Das Mal der Burgherrin. Sabine Müller

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Название Das Mal der Burgherrin
Автор произведения Sabine Müller
Жанр Исторические любовные романы
Серия
Издательство Исторические любовные романы
Год выпуска 0
isbn 9783954882588



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erlegten Tiere einzusammeln und zur Burg zu bringen.

      Als der Zug der Edelleute mit Philipp an der Spitze in der Burg ankam, hielten die zurückgebliebenen erstaunt inne. Margareta, die gerade mit Sophie und Agatha auf dem Weg zum Rittersaal war, sah erstaunt hinüber. Was machten die Jäger schon hier? Warum ritten sie nicht und warum sagte keiner ein Wort? Von einer bösen Vorahnung erfasst rannte Margareta über den Burghof und sah, dass einer der Männer über Philipps Pferd lag. Sie trat näher und erkannte entsetzt die Kleidung ihres Sohnes.

      „Was ist passiert? Ist er etwa tot?“, fragte sie fassungslos. Sie sah nur Philipps sprachlosen Blick und sein kreideweißes Antlitz und stürzte sich auf Simon. Sie schlang ihre Arme um ihren Sohn und begann laut zu schluchzen.

      „Was ist nur passiert?“

      Philipp trat zu Margareta und zog sie von dem Leichnam weg. Er drückte sie an sich.

      „Es war wohl ein Unfall. Simon wurde bei der Jagd von einem Pfeil in den Rücken getroffen.“

      Die Edelleute verharrten in betretenem Schweigen.

      Kapitel 6

      Es war ein grauer, trister und kalter Novembertag, als sich der Trauerzug langsam den Berg hoch zum Kloster Wörschweiler bewegte. Er wurde vom Abt des Klosters angeführt, der die Trauergesellschaft zusammen mit seinen Mönchen am Fuße des Klosterberges in Empfang genommen hatte. Hinter ihm folgte der Chor der Mönche, der Psalme und Responsorien erklingen ließ. Sie führten Prozessionskreuze und Fahnen mit sich und schwenkten Weihrauchgefäße und Rauchpfannen. Dann folgten die Sargträger, welche zu sechst die Totenbahre mit dem Sohn des Grafen trugen. Philipp und Margareta führten die Trauergäste an, die zahlreich zur Beerdigung ihres Sohnes erschienen waren.

      Margareta ging wie in Trance auf Philipp gestützt und nahm die Welt durch ihren Schleier aus Tränen kaum war. Als vor wenigen Tagen Philipp mit ihrem toten Sohn nach Hause kam, war für sie eine Welt zusammengebrochen. Ihr einziges Kind, der Erbe der Burg – tot! Sie konnte es immer noch nicht fassen.

      Nach dem Unfall hatte man Simons Leichnam in seine Kammer gebracht und aufs Bett gelegt. Grete und Johanna zogen ihm die schmutzige Jagduniform aus, wuschen ihn und legten ihm ein Leinenhemd an.

      Bruder Hubertus betete für die Seele des Toten. Da dieser ohne Letzte Ölung und ohne den Segen des Herrn gegangen war, waren besonders viele Gebete notwendig, damit seine Seele in das Himmelreich aufsteigen konnte.

      Philipp ließ einen Boten zum Kloster Wörschweiler schicken, damit man Abt Stephanus verständigte, denn er wollte, dass dieser seinen Sohn in der Klosterkirche beerdigte.

      Da Gräfin Margareta von ihrer Trauer wie gelähmt war, regelten Haushofmeister Ulrich und Johanna alles Weitere.

      Man meldete den Vorfall dem Schultheiß, der noch am gleichen Tage auf die Burg kam. Philipp schilderte ihm den Vorgang und reichte ihm den Pfeil, den Simon getroffen hatte. Mithilfe der Liste von Bruder Hubertus ermittelten sie, dass der Pfeil, welcher mit einem schwarzen Ring gekennzeichnet war, von Ritter Gerald, einem Gefolgsmann des Grafen Egbert stammte. Die Grafen konnten bezeugen, dass Gerald bei denen war, die auf die letzten Tiere kurz vorm Teich geschossen hatten. Gerald wurde vor den Schultheiß zitiert.

      „Ritter Gerald, Euer Pfeil hat den jungen Herrn getroffen, ist das richtig?“

      „Ja, Schultheiß, es scheint so.“

      „Als Ihr geschossen habt, habt Ihr da nicht gesehen, dass ein Mann in Schussrichtung gestanden hat?“

      „Nein, ich habe nur auf die Wildschweine geachtet und habe gar niemanden gesehen. Es ist mir ein Rätsel, wie ich Simon treffen konnte.“

      „Aber du musst doch irgendetwas bemerkt haben?“, meldete sich der Graf.

