Название | Das Audit |
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Автор произведения | Anne Buscha |
Жанр | Ужасы и Мистика |
Серия | |
Издательство | Ужасы и Мистика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783969405321 |
Während Leni auf den Bildschirm starrte, betraten zwei Männer das Büro, einer in Polizeiuniform, einer in Zivil. Die Stimme des lauten Hallo! in ihrem Rücken kam ihr bekannt vor und als sie sich umdrehte, wusste sie warum. Bei dem Mann in Zivil handelte es sich um den gestern Abend vermissten Kursteilnehmer. Auch der war sichtlich erstaunt, als er seine Lehrerin erkannte.
„Was machen Sie denn hier? Ich habe Sie eigentlich gestern Abend erwartet.“ Lenis Begrüßung war, ihrem Job entsprechend, mit dem Hinweis auf den verpassten Unterricht versehen.
„Das tut mir leid, ich habe viel zu tun im Moment.“
„Sie arbeiten bei der Rotterdamer Polizei, stimmt’s?“ Jetzt fiel es ihr ein.
„Ja. Ich bin Hoofdinspecteur und ich leite die Untersuchungen im Mordfall Beate Neumann.“
„Mordfall? Ist Beate tatsächlich ermordet worden?“ Also doch. Es gab jemanden, der Beate noch weniger leiden konnte als sie selbst.
„Wir gehen davon aus, dass sie jemand, wie sagt man? … geschlagen hat.“
„Erschlagen.“
„Erschlagen“, wiederholte er. „Das ist mein Kollege, Hoofdagent Pim Jansen, und wir müssen jetzt mal an den Computer da. Das ist doch das Büro von Frau Neumann, oder?“
„Ja, ja.“ Leni sprang auf und bot dem Agenten Pim Jansen ihren Platz an. Sie erwähnte kurz, dass der IT-Mann des Instituts schon eine Kopie des ganzen Computerinhalts auf einer externen Festplatte für die Polizei gesichert hatte und griff zum Telefon, damit Rob die Daten gleich übergeben konnte. Ihr Versuch, Jan de Rijk mit einem Lächeln zu einem Gegenlächeln zu bewegen, scheiterte. Der sah sich stattdessen aufmerksam im Raum um.
Die beiden Polizisten blieben an Lenis neuem Arbeitsplatz zurück und sie beschloss, ihren Fehler von vorhin wiedergutzumachen. Hugos Büro lag direkt neben ihrem, war aber mit zwei Schreibtischen und einer Besucherecke für Interessenten, die persönlich vorbeikommen und sich beraten lassen wollten, viel größer. Mit seiner direkten und humorvollen Art kam Hugo bei vielen Menschen gut an, vor allem bei Niederländern. Es gelang ihm scheinbar mühelos, potentiellen Kunden Kurse aufzuschwatzen, die sie eigentlich gar nicht machen wollten. So besuchten schon etliche Interessenten an einem Geschäftskommunikationskurs nach kurzer Überzeugungsarbeit einen Konversations- oder Literaturkurs, weil der berufssprachliche Kurs wegen zu geringer Einschreibungen nicht zustande kam. Oder umgekehrt, ein Literaturinteressierter nahm aufgrund mangelnder Nachfrage an einem Geschäftskurs teil.
„Tut mir leid, Hugo“, begann Leni, „dass ich vorhin nicht gleich bei dir vorbeigekommen bin. Jetzt habe ich doch ein bisschen Zeit, die Polizei ist mit Beates Computer beschäftigt.“
„Warum?“
Seltsame Frage. „Der Polizist hat gesagt, Beate sei erschlagen worden.“ Als Hugo auf diesen, wie sie selbst fand, höchst interessanten Hinweis keine Reaktion zeigte, ging sie wieder zur Tagesordnung über und fragte, womit sie anfangen solle.
