Operation Terra 2.0. Andrea Ross

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Название Operation Terra 2.0
Автор произведения Andrea Ross
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783967525373



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und nachsehen«, empfing ihn sein Vorarbeiter. Er fuchtelte nervös mit den Armen.

      Philipp war ganz verdattert, konnte nicht klar denken. »Äh

      … wie meinst du das, ich müsste raus?«

      »Traust du dir zu, einen der Rover zu fahren? Carl Snider soll dir helfen, aber ihn habe ich bislang ebenfalls nicht erreicht. Du müsstest ihn zu Hause abholen. Nimm Werkzeug, Ersatzrohre und Muffen, eines der Überlebenszelte und Proviant mit, falls ihr bis Einbruch der Dunkelheit nicht fertig werden solltet. Ich würde es selbst machen, kann aber hier nicht weg. Seit Darina an Krebs erkrankt ist und dauerhaft ausfällt, fehlt mir ständig Personal.«

      »Darina leidet an Krebs? Oh, das wusste ich gar nicht … « Philipp kapierte immer noch nicht vollständig, was man ihm soeben angetragen hatte.

      »Komm gleich mit hinaus, ich zeige dir, wie man den Rover bedient«, verfügte der Vorarbeiter hektisch und eilte davon.

      Erst als Emmerson im Rover saß und damit durch die Kolonie schnurrte, traf ihn die Erkenntnis wie ein Hammerschlag. Einen Moment mal … er besaß ein Fahrzeug und dazu die offizielle Erlaubnis, durch das Tor zu fahren … führte darüber hinaus Proviant und ein Überlebenszelt mit sich, das vor Hitze, Kälte und dem scharfkantigen Staub schützte …!

      Abrupt trat er auf die Bremse. Nein, er würde Carl Snider nicht bei der Hausnummer 267 im amerikanischen Viertel einsammeln. Vielmehr würde er jetzt schnurstracks nach Hause in die Nummer 144 fahren, seine Frau in den Rover setzen und mit ihr in die Freiheit entkommen.

      Euphorie durchströmte ihn, seine Wirbelsäule kribbelte. Das Schicksal hatte entschieden. Er glaubt zwar nicht an Gott, aber irgendetwas oder irgendjemand musste hier seine omnipotenten Finger im Spiel gehabt haben.

      ›Wir zelten zweieinhalb Wochen bei den Hügeln, bis die legale Abtreibungsfrist definitiv vorüber ist. Dann kehren wir zurück – und ich nehme meine Bestrafung entgegen. Aber die ist mir einerlei, solange nur das Kind überlebt. Die kaputte Leitung soll ein anderer Trupp reparieren, hier geht es schließlich um ein junges Menschenleben. Der akute Personalmangel geht mir geradewegs am Arsch vorbei«, dachte er grimmig, während er den Marsrover auf einer Kreuzung wendete. Ihm jagten heiße Adrenalinschübe durch die Adern.

      *

      Es dauerte volle achtzehn Minuten, bis Swetlana begriffen und das Nötigste gepackt hatte. Philipp steuerte das Gefährt zum Tor. Seine Nervosität stieg mit jedem Meter, den sie zurücklegten. Es war nicht ganz auszuschließen, dass sein Vorarbeiter mittlerweile doch noch Kontakt zu Carl Snider bekommen und dieser ihm womöglich mitgeteilt hatte, dass er dort nicht aufgetaucht war. Würde man sie aufhalten?

      Der Rover hielt an der Markierungslinie. Mit zitternden Fingern fischte Philipp den abgestempelten Passierschein aus der Brusttasche seiner Jacke, reichte ihn dem Wachmann. Ein kurzer, kritischer Blick des Wächters richtete sich auf Swetlana, die auf der Rückbank Platz genommen hatte.

      »Und das ist eine Kollegin?«

      »Selbstverständlich! Für diese Art Arbeit muss man zu zweit sein«, erklärte Philipp wahrheitsgemäß. Sein Magen rebellierte. Falls der Typ jetzt im Gewächshaus nachfragte, wäre die Chance vertan.

      »In Ordnung. Weiterfahren, wünsche gute Verrichtung!« Der Wachmann nickte freundlich, gab den Weg frei.

      Erst nachdem das Tor wegen des unebenen Geländes außer Sichtweite geriet, atmete das Ehepaar Emmerson tief durch. Swetlana schlang die Arme um ihren Bauch, der neuerdings eine kleine Wölbung aufwies. Es gab hier draußen nur bis zum Fluss eine Staubpiste, die relativ frei von Geröll war. Von da an wurde die Fahrt so holprig, dass Swetlana schon befürchtete, sie werde die Babys allein deswegen verlieren. Sie zogen eine weithin sichtbare Staubwolke hinter sich her.

      Philipps Gedanken kreisten um die Frage, wohin er den Rover eigentlich steuern sollte. Sie würden täglich Wasser benötigen, also musste die Zeltstelle in unmittelbarer Nähe des Flusses liegen. Genau dort würde man jedoch am ehesten nach ihnen fahnden … es lag auf der Hand, dass spätestens morgen früh ein Suchtrupp ausrücken würde. Er beschloss, zunächst dem Flusslauf zu folgen und die Entscheidung erst vor Ort zu fällen, wenn sie bei den Hügeln angelangt waren.

