Organische Gemeinde. Neil Cole

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Название Organische Gemeinde
Автор произведения Neil Cole
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783955781293



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      In der Schule mussten wir in Biologie einen Frosch sezieren. Einige der Mädchen waren ein wenig angeekelt, aber diese Übung half uns, das Tier von innen her zu verstehen. Bevor wir die potentielle Dynamik beschreiben, die in der Kirche schlummert, müssen wir sie zuerst analysieren und untersuchen, wie sie funktioniert.

      Teil 1 verschafft uns eine Grundlage, um die Gemeinde verstehen zu können. Wir beschäftigen uns damit, welche Sicht Jesus selbst von der Gemeinde hat. Wir definieren die Gemeinde und lernen kennen, was sie so besonders macht. Wir beschäftigen uns auch mit einer wahren Geschichte über eine Reise in ein Königreich, das mit einem Samen, dem kleinsten aller Samen, beginnt und dann immer weiter wächst, um in kürzester Zeit Einfluss auf die Welt zu nehmen.

      Kapitel 1: Reite mit mir hinaus!

      Wann hört die Kirche endlich mit ihren kläglichen und nichtssagenden Träumen auf, „in der Welt etwas bewirken“ zu wollen, und fängt stattdessen an, Gottes Träume zu träumen, wie sie die Welt verändern kann? Vermag die Kirche diese postmoderne Zukunft zu erfinden und zu verhindern, zu erlösen und neu zu träumen?

      Leonard Sweet („Soul Tsunami“)

      Nichts ist dem unmöglich, der nicht auf die Vernunft hört.

      John Belushi (in dem Film „Animal House“)

      In dem Film „Der Herr der Ringe“ schafft Peter Jackson eine wunderschöne Darstellung von Tolkiens Welt der Mittelerde. Mittelerde ist ein fiktiver Ort voller Zauberer, Elfen, Zwergen, Drachen, Orks und Kobolden. Es gibt dort auch die Hobbits, einfache, sehr kleine Landbewohner. Sauron, der finstere Herrscher des Bösen in dieser Welt, schuf vor etlichen Jahrhunderten einen Ring der Macht, der einen großen Teil seines bösen Einflusses enthält. Dieser Ring ging verloren, gelangt aber schließlich irgendwie in den Besitz eines Hobbits namens Frodo Baggins. „Der Herr der Ringe“ ist die epische Geschichte einer kleinen, verschworenen Gruppe von Wesen aus den freien Völkern der Mittelerde, die mit einer riesigen Anzahl von Feinden und überwältigenden Schwierigkeiten konfrontiert ist. Sie brechen auf, um diesen Ring der Macht und somit auch Saurons wachsenden Einfluss zu zerstören.

      Im zweiten Film, „Die zwei Türme“, verbünden sich die Guten mit dem Volk Rohan, das durch seine Reiter und schnellen und mutigen Pferde weltberühmt ist. Sie stoßen auf die Vorhut einer bösen Armee von Kobolden, die die gesamte Menschheit zerstören will.

      Irgendwann trifft die Gruppe der Ringzerstörer im Thronraum von Theoden ein, dem König von Rohan. Als der König die Gefahr erkennt, muss er schwierige Entscheidungen treffen. Man rät ihm, „hinauszureiten und sie zu treffen“, aber er sorgt sich um das Wohlergehen seines Volkes. Krieg ist schrecklich und bringt große Verluste mit sich. In der Vergangenheit hatten sie immer Sicherheit in der Burg „Helm’s Deep“ gefunden. Mit seinem Hirtenherzen und seinem Wunsch, die Menschen, für die er die Verantwortung trägt, zu beschützen, verkündet er: „Ich werde mit meinen Leuten keinen offenen Krieg riskieren.“ Aragorn, ein Krieger mit dem wahren Herzen eines Königs, antwortet darauf: „Der offene Krieg steht dir bevor, ob du ihn riskieren willst oder nicht.“

      Diese Worte sind auch heute noch wahr. Wir stehen einer bösen Macht gegenüber, die auf dem Vormarsch ist und die Welt zerstören will. Unser Feind, Satan, rückt vor und macht täglich Boden gut. Christliche Leiter wie Theoden befinden sich in einer ähnlichen Krise und müssen Entscheidungen zum Wohl ihrer Leute treffen.

      Theoden entscheidet sich für die Festung Helm’s Deep, die sich als Illusion der Sicherheit herausstellt. Nach dieser Entscheidung zeigt der Film, wie die Menschen dem Bösen gegenüber immer mehr an Boden verlieren. In der Festung wiegen sich die Menschen zunächst in Sicherheit, aber die Mauern werden durchbrochen und sie müssen weiter in den Bergfried zurückweichen. Schließlich erobern die Feinde die gesamte Festung bis auf einen kleinen Raum mit verbarrikadierter Tür.

