Aus, Äpfel, Amen (2) Ria, de Kloa 1948 bis 1951. Mia May-Esch

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Название Aus, Äpfel, Amen (2) Ria, de Kloa 1948 bis 1951
Автор произведения Mia May-Esch
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783960083573



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Zuhausegebliebenen haben den Nachmittag gut verbracht. Nun gibt es am Abend noch ein wenig Essen. Ich bin aber so müde, dass ich bald ins Bett auf das kleine Sofa im Flur gehe.

       Ein wunderschöner, aber auch anstrengender Tag ist vorbei.

       Nach dem großen Fest

      Es sind noch Osterferien und ich kann mich gut erholen. Tante Resi und Tante Kuni bleiben noch hier. Das Essen vom Feiertag reicht auch noch am nächsten Tag. Ich freue mich schon auf den Nachmittagskaffee und die Torte. Aber nein! Leider hat die Füllung der Torte, das Apfelkompott, nicht gehalten, ist sauer geworden und hat den Tortenboden aufgeweicht. Mama kann die restlichen Tortenstücke nur noch wegschmeißen! Dafür sind noch Rohrnudeln da, die sind auch gut.

      Die übrigen Ferientage sind schnell vorbei. Mama frisiert meine schönen Stopsellocken aus und ich bekomme wieder meine Zöpfe. Alles, was noch vom Festessen da war, ist vertilgt. Ebenso mein Kuchen-Osterbätzl. Die Tanten reisen ab. Das Leben nimmt wieder seinen normalen Verlauf.

      Meinen Heiligenschein lege ich wieder ab, denn ich merke, dass es sehr schwer ist, ein heiliges, gottgefälliges Leben zu führen. Da ist es schon angenehmer, einige Sünden zu begehen und diese am nächsten Beichttag zu bekennen.

      Einen Sonntag später verkündet der Pfarrer den Termin zur Abgabe der Beichtzettel. Ich werde mit den Beichtzetteln von Mama und Papa und meinem sowie einer kleinen Geldspende in den Pfarrhof geschickt. Dort steht schon eine Schlange. Man wartet, bis man drankommt. Der Pfarrer sitzt am Schreibtisch. Er hat eine Liste mit namentlicher Aufzeichnung der Pfarrkinder. Jede Abgabe wird vermerkt und der Pfarrer nimmt auch die Geschenke entgegen. Bei den Bauern wird diese Pflicht meist in Form von Naturalien erledigt.

       Ohne Beichte beginnt man eine schwere Sünde, daher ist die Kontrolle so wichtig.

       Die Kommunionfotos

      Zwei Wochen nach dem Weißen Sonntag fahre ich mit Tante in die Stadt, weil wir meine Fotos abholen wollen. Ich bin schon neugierig! Im Eingangsbereich bei Foto Scheuerer sind in Schaukästen die schönsten der Kommunionfotos ausgestellt.

      Mehrere Leute stehen davor und äußern sich bewundernd über die schönen Aufnahmen. Die schauen bestimmt gerade das Bild von mir an! Ich stelle mich auf die Zehenspitzen, um endlich einen Blick auf mich werfen zu können. Aber die Leute vor mir begrenzen mein Blickfeld. Da sehe ich mich nicht.

      Endlich weichen diese Langweiler. Ohne einen Blick auf die Schönste, die direkt hinter ihnen steht, zu werfen, machen sie Platz. Meine Augen durchlaufen die Reihen der Fotos. Ja, wo bin ich denn? Mir fallen fast die Augen aus dem Kopf, aber ich bin nicht dabei! Das gibt es doch nicht, das kann doch nicht wahr sein!

      „Also, geh jetzt endlich! Du kennst die auf den Bildern ja doch net“, mahnt Tante.

      Wir betreten den Laden und holen die Bilder ab. Na ja, so schön bin ich wirklich nicht darauf. Ich frage die Tante: „Wie schau ich denn auf dem Bild aus?“

      Sie mustert mich mit ihren Goldplättchenaugen und meint: „Ja mei, du schaust halt aus, wiast halt ausschaust.“

      Also, ein besonderer Fotograf ist der Scheuerer meiner Meinung nach nicht!

      Aber einen kleinen Trost gibt es doch, denn auch von anderen Lentinger Kommunionkindern sind keine Fotos ausgestellt! Der Fotograf hat bestimmt was gegen Landkinder.

       Fronleichnam

      So ganz vergessen sind wir Kommunionkinder aber noch nicht. An den hochheiligen Feiertagen dürfen wir dieses Jahr in unseren weißen Kleidern teilnehmen. Besonders wichtig für uns ist Fronleichnam mit dem Flurumgang. Einige Tage vorher schaue ich schon immer auf das Wetterhäusl. Immer kommt die Frau heraus und kündigt Sonnenschein an. Wirklich, das Wetter wird schön. Ich möchte nur wissen, wie die kleinen Holzfiguren vom Wetterhäusl immer wissen, wie das Wetter wird. Mama erklärt mir was, aber ich versteh es nicht. „Ja mei, des Weiberl und des Manderl, de wissen des halt“, meint sie lapidar.

