die Auswirkungen. Waren sie die Folgen seiner in die Tat umgesetzten Lehren?

      Beim Karma Yoga im Ashram hatte ich, wie so oft, mit den Steinen gearbeitet. Das Flusstal von Haidakhan ist von vielen großen und kleinen Felsbrocken übersät, von denen Babaji sagte, es seien Seelen. Damals wusste ich noch nicht, dass dichteste Materie, also Fels und Steine, ein ihnen eigenes Bewusstsein haben. Ich hob sie auf und trug sie an einen anderen Ort, wo sie gebraucht wurden. Nicht weit entfernt, rauschte der klare Fluss vorbei, am blauen Himmel strahlte die Sonne, die Steine waren rund und sonnenwarm. Von ihnen gingen wundersame Vibrationen aus, Vibrationen einer ungeheuren Liebe. Sie übertrugen sich von dem Stein, den ich in der Hand hielt, und von all den anderen, die rund herum verstreut lagen, auf mich; es war eine Liebe, so groß und mächtig wie sie unter Menschen nicht zu finden ist. Überrascht hielt ich inne und vertiefte mich in dieses wunderbare Gefühl, das mich durchströmte. Die ganze Schöpfung, einschließlich meines Wesens, der ganze Kosmos schwang, bebte, erzitterte in den Strahlen der Liebe, die allem Sein innewohnt, bei uns Menschen aber verschüttet sind.

      Wie gewaltig musste die Liebe sein, die Babaji den Menschen gegenüber empfand! Eine Ahnung dieser alles umfassenden Liebe hatte ich soeben erfahren.. Während ich versuchte, in diesem Gefühl zu bleiben, fiel mein Blick auf eine junge Frau neben mir. Sie war gerade aus Deutschland angekommen. Was mag wohl Babaji verspüren, wenn er seine Schüler nach vielen Monaten wiedersieht? Sinnend schaute ich sie an, als ich erneut und unerwartet von einer gewaltigen Liebe ergriffen wurde. Sie durchflutete, vom Herzchakra ausgehend, meinen Körper und hüllte mich und alle, die um mich herum waren, in ein loderndes Feuer ein. Welch eindrucksvolle Antwort auf meine Frage, keine