Название | Ungehorsam versus Institutionalismus. Schriften 5 |
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Автор произведения | Ulrich Sonnemann |
Жанр | Афоризмы и цитаты |
Серия | |
Издательство | Афоризмы и цитаты |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783866744820 |
Apropos Franz Josef Strauß des weiteren
Das rhönradelnde Rechtskartell oder Justitia schielt immer noch oder STOPPT STRAUSS
Strauß-Schwarzbuch und kein Ende
Zweite Abteilung
Der schnelle Tod und die langsamen Kommilitonen
Israel. Rede an den Münchner SDS
Die Einübung des Ungehorsams in Deutschland
Die Ausbreitung des Ungehorsams in Deutschland. Rechenschaft und Kritik
Staatsverdrossenheit. Anmerkungen zur Lage der oppositionellen Studenten
Argwöhnisches zu einer Mutation der Vernunft
Die Mammektomie der Alma Mater
Revolution gegen den Staat?
Antworten auf ›Sieben Fragen zum Thema‹
Friedensforschung als institutionalisierte Verdrängung
Filbinger zitierte unvollständig
Das Ödipale an den Achtundsechzigern
Die Bewandtnis, die es mit dem Künftigen hatte, das in Rudi Dutschke war, eine Reminiszenz
Anhang zur zweiten Abteilung
Das Auseinanderfallende und sein Ausfälliges
Geleitwort
Im November 1964, soeben von einem dreijährigen US-Aufenthalt als Fulbright Stipendiat nach Deutschland zurückgekehrt, rezensierte ich für ›Die Zeit‹ (20. November) unter dem Titel ›Die Tugend des Neinsagens‹ Ulrich Sonnemanns Rowohlt-Taschenbuch ›Die Einübung des Ungehorsams in Deutschland‹. Ich begann damit, den starken Eindruck zu schildern, den das lebendige politische Klima des öffentlichen Lebens in den USA auf mich, den soeben promovierten Studenten der Politikwissenschaft, gemacht hatte: »Das hohe Niveau der Publizistik, die Qualität und Schärfe journalistischer Kritik, vor allem aber die Beteiligung und das Engagement von Individuen und Gruppen am politischen Leben im allgemeinen und ihre spontane Aktivität bei Streitfragen im besonderen. […] Die Vereinigten Staaten wären nicht sie selbst ohne die spontan ›von unten‹ organisierten Sitzstreiks im Rassenkampf, ohne die es heute kein Bürgerrechtsgesetz gäbe. Das Wichtigste an diesen Erscheinungen ist, daß sie außerhalb, neben und unterhalb parteipolitischer Organisationen entstehen und daß sie sowohl von der Gesellschaft als Ganzem als auch von den Regierenden und Herrschenden toleriert, nicht aber als störender Sand im demokratischen Getriebe betrachtet werden.« Und ich kontrastierte diese persönliche und mich bis heute dauerhaft prägende Erfahrung mit dem damaligen Deutschland: »Als Berliner Studenten gegen die Wiederwahl Bundespräsident Lübkes zunächst spontan und ›unangemeldet‹ (man denke sich nur!) auf dem Kurfürstendamm demonstrierten, wurden sie sowohl von ihren Mitbürgern beschimpft (so etwas gehört sich nicht – noch dazu gegen den Bundespräsidenten!), als auch dann von der Obrigkeit arretiert zwecks Feststellung der Personalien … Ich möchte so weit gehen zu sagen, daß die ganze Crux demokratischen und intellektuellen Lebens im (heutigen) Deutschland darin besteht, daß spontane und organisierte Aktivitäten, politische Demonstrationen von Minderheiten und sogar eine kritische bis ›destruktive‹ Beurteilung des Bestehenden außerhalb der dafür ›zuständigen Instanzen‹ gesellschaftlich nicht akzeptiert sind. Kritik muß ›konstruktiv‹ sein, öffentliche Demonstrationen gehören sich nicht, und politische Aktivität soll sich gefälligst der dafür zuständigen Kanäle, nämlich der Parteien bedienen.« Das war 1964, im Erscheinungsjahr der ›Einübung‹.
Überall hatte Ulrich Sonnemann – 1955 nach vierzehn amerikanischen Jahren nach Deutschland zurückgekehrt – in dem sich konsolidierenden Nachkriegsdeutschland der Bonner Republik unter Konrad Adenauer eine Subalternität erfahren, die ihn erschreckte; ihre Erscheinungsform eine »einheitliche Banausokratie«1, ablesbar an der blinden Gesetzestreue, sichtbar am Straßenverkehrsverhalten vor einer roten Ampel an einer verkehrslosen Kreuzung – »Trägheit der Seelen«2 nannte er das, wo der Einzelne sein gesellschaftliches Verhalten nach den »öffentlichen Verhältnissen«3 ausrichtet und die autonome Vernunftentscheidung vermeidet. Nichts Geringeres als eine habituelle Fundamentalveränderung sei das Gebot der Stunde in diesen frühen Jahren der Bundesrepublik,