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Professor für Mathematik in Nürnberg, den man den ersten elektrischen Märtyrer nennt, beharrte trotzdem hartnäckig auf seinen Forschungen. Er starb 1750 nach einem seiner elektrischen Experimente an einem Schlag.2

      Diese Männer waren nur drei der frühesten Opfer – drei Wissenschaftler, die zur Entstehung einer elektrischen Revolution beigetragen haben, an der sie selbst nicht teilnehmen konnten.

      Sogar Franklin entwickelte eine chronische neurologische Erkrankung, deren Beginn sich auf die Zeit seiner frühen elektrischen Forschungen zurückführen ließ. Sie trat für den Rest seines Lebens regelmäßig immer wieder auf. Obwohl er auch an der Gicht litt, machte ihm jenes Problem viel mehr zu schaffen. Am 15. März 1753 schrieb er über einen Schmerz in seinem Kopf: „Ich wünschte, er wäre in meinem Fuß; ich denke, ich könnte es besser ertragen.“ Als er 1757 in London war, erlitt er einen Rückfall, der fast fünf Monate andauerte. Er schrieb an seinen Arzt über „ein Schwindelgefühl und Schwimmen in meinem Kopf“, „einen Brummton“ und „kleine, schwache funkelnde Lichter“, die sein Sehvermögen störten. Mit einer häufig erwähnten „heftigen Erkältung“ ging in seiner Korrespondenz so gut wie immer eine Beschreibung desselben Schmerzes, eines Schwindelgefühls und von Sehstörungen einher.3 Im Gegensatz zu seinem Freund Dalibard erkannte Franklin jedoch nie eine Verbindung zur Elektrizität.

      Jean Morin, Professor für Physik am Collège Royale de Chartres und Autor der Nouvelle Dissertation sur l’Électricité aus dem Jahr 1748, hielt es grundsätzlich für ungesund, sich der Elektrizität in irgendeiner Form auszusetzen. Um seinen Standpunkt zu veranschaulichen, beschrieb er ein Experiment, das er nicht mit einer Reibungsmaschine, sondern mit seiner Hauskatze durchgeführt hatte. „Ich streckte eine große Katze auf der Bettdecke aus“, berichtete er. „Ich rieb sie, und in der Dunkelheit sah ich Funken fliegen.“ Er machte damit mehr als eine halbe Stunde weiter. „Tausend winzige Feuerzungen flogen hin und her. Bei fortgesetzter Reibung wuchsen die Funken, bis sie wie haselnussgroße Kugeln oder Feuerkugeln aussahen … Als ich meine Augen etwas näher an eine der Kugeln führte, fühlte ich sofort ein lebhaftes und schmerzhaftes Stechen in meinen Augen. Obwohl der Rest meines Körpers den Stromschlag nicht verspürte, folgte dem Schmerz ein akutes Schwächegefühl. Ich fiel um, meine Kraft versagte, und – wenn man das so sagen kann – musste ich dagegen ankämpfen, in Ohnmacht zu fallen. Ich bekämpfte meine eigene Schwäche, von der ich mich einige Minuten lang nicht erholte.“4

      Solche Reaktionen waren allerdings nicht allein Wissenschaftlern vorbehalten. Was heute nur wenigen Ärzten bekannt ist, war den Elektropraktikern des 18. Jahrhunderts und den ihnen folgenden Elektrotherapeuten des 19. Jahrhunderts geläufig: Die Elektrizität hatte Nebenwirkungen. Dabei zeigten einige Menschen eine ausgesprochen große elektrische Empfindlichkeit. Bei anderen wiederum war das unerklärlicherweise nicht der Fall. „Es gibt Personen“, schrieb der Physiker aus dem Languedoc, Pierre Bertholon, 1780, „die auf künstliche Elektrizität ausgesprochen stark reagieren. Ein kleiner Stromschlag, ein einfacher Funke, selbst das elektrische Bad – so schwach es auch sein mag – erzeugte tiefgreifende und dauerhafte Auswirkungen. Bei anderen wiederum stellte ich fest, dass sogar starke elektrische Vorgänge überhaupt keine Empfindung zu verursachen schienen … Zwischen diesen beiden Extremen gibt es entsprechend der individuellen Unterschiede der Menschen viele Nuancen.“5

      Die zahlreichen Experimente von Sigaud de la Fond mit Menschenketten führten nie zweimal zum selben Ergebnis. „Es gibt Menschen, für die Elektrizität verhängnisvoll und sehr schädlich sein kann“, erklärte er. „Die Auswirkung hängt vom körperlichen Zustand derjenigen ab, die sie verspüren. Darüber hinaus spielt die Empfindlichkeit oder Reizbarkeit ihrer Nerven auch eine Rolle, so dass es in einer Kette aus vielen Personen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zwei gibt, die den Stromschlag mit genau derselben Intensität wahrnehmen.“6

      Der Arzt Mauduyt befand 1776: „Die körperliche Verfassung hängt in hohem Maße von der Kommunikation zwischen Gehirn, Rückenmark und verschiedenen anderen Teilen über die Nerven ab. Diejenigen, bei denen diese Kommunikation beeinträchtigt ist oder die unter einer nervösen Krankheit leiden, sind dann stärker betroffen als andere.“7

      Nur wenige andere Wissenschaftler haben versucht, diese Unterschiede zu erklären. Sie stellten sie einfach als Tatsache hin. So alltäglich wie die Tatsache, dass manche Menschen dick oder dünn und manche groß oder klein sind – aber dennoch eine Tatsache, die zu berücksichtigen war, wenn man Elektrizität als eine Behandlungsmethode anbieten oder Menschen ihr anderweitig aussetzen wollte.

