Operation Terra 2.0. Andrea Ross

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Название Operation Terra 2.0
Автор произведения Andrea Ross
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783967525373



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Terra/Mars, 13. August 2023 nach Christus, Sonntag

      

      Thomas Maier hatte diesem Tag lange entgegen gefiebert. Seit ein unbemannter Marsrover im April 2020 in der CydoniaRegion ein unter dünnen Sandschichten verbor genes Bauwerk entdeckt hatte, das durch sein gigantisches Portal radioaktive Strahlung absonderte, hatte er die unscharfen Aufnahmen wieder und wieder betrachtet. Ganz in der Nähe lag schließlich jene Formation, die einst als Marsgesicht weltberühmt geworden war.

      Sicherlich … es hatte sich beim Überfliegen im Rahmen der VikingMission herausgestellt, dass es sich höchstwahrscheinlich nur um einen auf merkwürdige Weise verwitterten Felsblock handelte, nicht etwa um ein steinernes Vermächtnis an die Nachwelt. Aber jetzt, nachdem man auf dem Mars die Spuren einer vergangenen Zivilisation entdeckt hatte, konnte man sich da wirklich noch so sicher sein?

      Heute war es endlich so weit. LaSalle, Molina und zwei weitere Astronauten waren mit dem Marsfly, also Marsmücke genannten Gerät zu besagter Region geflogen. Das Ding erinnerte mit seinen ausfahrbaren Teleskopbeinen und dem länglichen Korpus tatsächlich ein wenig an ein Insekt, zumal die Oberfläche aus einer dunklen, matt glänzenden Titanlegierung bestand. Sie ähnelte einem Chitinpanzer. Schnell und wendig wie das Marsfly war, konnte man damit erheblich größere Entfernungen zurücklegen als mit dem Rover. Das Fluggerät fasste vier Personen und konnte zusätzlich einen Rover samt Zubehör transportieren.

      Nun steuerte Pierre LaSalle mit seinen Kollegen an Tag vierzehn der AuroraMission die Marsgesicht getaufte Formation an. Sie näherten sich der fraglichen Erhebung behutsam von der dem Strahlungsleck abgewandten Seite. Maier wurde auf seinem Drehstuhl schon ganz hibbelig, und wie ihm ging es so einigen ESAAstronomen im Kontrollzentrum.

      Sheila Taylor steuerte auf ihren Lebensgefährten zu, trug eine Papiertüte mit Fruchtplundertaschen vor sich her. »Deine verdiente Nervennahrung«, grinste sie.

      »Hast nichts Wichtiges verpasst, sie steigen bislang noch nicht einmal aus«, sagte Maier elektrisiert. Er nahm kaum die rot geränderten Augen vom Bildschirm, griff aber trotzdem sofort nach der Tüte. Er wollte ja nicht riskieren, wieder wegen Unterzuckerung bewusstlos auf Campbells Ledercouch zu landen. Zweieinhalb Gebäckstücke mussten in Rekordzeit daran glauben, dann leckte er sich schmatzend die klebrigen Finger ab. Niemals hätte er freiwillig seinen Arbeitsplatz verlassen, um sich drüben im Toilettentrakt die Hände zu waschen. Sheila wusste das; sie reichte ihm fürsorglich eine Serviette, die sie extra in der Kantine mitgenommen hatte.

      In einigen Millionen Kilometern Entfernung fuhr der Rover aufreizend langsam an den steilen Felswänden der Formation entlang. Die Astronauten suchten nach Anomalien, nach willkürlichen Strukturen, die Rückschlüsse auf ein verwittertes AlienBauwerk zuließen – falls es die überhaupt gab.

      Maiers flinke Finger klapperten hektisch über die Tastatur seines Computers. Er zoomte in das Bild hinein, um ebenfalls einen Blick auf den Felsen zu erhaschen. Vergeblich – es wurde viel zu grobkörnig. Seufzend stellte er die vorige Einstellung wieder her.

      Etwa eine Stunde später hatte die Marscrew die erste Seite der Erhebung abgesucht, jedoch nichts Auffälliges gefunden.

      »Erbitten Anweisung, ob wir dieses Ding weiterhin umrunden sollen. Wenn ihr mich fragt, ist das tatsächlich nur ein verkrusteter Sandhügel, den Wind und Strahlung geschaffen haben. LaSalle, Ende«, schnarrte die Stimme des Missionsleiters aus der Soundanlage.

      »Er soll weitersuchen«, kommandierte aus dem Hintergrund Jan-Hendrik Wendler. Alles andere hätte Maier allerdings auch kaum akzeptiert, was er sehr genau wusste. Maier nickte freudig, erteilte die Anweisung an LaSalle. Sheila, die momentan selbst gar keinen Dienst hatte, entfernte sich kopfschüttelnd. Ihr war die mutmaßlich sinnlose Aktion zu öde.