      Als der Rammbock gegen die letzte Tür schlägt, die die Menschen von ihrer Vernichtung trennt, ruft der König hilflos: „Was kann ein Mensch gegen diesen ruchlosen Hass unternehmen?“ Aragorn gibt dem König denselben Rat wie zuvor: „Reite mit mir hinaus!“

      Mit dem Rücken zur Wand und ohne Hoffnung, gegen eine zehntausendköpfige Armee siegen zu können, erscheint dieser Vorschlag lediglich als Möglichkeit, noch einen ehrenhaften Tod zu sterben. Theoden erwidert: „Ja, für den Tod und die Ehre!“ Aber Aragorn korrigiert ihn: „Für dein Volk!“ Theoden antwortet voller Leidenschaft: „Lass dies die Stunde sein, in der wir gemeinsam unsere Schwerter ziehen!“ Sie steigen auf ihre Pferde und greifen den Feind frontal an. So werden sie doch noch zu den echten Kriegern, die sie schon immer hätten sein sollen. Sie stürzen sich waghalsig und mutig in den Kampf, was den Feind überraschenderweise verunsichert, sodass er schließlich zurückweicht. In diesem Moment trifft Verstärkung ein, und am Ende ist die Schlacht gewonnen. Das Böse wird in die Flucht geschlagen, und der Sieg gehört den mutigen Helden, die wider alle Umstände dem Feind entgegengetreten waren.

      Dies ist ein Gleichnis für unsere heutigen Gemeinden. Trotz guter Absicht wohlmeinender Leiter ist die Kirche in eine defensive Haltung zurückgefallen und sucht Zuflucht in ihren eigenen Festungen von Gebäuden und Programmen, „christlichen“ Geschäften, Schulen und Diensten. In dem Versuch, der Bedrohung auszuweichen, die wir eigentlich hätten vereiteln sollen, haben wir immer mehr an Boden verloren, bis wir nun nicht weiter zurückweichen können und vom Bösen umgeben sind. Heute sieht man uns als unfähige und ängstliche Gruppe an, die sich vor der Welt und der Realität, die uns umgibt, versteckt. Wir haben zugelassen, dass der Feind die Kultur und die Gesellschaft übernimmt, und beschweren uns darüber aus der Sicherheit unserer so genannten christlichen Festungen heraus.

      Wer ist Jesus für Sie?

      Aber so hat sich Jesus die Kirche nicht vorgestellt. Zweimal sprach er direkt von der „Kirche“ bzw. „Gemeinde“. Das erste Mal erwähnte er sie, als er mit seinen Jüngern unterwegs nach Cäsarea Philippi war (vgl. Mt 16,13-20). Jesus führte mit den Jüngern einen unangekündigten Test durch. Lehrer haben gute Gründe für solche Tests: Diese zeigen ganz deutlich auf, wie es um das Wissen der Schüler wirklich steht.

      Die erste Testfrage war einfach: „Was sagen die Leute, wer ich bin?“ Das machte den Jüngern Spaß, alle wollten sich beteiligen und jeder hatte seine eigene Theorie. Es ist immer einfach, über die Fehler der anderen zu reden. Was die Jünger aber nicht merkten, war, dass dies nur eine Aufwärmfrage war.

      Die zweite Frage war dann die eigentliche Prüfung – die wichtigste Frage, die man jemals beantworten kann. Jesus fragte: „Ihr aber, was sagt ihr, wer ich bin?“ Die Bibel erwähnt das zwar nicht, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es plötzlich äußerst still geworden ist. Ich kann mir auch vorstellen, dass die Blicke, die gerade noch so voller Enthusiasmus waren, sich nun langsam zu Boden senkten. Diese Frage ist wesentlich schwerer zu beantworten, weil es eine persönliche Frage ist. Beantworten wir sie falsch, sind wir es, die im Unrecht sind. Diese eine Frage möchten wir auf keinen Fall falsch beantworten, denn daran hängt schließlich die ganze Ewigkeit.

      Das Gewicht dieser Frage erzeugte eine starke Spannung. Ich stelle mir vor, dass die Jünger langsam ihre Köpfe zu Petrus hindrehten, in der Hoffnung, er würde, wie schon so oft, das Wort übernehmen und für sie in die Bresche springen. Petrus fand die Stille wahrscheinlich unangenehm und war bereit, den Kopf hinzuhalten. In einem einzigartigen Moment erhob er kühn und voller Kraft seine Stimme und sagte: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“

      Wahrscheinlich lächelte Jesus daraufhin, und die Anspannung verflog sogleich. Petrus war wohl ein wenig stolz auf sich (später musste er gedemütigt werden). Jesus sprach dann einen Segen über Petrus aus, der sowohl dessen Leben als auch das unsrige für immer berühren sollte: „Du bist gesegnet, Simon, Sohn Jonas, weil du im Test geschummelt hast!“ (meine Umschreibung). „Du hast die Antwort nämlich von einem anderen bekommen. Fleisch und Blut haben dir dies nicht offenbart, sondern