      Ja, es ist ein wunderbarer Fronleichnamstag. Wir werden nochmals ausgiebig bewundert. Die vier Altäre sind sehr schön hergerichtet, Blumenteppiche breiten sich davor aus. Überall sind Fahnen gehisst und schöne Tücher liegen über den Fensterbänken. Unter dem von vier Ehrenchristen getragenen Himmel schreitet der hochwürdige Herr Pfarrer mit der Monstranz in der Hand segnend durch die Fluren und Straßen. Unter feierlichem Glockengeläut ziehen wir nach dem Umgang in die Kirche ein und singen aus vollem Halse: „Großer Gott wir loben Dich!“ Und das tun wir auch immer und voller Dankbarkeit.

       Die Maidult

      Im Mai ist in der Stadt allerweil die Dult und natürlich wollen wir Kinder da hin. Beate und ich bengsen (nerven) so lange, bis Tante nachgibt und sich mit uns zur Dult aufmacht. Wir fahren sogar mit dem Zug in die Stadt. Als wir zur Taschenturmstraße kommen, hören wir schon die Drehorgelmusik. Wir werden ganz nervös und würden am liebsten laufen, damit wir ja noch rechtzeitig hinkommen. Tante ermahnt uns, wir müssten brav und sittsam an ihrer Seite bleiben. Sie will uns nicht aus den Augen verlieren. Beate und ich sind da weniger ängstlich, denn wir zwei würden auch alleine heim nach Lenting finden. Aber Tante hat das Geld und ohne Geld ist die schönste Dult nicht schön. Nur auf einer Bank auf dem Scherbelberg zu sitzen und auf das bunte Volksfesttreiben herunterzuschauen ist auch nicht unser Ziel.

      So aber stellt sich Tante erst mal für eine Zuckerwatte an. Mit diesen fein gesponnenen Zuckerbauschen in der Hand geht es durch das Getümmel. Da kommt das Kinderkarussell mit den Pferdchen, den Autos, der Feuerwehr und den Postkutschen. Damit durfte ich als kleines Kind immer fahren. Das würde ich auch jetzt gerne wieder tun, denn das Karussell fährt langsam und da wird mir nicht schlecht.

      „Des is doch nichts mehr für dich“, meint Tante.

      Wir ziehen weiter zum Kettenkarussell. Im Gegensatz zu Beate bin ich gar nicht begeistert. Wenn ich schon sehe, wie schnell sich das Karussell dreht! Mir ist doch schon in dem kleinen Karussell im Kindergarten übel geworden. Aber Tante ist vom Genuss dieser Fahrt überzeugt und will uns daran teilhaben lassen. Als sie die Karten hat, werden wir einfach reingesetzt, die Ketten werden verschlossen, damit wir nicht herausfallen können. Jetzt bin ich mit meinem Elend ganz alleine in der Luft, Beate vor und Tante hinter mir. Sie sind für mich unerreichbar.

      Zuerst dreht sich alles ganz langsam, doch dann gewinnen all die Sitze an Fahrt. Aufgrund der Fliehkraft hängen wir ganz schief auf den harten Brettern der Kettenstühle. Ich trau mich nicht mehr runter- und auch nicht mehr raufzuschauen. Oh mei, mir wird schlecht! Ich mache den Mund auf und schnaufe tief! Es hilft nichts! Ich presse die Lippen zusammen, aber das hilft auch nichts, mir wird immer schlechter! Und ich kann zu niemandem etwas sagen. Tante und Beate sind so weit weg von mir. Hört denn die Fliegerei überhaupt nimmer auf? Nein, die hört nicht auf. Ich glaube, die fahren gerade eine extralange Tour. Ich wage einen Blick hinunter und sehe all die Menschenköpfe unter mir. Alle haben ihre Sonntagskleider an. Wenn ich jetzt brechen muss! Die da unten erschlagen mich dann bestimmt!

      Endlich lässt die Geschwindigkeit nach und langsam kommt das Karussell zum Stehen, die Ketten werden geöffnet, wir dürfen raus! Beate möchte gleich noch mal fahren, aber ich hänge mich an Tantes Hand, torkle die Treppen hinunter und bin froh, dass ich nicht brechen muss.

      Langsam erhole ich mich und wir eilen wichtig zur Geisterbahn. Das gefällt mir. Beate und ich sitzen auf einer Bank, Tante hinter uns. Langsam setzt sich die Bahn in Bewegung. Wir fahren in den finsteren Höllenschlund ein. Erst mal umgibt uns nur Dunkelheit. Beate schreit und krallt sich an mich. Sie hat Platzangst und Angst vor der Finsternis. Darunter leidet sie seit ihrer frühen Kindheit. Weil sie mal unfolgsam war, hat ihr ihre Mutti droben im Friedrich-Haus erst mal den Hintern versohlt, sie dann in den fensterlosen Keller