Italien - Gefangen in Land und Liebe. Alexander Frey

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Название Italien - Gefangen in Land und Liebe
Автор произведения Alexander Frey
Жанр Исторические любовные романы
Серия
Издательство Исторические любовные романы
Год выпуска 0
isbn 9783954882502



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      Die Panzer rollten wieder ab. Wann würden wir den nächsten begegnen?

      Noch lange saßen wir in unserem Versteck. Inzwischen hatte die Bäuerin uns gut verpflegt. Wir fühlten uns wieder wohler und gekräftigt. Nur diese innere Unruhe, ein Gefühl der Unsicherheit, schien unüberwindbar.

      Es wurde bereits dunkel, da hörten wir wieder Motorengeräusch. Wir waren auf alles gefasst. Entweder – oder.

      Ein Farbiger kam mit seinem Dodge in den Hof gefahren. Er wollte Schokolade gegen Eier eintauschen.

      Im ersten Moment dachte ich daran, den Wagen mitsamt der Artilleriemunition zu kassieren, um damit zu flüchten. Aber schon im gleichen Augenblick war mir das Unmögliche dieses Unternehmens bewusst. In unseren Uniformen war ein derartiges Unterfangen sinnlos.

      Mit großer Erleichterung registrierten wir, dass der Farbige schon kurz darauf, ohne sich weiter umzusehen, den Hofraum wieder verließ und seine Fahrt in Richtung Verona fortsetzte.

      Nach Einbruch der Dunkelheit krochen wir aus unserem Versteck. Inzwischen hatten die Italiener erfahren, dass die Amerikaner Verona erreicht hatten. Sie kamen sofort und teilten uns dies mit.

      „Jetzt ist es ganz aus, da können wir mit unseren Rennern nicht mehr nachkommen“, war meine erste Reaktion. „Wir müssten abwarten und versuchen, in Zivil weiterzukommen.“

      „Ich gehe nach Castel-Franco hier in der Nähe“, sagte Fritz. „Ich habe da ein paar Bekannte.“

      „Und ich will versuchen, nach Padua zu kommen“, sagte Paul Brandner. „Als Volksdeutscher aus Siebenbürgen kann ich mich jederzeit als Jugoslawe ausgeben, die Sprache beherrsche ich perfekt.“

      „Da werde ich wohl allein gegen die Amerikaner müssen. Ich versuche es jedenfalls, nochmal nach Mantua zu kommen“, legte ich meine Vorstellung dar.

      Die erste Überlegung war das Wechseln der Kleider und die Vernichtung der Waffen.

      Wir verhandelten mit den Bewohnern, die sich inzwischen um uns versammelt hatten. Sie waren über Erwarten freundlich und hilfsbereit. Was wir an Kleidung benötigten, hatten sie in wenigen Augenblicken herbeigeschafft.

      Währenddessen nahmen wir unsere Waffen auseinander. Die Handgranate ohne Zünder und die Maschinenpistolen-Munition flogen in die Dung Grube. Meine Maschinenpistole nahm ich auseinander und übergab sie ohne Munition dem Hausherrn für sein tapferes Verhalten.

      In den Zivilsachen fühlten wir uns schon bedeutend wohler. Die Gefahr war jedoch noch nicht gebannt.

      Nach und nach tauchten aus allen möglichen Winkeln immer mehr Zivilisten auf. Sie kamen aus ihren Verstecken zum Vorschein, aus Luftschutzlöchern und den in der Nähe liegenden Häusern.

      Die Menge wurde immer größer, so dass wir sie nicht mehr übersehen konnten. Was hatte das zu bedeuten?

      Zögernd näherten sie sich uns, um ihre Verwunderung zu zeigen. Dann brachten sie ihre Anerkennung darüber zum Ausdruck, dass wir so viel Mut bewiesen und uns so lange versteckt gehalten hatten.

      Wir konnten jeder ein paar Brocken italienisch, einige der Italiener sprachen sogar ein recht verständliches Deutsch. Nach ein paar Sätzen kamen wir schon zu einem unerwartet herzlichen Ton. Die Unterhaltung wurde immer zwangloser und ausgelassener.

      Man brachte uns Wein, Brot und Fleisch. Mit großem Genuss aßen und tranken wir davon. Seit Tagen hatten wir nicht mehr so gut gelebt. Die ganze Atmosphäre war wohltuend befreiend. Diese offene Unterhaltung belebte unsere Geister und ließ uns alle Angst, Unsicherheit und Gefahr der letzten Tage vergessen. Wir unterhielten uns über das bevorstehende Kriegsende, den Einmarsch der Alliierten in Verona, über die Gastarbeiter in Deutschland, die für uns Waffen bauten und die nun bald wieder in ihre Heimat zurück konnten.

      Trotz dieser spontanen Herzlichkeit und des unerwarteten Entgegenkommens konnte ich mich nicht eines komischen Gefühls erwehren. Ich war mir nicht sicher, ob sie es auch wirklich Ernst meinten mit ihrer Freundlichkeit.