„Mails beantworten und dich um die Vorbereitungen fürs Audit kümmern. Wir hätten schon lange eine Mappe mit Informationen über unsere Abteilung an die Auditoren schicken sollen. Ich habe auch schon angefangen etwas zusammenzusuchen, das liegt hier.“ Er schob eine Handvoll Werbeflyer über den Tisch, die auch im Eingangsbereich und in einem Ständer in der ersten Etage neben den Klassenzimmern zu finden waren. „Für den Rest musst du dich mal durch den Audit-Ordner wühlen. Da steht drin, was die wollen. Das findest du alles im Intranet unter dem Stichwort Qualitätsmanagement Sprachkurse. Du kannst dich natürlich auch zu Hause mit deinem Passwort einloggen.“
Lenis Hoffnung, dass der Assistent der Sprachabteilung ebenfalls die Mails mit Anfragen zu Sprachkursen sehen und vielleicht sogar beantworten könnte, zerschlug sich. Für alle Mails, die direkt an Beate adressiert waren, war sie selbst verantwortlich.
„Sag mal, kannst du eigentlich alles sehen, was in Beates Computer ist?“, fragte Hugo mit leicht nach rechts gebeugtem Kopf.
„Keine Ahnung. Könnte sein.“
„Dann schau mal genau hin, vielleicht findest du an der einen oder anderen Stelle was Interessantes.“
„Was bestimmtes Interessantes?“
„Na ja, vielleicht etwas über Klaus Dieter.“
„Über Klaus Dieter?“
Hugo sah seiner Kollegin an, wie sich ihre Gedanken so ganz, ganz langsam in die richtige Richtung bewegten.
„Die Beate und der Klaus Dieter?“
Er grinste und drehte sich zu seinem Bildschirm.
Die Polizei war schon ins Büro der Verwaltungsleiterin Susanne Wolf weitergezogen, als sich Leni wieder an ihren neuen Schreibtisch setzte und überlegte, wo sie am besten anfangen sollte. Dann schob sich das Bild der zugegebenermaßen attraktiven Beate und des um einige Jahre älteren Sprachabteilungsleiters, dessen Äußeres so durchschnittlich war, dass man es sich gar nicht merken konnte, vor ihr geistiges Auge. Klaus Dieters Erscheinungsbild wäre ihrer Meinung nach ideal für eine Verbrecherkarriere gewesen. Kein Zeuge hätte ihn genau beschreiben können, außer vielleicht: mittelgroß, mitteldick, mittelblond und mittelviele Haare auf dem Kopf. Ein Kaffee wäre jetzt gut, und eine Suppe oder ein Salat, im Cafe Floor, danach würde sie endgültig loslegen. Leni schnappte sich ihre Tasche und lief die Treppe hinunter. Auf der letzten Stufe zur ersten Etage blieb sie stehen, um zu kontrollieren, ob sie ihr Handy eingesteckt hatte. Plötzlich hörte sie zwei laute Stimmen aus einem der Klassenräume. Neugierig geworden, ging sie leise auf die Geräusche zu und suchte weiter nach ihrem Handy. Damit sie im Falle des Erwischtwerdens nicht als heimliche Mithörerin enttarnt wurde, stellte sie sich vor den Ständer mit den Werbeflyern für die Sprachkurse, nahm einige Flyer heraus und tat so, als würde sie die bunten Informationsblätter neu ordnen. Leni versuchte, ein paar Worte aufzuschnappen, die Stimmen von Klaus Dieter Wisch und Martina Müller-Bär hatte sie längst erkannt.
„Ich hoffe sehr für dich, dass die Neue nicht so unfähig ist wie die Alte und das Audit gut über die Bühne bringt. Ich erwarte, dass wir einen exzellenten Eindruck hinterlassen und klar wird, wie gut das Institut geleitet wird. Außerdem gehe ich davon aus, dass wir durch die Inspektion eine Reihe von Problemen lösen können, zum Beispiel die mit einigen Lehrerinnen.“
„Martina, ich glaube, da unterliegst du einem kleinen Irrtum. So ein Audit in der Sprachabteilung ist keine Inspektion. Es hat eher den Charakter eines kollegialen Austausches.“
Warum reden die hier im Klassenzimmer? Die möchten nicht von der Polizei belauscht werden, die gerade in der zweiten Etage zugange ist, schoss es Leni durch den Kopf. So ganz wohl fühlte sie sich bei ihrer Mithöraktion nicht.
„Klaus Dieter, du bringst mich wirklich auf die Palme! Du glaubst doch nicht im Ernst an den Quatsch mit dem kollegialen Austausch.