Briefe an Thomas Bernhard. Anneliese Botond

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Название Briefe an Thomas Bernhard
Автор произведения Anneliese Botond
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783950447651



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sein. Es versteht sich von selbst, dass ich Ihren Vorschlag im Auge behalten werde.

      Ich freue mich sehr, Sie bald wieder zu sehen. Dann muss Frankfurt Moosburg ersetzen, der Verlag den Teich und statt der Götter werden die Dämonen der Messe herrschen.

      Herzliche Grüsse

      Ihre

      Anneliese Botond

      [Handschriftlicher Zusatz auf Rückseite] Über Ihre Vortragsreise steht bis jetzt nur fest, daß sie nach der Messe beginnen soll. Einzelne Termine und Reise vor G müssen noch mit den Vertretern u. Buchhandlungen vereinbart werden. Ich hoffe, daß ich Ihnen bis Mitte September Neues sagen kann.

      [15; Anschrift: <St. Veit>; Briefbogen Insel-Verlag, Kopfzeilen durchgestrichen, darunter Arndtstr.; 2 Bl. hs]

      1. 9. 63

      Lieber Herr Bernhard,

      Ende letzte Woche war Lektoratssitzung, ich habe Ihren Vorschlag: neue Erzählungen nebst der ›Ereignisse‹ vorgetragen und bin auf ein ›geneigtes Ohr‹ gestoßen. – bei Hirsch. (Vielleicht haben die Besprechungen seine Ohren von Nebengeräuschen gereinigt?)

      Es wäre also ins Auge zu fassen: entweder ein IB-Band oder ein Band im großen Verlag (ev. für das Frühjahr). »Der Briefträger« könnte darin sein, aber neben drei, vier anderen, von denen eine die Titelerzählung abgäbe. Hirsch meint, mit Recht, daß der zweite Band ein guter Band sein sollte. Die Kritiker ärgern sich, wenn der Zweitling ihre Worte über den Erstling Lügen straft.

      Ich schreibe Ihnen das alles voroffiziell, damit Sie sich den Plan bis zur Messe durch den Kopf gehen lassen können. Vielleicht werden Sie [und] Hirsch dann im Oktober schon feste Verträge unterschreiben können.

      Vielen Dank für die »Zeugenaussage«. Ich finde den Text gut, offen nach allen Seiten und doch geschlossen, der Zufall wird darin Notwendigkeit. Was mich daran etwas irritiert, ist ein Zuviel an Wiederholungen (ich darfs Ihnen doch sagen, nicht wahr?). Ich würde gern ein paar herausnehmen, mit Vorsicht wegen des Rhythmus, werde Ihnen selbstverständlich den Text dann noch zeigen, bevor er zum Satz geht. Vorläufig liegt er bei Hirsch, dessen Plazet noch aussteht. Ich habe so schrecklich viel Arbeit (Kleinkram meistens), bin nur noch eine Art Spiralwirbel, ohne Hoffnung, daß Wellen daraus entstehen werden.

      Herzliche Grüße

      Ihre

      Anneliese Botond

      [Auf das Briefpapier des Insel-Verlags ist am unteren Seitenrand in der letzten Zeile der Satz gedruckt: »Geschäftliche Mitteilungen bitten wir nur an den Verlag, nicht an Einzelpersonen zu richten.« A. B. hat die Worte »an den Verlag, nicht« gestrichen und folgenden Vermerk angefügt: Wollen Sie nicht endlich den Dr. zwischen uns weglassen?

      2. 9. 63

      P. S. zu meinem ersten Brief: inzwischen hat Herr Dr. Hirsch »Die Zeugenaussage« gelesen, und ich soll Ihnen sagen, daß dieser Text ihm ganz ausnehmend gut gefällt und daß er sich freut, ihn ins »Insel-Schiff« aufzunehmen.

      Anliegend eine Rezension, die zwar gut gemeint ist, der aber die ›Denkzähne‹ entschieden fehlen.

      In Eile herzliche Grüße Ihre

      Anneliese Botond

      Wir werden Ihnen dieser Tage 100.– DM für den Text überweisen.

      [16; Anschrift: <St. Veit im Pongau>; Briefbogen Insel-Verlag; 1 Bl. hs]

      6. 9. 63

      Lieber Herr Bernhard,

      ich hatte Ihnen geschrieben, daß ich ein paar ›Wiederholungen‹ aus Ihrem Text streichen wollte. Nun habe ich mich drangemacht und dabei gesehen, daß es nicht geht. Es geht einfach nicht! Der Text sträubt und wehrt sich dagegen, und das spricht in jedem Fall für ihn. Ich habe also so gut wie nichts geändert und gebe das Ms. zum Satz.

      Von Herrn Schünemann soll ich Ihnen sagen, daß in der Pension Reschke ein Zimmer vom 9.-14. Okt. für Sie reserviert ist.

      Gestern ging ein ganzes Paket Rezensionen an Sie ab, die nun alle artig den kräftigen [...] der Leitkritiker folgen.

      Sonst nichts Neues. Ende nächster Woche fahre ich für ein paar Tage nach Paris – geschäftlich.

      Schöne Grüße

      Ihre

      Anneliese Botond

      [17; Anschrift: St. Veit im Pongau, Salzburger Land, Österreich; Briefbogen Insel-Verlag; 1 Bl. masch]

      25. 9. 63

      Lieber Herr Bernhard,

      ich habe gestern versucht, Sie in Wien anzurufen, weil ich schon so lange nichts mehr von Ihnen gehört habe und nicht einmal weiß, ob Sie jetzt noch in St. Veit sind. Es hat sich aber in Wien niemand gemeldet; so schicke ich Ihnen heute die Fahnen der »Zeugenaussage« in Ihr letztes Domizil, mit der Bitte, sie uns umgehend zurückzugeben. Das »Inselschiff« soll ja schon Anfang Oktober erscheinen. Dann muß ich Ihnen heute eine Nachricht mitteilen, die ich mir anders vorgestellt hatte, die Sie aber hoffentlich nicht zu sehr betrüben wird: Ihre Vorlesungsreise im Anschluß an die Messe kann nicht stattfinden, da sich die Herren Buchhändler nicht dazu entschließen konnten, auf unsere Anregung einzugehen. In einer Hinsicht ist es vielleicht verständlich: Ihr Buch ist noch nicht genug unter die Leute gekommen, als daß die Buchhändler mit einem wirklich interessierten Publikum sicher rechnen könnten. Und da außerdem ein solches Projekt der Geldkatze ans Fell geht … Aber was jetzt nicht möglich ist, wird sich vielleicht schon in einem Jahr ohne Mühe bewerkstelligen lassen.

      Wir haben uns nun gedacht, Sie, abgesehen von der Lesung am 13. Oktober hier im Hause, im November etwa nach Frankfurt zu bitten, zu einer Lesung in der Galerie Bekker vom Rath, zu einer Lesung, die wir selbst veranstalten würden. Das scheint mir eine gute Idee, was halten Sie davon?

      Jetzt aber erwarten wir Sie erst einmal zur Messe. Wir freuen uns alle, Sie wiederzusehen.

      Mit herzlichen Grüßen

      Ihre

      Anneliese Botond

      [18; Anschrift: Wien; Briefbogen Insel-Verlag; 1 Bl. masch]

      28. Oktober 1963

      Lieber Herr Bernhard!