      Plötzlich war eine Ziehharmonika da. Einer spielte, und auf der großen Steinfläche, die zum Trocknen des Getreides diente, wurde getanzt. Man lachte, scherzte und sang. Der Krieg war vergessen.

      „Es lebe der Frieden!“ „Auf das Leben!“ - „Cosi la vita bene!“ sprachen die Italiener mit glänzenden Augen. Bis spät in die Nacht dauerte das kleine Volksfest. Alle schienen Freunde zu sein. Keine Spitzel mehr, kein Hass, nichts als Freude.

      Am nächsten Morgen begann für ans wieder die raue Wirklichkeit. Der „Patrone“ machte uns klar, dass wir weiter müssten, da mit Verrat zu rechnen sei und er uns nicht vor der Rache der Partisanen schützen könne.

      Er schlug vor, dass wir uns trennen sollten. Jeder für sich alleine hätte um so größere Chancen.

      So schwer es uns fiel, mussten wir doch einsehen, dass er Recht hatte. Einer allein konnte sich immer besser durchschlagen und fiel nicht so sehr auf, wie alle drei zusammen.

      Wir nahmen ohne viel Worte Abschied voneinander.

      Der Patrone gab jedem von uns noch einige gute Tipps, wie wir uns am besten verhalten sollten und versorgte uns mit Verpflegung.

      Ich bekam eine schöne Signorina zu diktiert und radelte mit ihr ihn Richtung Mantua. Dort wohnte die Familie von Flora, deren Adresse ich hatte und die ich ja alle gut kannte. Von da aus wollte ich mich später weiter in Richtung Alpen durchschlagen.

      Wir fuhren munter drauf los, nebeneinander, hintereinander, wie es sich gerade ergab und die Straßenverhältnisse es zuließen. Während dieser Fahrt wurde mir zum ersten Mal die veränderte Kriegslage so richtig bewusst. Das ganze Gebiet, das noch bis vor wenigen Tagen von deutschen Truppen beherrscht wurde, hatten jetzt amerikanische Einheiten eingenommen.

      Bei dem ersten Konvoi, dem wir kurz nach unserer Abfahrt begegneten, hatte ich noch ein ziemlich ungutes Gefühl. Da ich aber merkte, dass sie kaum Notiz von uns nahmen, hatte ich auch das schnell überwunden. Immer wieder begegneten wir neuen Fahrzeugkolonnen. Es waren hunderte von Wagen und es schien kein Ende zu nehmen.

      Die Amis, mit ihren riesigen Mengen an Nachschub, wirbelten auf den trockenen Straßen hohe Staubwolken auf. Der feine Staub bedeckte unsere Gesichter und Kleidung. Wir sahen aus wie die Mehlwürmer, aber das störte uns nicht. Auch nicht das Gelächter der Fahrer, die sich über unser Aussehen amüsierten. Wir spielten ein Liebespaar und das gab mir ein beruhigendes Gefühl der Sicherheit.

      Andere der Soldaten winkten uns zu, wir erwiderten lachend ihre Grüße. Ich hatte nicht mehr die geringste Befürchtung, dass noch etwas schief gehen könnte. Bisher ging alles wunderbar glatt.

      In mir jubelte es. Ich hätte dieses schöne tapfere Mädchen vor lauter Freude küssen mögen. Leider blieb mir dazu keine Zeit. Wir mussten so schnell wie möglich Mantua erreichen. Ich durfte den Anschluss nicht verpassen.

      Zu früh gejubelt. Ein Zivilist kreuzte unseren Weg, richtete die Maschinenpistole auf uns und zwang uns zum Absteigen. Unzählige Gedankten schwirrten mir durch den Kopf. Nur mit aller Ruhe gelang es mir, meine Aufregung zu verbergen. Was blieb mir noch übrig? Links führte der Weg nach Ostiglia, rechts die Straße nach Mantua. Es war nur noch ein Katzensprung. Sollte ich jetzt, so kurz vor dem Ziel, noch aufgeben müssen?

      Meine Begleiterin spurte sofort! Sie war einfach fabelhaft, ein wahres Prachtmädel. Sie redete wild auf den Zivilisten ein, ließ ihn kaum zu Wort kommen, gestikulierte mit ihren Händen in alle Himmelrichtungen. Obwohl ich kaum ein Wort verstand, war mir klar, dass sie das Blaue vom Himmel beschwor.

      Ich pfiff währenddessen das italienische Kampflied „Avanti Popolo, Banderi-rosso“. In meinem Äußeren unterschied ich mich nicht von einem Italiener. Schon in der Heimat hatte man mich oft wegen meines dunklen Typs für einen Ausländer gehalten.

      Der Zivilist nickte mir zu, er glaubte, in mir einen Landmann zu sehen und ließ uns passieren.

      Erleichtert setzten wir