Babaji - Pforte zum Licht. Gertraud Reichel

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Название Babaji - Pforte zum Licht
Автор произведения Gertraud Reichel
Жанр Эзотерика
Серия
Издательство Эзотерика
Год выпуска 0
isbn 9783945574751



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erscheinen; ich würde erst gar nicht mit diesen Ansinnen an ihn herantreten. Welchen Zweck hatte es, die Aufmerksamkeit dem Veränderlichen anstatt dem Beständigen zuzuwenden?

      Meine Bekannte war "Gouverneurin" bei Maharishis Transzendentaler Meditation gewesen, kam zu Babaji und fühlte sich zwischen ihm und dem Christentum hin- und hergerissen. Sie folgte nun dem Weg ihres Herzens, wie Babaji ihr riet, und hatte aus diesen drei Lehren das ihr wesentlich Erscheinende herauszogen.

      Und so fragte ich Babaji, während ich ihm den Brief aushändigte: "Ist der Weg, den sie geht, der richtige für sie?"

      Babaji nahm das Kuvert in die Hand, schaute hinein und blickte sekundenlang still und unbeweglich vor sich hin. Dann drehte er sich um und wiederholte mehrere Male: "Ist richtig, ... ist richtig!"

      In dem kurzen Schweigen war mir, als besuche Babaji meine Freundin im Geiste und lese in ihr, wie in einem offenen Buch.

      Dieses Gebaren hatte ich schon einmal deutlich an ihm in Haidakhan, dem Ort seines Ashrams in den Himalaya-Bergen, wahrgenommen. Meine Mutter hatte ihm ein kleines Geschenk mitgegeben. Dankend hatte er es entgegengenommen, aber kein Wort dazu gesagt. Viel sprach er nie, nur das Nötigste. Bittend hatte ich gefragt: "Hast du meiner Mutter etwas zu sagen?" Und so erlebte ich zum ersten Mal, wie Babaji, umringt von vielen Menschen, sein Bewusstsein von der Außenwelt zurückzog, kurz reglos dasaß und sich konzentrierte. Als er wieder zum Leben erwachte, schauten mich seine Augen strahlend an, und er sagte: "Schicke ihr meinen Segen!"

      Da wusste ich, dass Babaji in die Seele meiner Mutter geschaut und sie für wert befunden hatte.

      ***

      Kalkutta. Mein Gepäck fand ich im Hause des Gastgebers wieder. Die riesige Wohnung, für europäische Verhältnisse überdimensional groß, lag im zehnten Stock eines Hochhauses. Sie bestand aus zwei Etagen, einer offenen Dachterrasse, einer unübersehbaren Zimmerflucht und einem Empfangssaal mit Empore, in dem gut fünfhundert Leute Platz hatten. Die Koffer und Taschen derer, die Babaji auf dem Flug begleitet hatten, lagen in einem Zimmer, das mit einer raumausfüllenden Matratze ausgelegt war. Hier waren wir also untergebracht. Noch während ich meinen Schlafsack ausrollte, mich häuslich niederließ, trafen nach und nach meine Zimmergenossen ein. Es waren sieben Männer, darunter Sri Muniraji, von dem Babaji sagte, er sei nicht mehr dem Geburtenkreislauf unterworfen, und Shastriji. Die beiden Ehefrauen hatten sich in Luft aufgelöst. Bei dem Gedanken an mögliches Geschnarche fielen mir meine Oropax ein, die ich vorsorglich eingepackt hatte, und so wurde die Sorge über eine mögliche schlaflose Nacht schnell verdrängt. Ich war ohnehin übermüdet. Der schlaflosen Nacht im Flugzeug von Deutschland nach Delhi war ein Tag ohne Rast mit Babaji gefolgt, und darauf vier Stunden Nachtruhe bei meinen Bekannten. Zudem machte sich die Zeitverschiebung bemerkbar!

      Die Fahrt hierher zu unserer Unterkunft war merkwürdig verlaufen. Sie bestand aus einer Hetzjagd. Niemand hatte mir gesagt, wo Babaji sich aufhalten würde, wo ich unterkommen könnte. Flüchtig hatte mir jemand am Flughafen zugeraunt, ich solle mich nicht um mein Gepäck sorgen und war im Getümmel der Menschenmenge verschwunden, bevor ich meinen Mund öffnen konnte. Babaji selbst war ehrfurchtsvoll mit Blumengirlanden empfangen worden und im Nu mit seinen Gastgebern im Auto aus dem Gedränge und Geschubse der Menschen entschwunden. Ebenso seine Begleiter. Ich selbst sprang in das Auto eines europäischen Schülers - es war ihm und den westlichen Anhängern zur Verfügung gestellt worden - und bat ihn, Babaji zu folgen. Wo er war, würde mein Gepäck auftauchen und ich eine Bleibe finden.

      Babaji fuhr nicht sogleich zu seiner Unterkunft, sondern besuchte auf dem Wege dorthin verschiedene indische Familien. Irgendwie gelang es uns, trotz des unübersichtlichen Verkehrs, an seinen Fersen zu bleiben. Endlich gelangten wir zu einem Hochhaus, in dem ich unsere Unterkunft vermutete. Hier war nichts von der üblichen Geschäftigkeit zu bemerken. Eine bleierne Stille lag über dem Haus, in der Babaji mit seinen Begleitern verschwunden war. Ich zögerte einzutreten und wartete in der Eingangshalle der Wohnung. Mir fielen die Bilder eines mir unbekannten Yogis auf und die einer Frau, die in diesem Hause verehrt wurden. Später erfuhr ich, dass hier der bekannte Yogi Sita Ram Dass, der Millionen von Anhängern in Kalkutta und der ganzen Welt hat, im Sterben lag. Als er die Zeit seines Ablebens kommen fühlte, hatte er Babaji wochenlang zuvor gebeten, ihm ein letztes Darshan zu gewähren. Da Babaji wusste, dass der letzte Moment noch nicht gekommen war, hatte er ihn vertröstet. Nun saß er an seinem Bett und hatte dem Sterbenden Wasser vom Gautama Ganga, dem heiligen Fluss Haidakhans, mitgebracht und drei Tulsiblätter.