      Eine Viertelstunde später setzte der Rover seine Fahrt fort. Maier glaubte an einen Ausfall des Vehikels, als es gleich darauf wieder stoppte. Nun stieg LaSalle aus. In seiner behandschuhten Rechten hielt er einen Pinsel, wie ihn die Archäologen auf der Erde zu benutzen pflegen. Er trat auf Armlänge an ein dunkler wirkendes Areal der Felswand heran und begann, eine Stelle mit dem Werkzeug zu bearbeiten. Rauf, runter, rauf, runter, hin und her … Maier hasste es, wenn der Kerl, wie jetzt, keinen Kommentar dazu abgab!

      »Ich habe eine schnurgerade Rille gefunden! Ich lege sie frei. Mal sehen, wie weit sie sich verfolgen lässt. LaSalle, Ende«, ließ er endlich verlauten.

      »Das habe ich gewusst!«, hauchte der bärtige Astronom tonlos und sprang von seinem Stuhl auf. Jetzt wurde es interessant.

      Pierre LaSalle benötigte eine Weile, denn der rötliche Staub war teilweise sehr fest mit der Oberfläche verbacken, ließ sich nur schwer entfernen. Teilweise musste er Hammer und Meißel ansetzen, was die Bodencrew jedes Mal aufstöhnen ließ. Hoffentlich zerstörte er nichts Wichtiges …

      Zwei Stunden später stand fest, dass es sich hier wiederum um ein riesiges Portal handelte. Es wies dieselbe Art von Öffnungsmechanismus auf, wie er auch an den Ausgängen der Lavaröhren des Olympus Mons angebracht war. Fünfundfünfzig Türsegmente verschlossen das Innere der Anlage nahtlos.

      »Wow! Was uns jetzt noch fehlt, ist der passende Code. Ich kann mir ja kaum vorstellen, dass hier dieselbe Zeichenkombination wie beim letzten Mal passt. Das Ding ist erheblich größer, hat viel mehr Segmente«, sinnierte Thomas Maier laut.

      »Wenn wir Glück haben, ist sie wieder irgendwo hinterlegt«, ließ sich Wendler vernehmen.

      »Ja … falls wir Glück haben. Aber warum sollten die ehemaligen Marsbewohner ihre Bauwerke überhaupt erst mit Codes verschlossen haben, wenn sie dann diese hinterher öffentlich auslegten? Die Abschiedsbotschaft vor der Lavaröhre sollten spätere Besucher nach ihrem Willen finden, doch mit diesem Bauwerk – oder was immer da drin auf uns wartet – könnte es sich vollkommen anders verhalten. Ich möchte mir gar nicht ausrechnen, wie viele mögliche Kombinationen man hier ausprobieren müsste.«

      Thomas Maier hasste es, wenn er seine eigene hochfliegende Erwartungshaltung dämpfen musste. Aber bei allem Enthusiasmus galt es, auf dem Boden der nackten Tatsachen haften zu bleiben.

      »Trotzdem! LaSalle soll es erst einmal mit der alten Kombination versuchen, sobald er das EingabePad freigelegt hat«, beharrte Wendler hartnäckig und kratzte sich unter seinem spärlichen Haarkranz. Obwohl erst 39 Jahre alt, reichte ihm die hohe Stirn bereits bis zum Hinterkopf, wie die Kollegen sich gerne hinter vorgehaltener Hand amüsierten. Er wusste das. Sein Lieblingscredo, das er bei jeder Gelegenheit anbrachte, lautete deshalb: Wenn der Verstand kommt, müssen eben die Haare gehen. Selbstironie war der beste Weg, die Verarsche durch von der Natur begünstigtere Männer abzustellen.

      Trotzdem, oft beneidete er Maier um seinen dichten Haarund Bartwuchs, der selbst die Augenbrauen buschig wuchern ließ. Schließlich hatte Thomas Sheila abbekommen, bei der er selbst vor sechs Jahren abgeblitzt war.

      »Was habe ich dir gesagt? Funktioniert nicht!«, bemerkte der Haarige enttäuscht. LaSalle versuchte soeben trotz seines sperrigen Raumanzugs, mit den Achseln zu zucken.

      Wendlers Augen blitzten plötzlich auf. »Wenn du Recht hast und dies ein kapitales Bauwerk wäre – müsste es dann nicht einen zweiten Eingang geben, oder sogar noch mehr davon? Vielleicht sollten wir zunächst danach suchen!«

      Wie sich herausstellte, gab es insgesamt vier identische Portale, eines an jeder Seite des rechteckigen Komplexes. Und das an einer der Schmalseiten der Formation gelegene – welch ein Glück – war, offenbar durch einen Felssturz, beschädigt.

      »Pierre, versuche bitte, das kaputte Segment ganz herauszunehmen. Vielleicht lassen sich dann die benachbarten widerstandslos zur Seite schieben!«, kommandierte Maier mit heiserer Stimme. »Wenn nicht, könnt ihr ein Stahlseil daran befestigen und versuchen, die Konstruktion mit dem Rover zum Einsturz zu bringen. Schließlich dürften die Elemente nicht fest miteinander verbunden sein, denn sonst würden sie sich wohl kaum nach einem festgelegten Muster verschieben lassen!«

      Es fiel LaSalle und seinem