      „Nein, ich habe geschossen und plötzlich lag Simon da. Ich weiß gar nicht, ob es auch genau die Richtung war, in die ich gezielt habe.“

      „Willst du etwa abstreiten, dass dein Pfeil Simon getroffen hat?“

      „Nein, ich kann es nur nicht begreifen!“

      Man befragte die anderen, doch niemand hatte genau gesehen, wie es sich zu getragen hatte.

      Graf Philipp ließ nach Walther rufen.

      „Wo bist du so früh mit Simon vor der Jagd hin und wo wart ihr, als es losging? Ich habe euch gar nicht mehr gesehen.“

      „Simon hatte sich in den Kopf gesetzt, dass er unbedingt ein Wildschwein mit dem Sauzahn erledigen wollte, weil er bei seiner ersten Jagd als Held dastehen wollte. Ich habe versucht ihn davon zu überzeugen, dass das viel zu gefährlich sei, aber es war unmöglich. Er hat sich einfach nicht davon abhalten lassen und deshalb sind wir schon vor euch aufgebrochen und haben am Weiher gewartet.“

      „Warum hast du mich nicht verständigt? Ich hätte ihn gezwungen es nicht zu tun!“, brauste Philipp auf.

      „Ich wollte ihn nicht verärgern, weil wir gerade erst Freunde geworden waren“, erklärte Walther und senkte den Kopf.

      „Aber warum bist du überhaupt mit ihm gegangen?“

      „Ich dachte, wenn ich dabei wäre, könnte ich ein wenig auf ihn achtgeben.“

      „Mit deinem Bein?“

      „Manchmal vergesse ich, dass es nicht mehr so geht wie früher.“

      „Warum warst du dann nicht neben Simon, als er getroffen wurde? Man hat von dir nichts gesehen.“

      „Als ich gemerkt habe, dass ich Simon nicht zur Vernunft bringen kann, habe ich mich zurückgezogen, um rechtzeitig aus der Laufrichtung des Wildes zukommen.“

      „Du hättest ihm wenigstens Deckung geben können!“

      Philipp, der immer auf Simons Heldenmut stolz gewesen war, glaubte nun zu wissen, wie sich alles ereignet hatte. Er besprach sich mit dem Schultheiß. Auch wenn Ritter Gerald nicht vorsätzlich gehandelt hatte, sollte er trotzdem eine Strafe für die Tötung des Grafensohnes bekommen. Der Schultheiß verurteilte Ritter Gerald zu einer Bußzahlung von zwanzig Schilling.

      Gerald musste schlucken. Da musste ihm wohl Graf Egbert unter die Arme greifen, damit er diese Summe aufbringen konnte.

      Philipp beendete das Verhör und zog sich zurück. Hätte Walther ihm doch nur Bescheid gesagt! Wenn er gewusst hätte, dass am Weiher jemand wartet, hätte er die Jäger davon abgehalten, dort unten zu schießen! Aber jetzt war alles zu spät und er konnte Walther nicht dafür bestrafen.

      In der Nacht wurde die Totenwache gehalten und am nächsten Morgen traf Abt Stephanus ein. Er sprach Philipp und Margareta sein Beileid aus und bedauerte den Vorfall sehr. Der Abt sah nach dem Toten und segnete ihn aus, dann begab er sich auf den Rückweg, um die Beisetzung im Kloster vorzubereiten. Der Tote sollte, wie schon andere Grafen von Homburg, im Querhaus der Klosterkirche bestattet werden. Der Totengräber hatte bereits begonnen eine Öffnung vorzubereiten. Ein Steinmetz wurde beauftragt, die Grabplatte herzustellen, die das Grab später abdecken sollte.

      Der Trauerzug, begleitet von den Gesängen des Chores und den Segnungen des Abtes, passierte das Klostertor und die Glocken begannen zu läuten, als sie in die Klosterkirche Einzug hielten. Der Leichnam wurde im Kirchenschiff aufgebahrt und der Sakristan zündete vier große Kerzen an. Der Abt hielt die Totenmesse und Simon wurde zu dem offenen Grab getragen und unter Besprenkeln mit Weihwasser und Beräuchern mit Weihrauch in seine letzte Ruhestätte gelegt. Der Abt bedeckte den Toten mit etwas Erde. Wieder wurde eine Messe gelesen.

      Margareta verließen alle Kräfte. Sie sackte zusammen und Philipp konnte sie gerade noch auffangen. Margareta hatte seit dem letzten Morgen, an dem sie vom Tode ihres Sohnes erfahren hatte, fast nichts mehr gegessen. Johanna und Grete führten die Burgherrin zu einem Wagen. Die Gesellschaft verabschiedete sich vom Kloster und brach auf Richtung Homburg. Dort brachte man Margareta in die Kemenate, während sich die Trauernden zur Totenfeier in den Rittersaal begaben.

      Im