      Die Fahrt wurde lang und beschwerlich. Mehrmals musste Philipp anhalten, um seiner schwangeren Frau die Möglichkeit zum Ausruhen zu bieten. So auch jetzt. Noch standen sie mehrere Kilometer vom Fuß der schroffen Hügelkette entfernt. Die Sonne versank allmählich am Horizont und es wurde mit jeder Minute kühler.

      »Es hilft nichts, wir müssen heute Nacht erst einmal hier bleiben. Bis zu den Hügeln schaffen wir es nicht mehr. Es wäre zu gefährlich, in der Dunkelheit über dieses unebene Gelände zu fahren. Ich würde Abgründe zu spät erkennen. Da dasselbe aber auch für unsere Verfolger gilt, werden wir bis zum Morgengrauen wohl unbehelligt bleiben. Bevor der Morgen dämmert, müssen wir das Zelt wieder abgebaut haben. Die weiße Oberfläche würde sonst die Sonne reflektieren und den Suchtrupp auf unsere Spur führen«, murmelte Philipp frustriert.

      Er legte ein etwa vierzig mal vierzig Zentimeter messendes Päckchen auf den Boden, zog an einer Lasche. Sofort entfaltete sich das Zweimannzelt, stand nur drei Sekunden später fix und fertig aufgebaut in der Landschaft. Die Emmersons statteten es mit Decken und ein paar Proteinriegeln aus, und Philipp holte im verlöschenden Tageslicht noch einen Kanister Wasser aus dem Fluss. Um es vom Dreck zu befreien und trinkbar zu machen, würden sie es durch ein Stückchen Stoff filtern müssen.

      »Glaubst du, wir werden es wirklich schaffen?«, fragte Swetlana schläfrig. Draußen zerrte der auffrischende Wind an der Zeltkonstruktion, ließ unablässig Flugsand darauf einprasseln. Das Geräusch hörte sich ein bisschen wie Graupelschauer an.

      »Wir müssen nur fest daran glauben. Wir sind nicht so weit gekommen, um irgendwann aufzugeben«, entgegnete ihr Gatte im Brustton der Überzeugung. Doch insgeheim nährte er Zweifel. Es gab viele Faktoren, die das Unternehmen jederzeit scheitern lassen konnten. Was sollte er hier draußen im Nirgendwo unternehmen, falls Swetlana beispielsweise gesundheitliche Probleme bekam? Die sorgenvollen Überlegungen hielten ihn für den Rest der Nacht wach, obgleich er sich zerschlagen und übermüdet fühlte.

      Gegen fünf Uhr früh erhob er sich mit steifen Gliedern, füllte den Wasserkanister noch einmal auf und weckte Swetlana. Sie litt an Kreuzschmerzen, ihre Laune fiel dementsprechend aus. Philipp konnte keinerlei Rücksicht auf Befindlichkeiten nehmen, trieb sie unbarmherzig zur Eile an.

      Eine Viertelstunde später war das gesamte Equipment wieder abgebaut und im Rover verstaut, es konnte weitergehen. Von eventuellen Verfolgern war weit und breit nichts zu erkennen.

      Beim Fahren kam Philipp das geheimnisvolle Glitzern wieder in den Sinn, das er weiter östlich gesehen hatte. Vielleicht würde sich bald eine Möglichkeit ergeben, dieser Stelle einen Besuch abzustatten, sobald das Zelt an seiner endgültigen Position aufgeschlagen war. Er konnte und wollte nicht tagelang nur herumsitzen und abwarten, dass die Zeit verstrich.

      Gegen Mittag war die Hügelkette zum Greifen nah. Philipp entschloss sich, sie an ihrem westlichsten Punkt zu umrunden und zwischen Fluss und Erhebung nach einem Lagerplatz zu suchen. Eine Stelle schien so gut oder schlecht wie die andere zu sein. Es gab keine Höhlen oder Felsspalten, in denen man ein Zelt hätte verbergen können. Wenigstens mussten sie jetzt nicht mehr befürchten, dass man die Staubwolke des Rovers weithin erkennen könnte.

      Entmutigt stellte der Deutsche, dessen amerikanischer Vater schon in seiner frühesten Jugend das Weite gesucht hatte, das Gefährt am Flussufer ab, um Rast zu machen. Hier war das Ufer noch frei von Bewuchs, weil man es nur in Siedlungsnähe künstlich begrünt hatte. Er warf sich etwas Wasser ins Gesicht, um es vom Staub zu säubern. Als er wieder klar sehen konnte, fiel sein Blick auf eine dunkle Delle am Hang neben ihnen. Wie hoch mochte sie liegen, so sieben, acht Meter?

      »Swetlana, ich klettere mal eben da hinauf. Rühre dich bitte nicht vom Fleck, ich bin gleich wieder da!« Er kramte in der Werkzeugkiste, förderte Hammer und Meißel zutage. Damit schlug er provisorische Trittstufen in die steilste Stelle des relativ weichen Felsens. Er bestand aus rotem Sandstein. Behände