      Sogar Abbé Nollet, der die menschliche Kette populär machte und einer der wichtigsten Vorreiter auf dem Gebiet der Elektrizität war, berichtete von Beginn seiner Aktionen an über die Unterschiede der menschlichen Verfassung. „Besonders schwangere Frauen und zarte Personen“, schrieb er im Jahr 1746, „sollten der Elektrizität nicht ausgesetzt werden.“ Und später: „Nicht alle Menschen sind gleichermaßen für Experimente mit der Elektrizität geeignet; es bestehen große Unterschiede, sei es, um ihre Kraft auszulösen, sie zu empfangen oder letztendlich ihre Wirkung zu spüren.“8

      Der britische Arzt William Stukeley war bereits 1749 mit den Nebenwirkungen der Elektrizität so vertraut, dass er nach einem Erdbeben in London am 8. März desselben Jahres beobachtete: „Manche Menschen verspürten Gelenkschmerzen, Rheuma, Übelkeit, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, hysterische und nervöse Störungen … genau wie bei der Elektrifizierung; und für einige war es sogar tödlich.“9 Für ihn war damit klar, dass elektrische Phänomene bei Erdbeben eine wichtige Rolle spielten.

      Und Humboldt war so erstaunt über die außergewöhnlich breite Vielfalt der menschlichen Reaktion, dass er im Jahr 1797 schrieb: „Es wird beobachtet, dass die Empfindlichkeit für elektrische Reizungen und die elektrische Leitfähigkeit individual genauso verschieden ist, wie die Phänomene der lebenden und toten Materie.“10

      Obwohl der heute wieder verwendete Begriff „Elektrosensibilität“ eine glasklare Wahrheit offenbart, verbirgt er gleichzeitig eine andere Realität. Die Wahrheit ist, dass nicht jeder die Elektrizität in gleichem Maße fühlt oder leitet. In der Tat, wenn es allgemein bekannt wäre, wie groß das Spektrum der Empfindlichkeit tatsächlich ist, wären die meisten Menschen genauso erstaunt wie Humboldt seinerzeit und wie ich es heute noch bin. Aber die verborgene Realität ist, dass die Elektrizität, so groß die offensichtlichen Unterschiede zwischen uns auch sein mögen, immer noch ein unentbehrlicher Bestandteil unseres Selbst ist, so notwendig für das Leben wie Luft und Wasser. Der Gedanke, dass eine Person von Elektrizität nicht beeinflusst wird, nur weil sie sich dessen nicht bewusst ist, ist absurd. Genauso unsinnig, als würde man sagen, dass Blut nur dann durch unsere Adern fließt, wenn wir Durst verspüren.

      Elektrisch empfindliche Menschen beschweren sich heutzutage über Stromleitungen, Computer und Mobiltelefone. Die Menge an elektrischer Energie, die durch all diese Technologien nebenbei zusätzlich in unserem Körper abgelagert wird, ist weitaus größer als die, die von den Elektropraktikern mit den Maschinen, die ihnen im 18. und frühen 19. Jahrhundert zur Verfügung standen, absichtlich verabreicht wurde. Das durchschnittliche Mobiltelefon beispielsweise lagert pro Sekunde etwa 0,1 Joule Energie in Ihrem Gehirn ab. Bei einem einstündigen Telefonat sind das 360 Joule. Vergleichen Sie dies mit einem Maximum von nur 0,1 Joule aus der vollständigen Entladung einer Leidener Halbliter-Flasche. Sogar der 30-Element-Elektrostapel, den Volta an seinen Gehörgängen befestigte, hätte in einer Stunde nicht mehr als 150 Joule liefern können, selbst wenn die gesamte Energie von seinem Körper absorbiert worden wäre.

      Bedenken Sie auch, dass sich auf der Oberfläche von Computerbildschirmen – sowohl bei klassischen Desktop-Computern als auch bei drahtlosen Laptops jüngeren Datums – bei jedem Gebrauch eine statische Ladung von Tausenden von Volt ansammelt und sich ein Teil dieser Ladung auf die Oberfläche Ihres Körpers überträgt, wenn Sie davorsitzen. Dies ist wahrscheinlich eine geringere Aufladung als die, die mit dem elektrischen Bad bereitgestellt wurde. Niemand jedoch wurde im 18. Jahrhundert vierzig Stunden pro Woche elektrisch gebadet.

      So gesehen ist die Elektrotherapie in der Tat ein Anachronismus. Im 21. Jahrhundert sind wir alle betroffen, ob es uns