      Kurz nach Babajis Besuch verschied Sita Ram Dass. Wenige Tage später beim öffentlichen Darshan ließ Babaji verkünden, dass der Geist dieses großen Yogis in seinen engsten Schüler, Sri Muniraji, eingegangen sei. Jeder musste sich vor Sri Muniraji verneigen und alle wurden aufgefordert, "Sita Ram Dass Omkar" auszurufen.

      ***

      Die erste Nacht in Kalkutta überstieg meine Befürchtungen. An Schlaf war nicht zu denken. Bis um Mitternacht wurde im Zimmer gesprochen, das Licht brannte, und um ein Uhr, als vorübergehend eine erholsame Stille eingetreten war, hub ein Schnarchkonzert an, das mich - trotz der Oropax - fluchtartig das Zimmer verlassen ließ. Auf der Freiluftterrasse hoffte ich, den langersehnten Schlaf zu finden, doch vergebens. Myriaden hungriger Moskitos überfielen mich... da zog ich doch das Schnarchkonzert vor!

      Während der nächsten zwölf Tage, so schien mir, war ganz Kalkutta auf den Beinen, um Babaji zu sehen. Die Gastgeber hatten eine Ankündigung über seinen Besuch samt einem Foto in die Zeitung gesetzt. Zu Tausenden drängten sich die Menschen vom frühen Nachmittag bis spät abends in den Saal hinein, überreichten ihm Blumen, Süßigkeiten, empfingen Babajis Segen und strömten wieder hinaus. Eng aneinander gepresst standen sie auf der Straße, kilometerlang, die Menschenschlange schien kein Ende zu nehmen.

      Mit anderen hatte ich im Saal einen Platz gefunden. Meine Aufmerksamkeit war ganz auf Babaji gerichtet, niemand und nichts konnte mich ablenken. Durch meine Augen nahm ich ihn in mir auf, zog seinen Anblick in meine Seele. Dieses Bild des gütigen Vaters, liebevoll und aufmerksam, wollte ich ewig in mir tragen. Leise stimmte ich in den Gesang mit ein und fragte mich im Stillen, was denn die Leute veranlasste, zu Babaji zu kommen. Sicherlich hatten nicht alle spirituelle Ambitionen, sondern waren aus Neugier erschienen.

      Diesem Gedanken hing ich eine Zeitlang nach. Dann kam die Erklärung in der typischen Art, wie Babaji oftmals Fragen beantwortete. Ich wusste intuitiv, dass, sobald ein Samenkorn benetzt wird, es sich zu regen beginnt. Der Wachstumsdrang in ihm veranlasst es, sich nach mehr Wasser zu sehnen. Erhält und nimmt es weitere Nahrung auf, gedeiht es und trägt Früchte. Fehlt sie, verkümmert und verdorrt es. Ähnlich ist es mit den Menschen.

      Da ich nur Augen für Babaji hatte, bemerkte ich nicht, wie außergewöhnlich es den sittenstrengen Indern erscheinen musste, dass ich, als einzige Frau, mit so vielen Männern in einem Zimmer schlief. Sie störten mich nicht, ich nahm sie kaum zur Kenntnis. Ich brauchte mit niemandem zu reden, sondern konnte mit mir und meinen Gedanken an Babaji alleine sein. Shastriji, der ehrwürdige sechsundsiebzigjährige Sanskrit-Priester, erschien immer nur tagsüber im Zimmer, las in seinen heiligen Büchern und war ganz in sich gekehrt. Die Nächte verbrachte er in Babajis Zimmer. Sri Muniraji hatte es sich an der mir gegenüberliegenden Zimmerwand bequem gemacht. Auch er vertiefte sich, wenn er nicht bei Babaji weilte, in die heiligen Schriften, vornehmlich der Haidiyakhandi Sapta Sati, einem Gebetshymnus zu Ehren der göttlichen Mutter. Ab und zu warf er mir ein aufmunterndes Lächeln zu und erkundigte sich liebevoll nach meinem Befinden. Die ersten schlaflosen Nächte waren nach wie vor unangenehm. Dieser Zustand änderte sich jedoch schlagartig, als Babaji einmal in das Zimmer kam und sich schweigend für einige kurze Sekunden auf mein Lager stellte. Prompt schlief ich in den folgenden Nächten tief, fest und traumlos.

      ***

      Wie in Haidakhan, dem kleinen Ashram Babajis, in der Kumaon Region des nördlichen Himalaya, begann der Morgen auch hier mit einer Zeremonie, die mich stets tief berührte. Zwischen 4 und 5 Uhr in der Früh trug Babaji jedem, der um Erlaubnis gebeten hatte, Chandan auf die Stirn. Chandan besteht aus einem Gemisch aus Sandelholzpulver und Kampfer. Die Paste wird entweder in drei waagerechten oder drei senkrechten Strichen aufgetragen. Ein roter Punkt aus dem Puder der Kum-Kum Blume kennzeichnet das Stirn-Chakra, das geistige, dritte Auge.