Ursian und die unsichtbare Unterwelt. Ursina Schmid

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Название Ursian und die unsichtbare Unterwelt
Автор произведения Ursina Schmid
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783830118770



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vollbracht hat, das sogar Crudelis beeindrucken soll.«

      »Bist du dir ganz sicher? Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ausgerechnet die schlechteste Hexe so etwas zustande bringt.«

      »Ja, und falls sie es nicht schafft, wird sie endgültig aus unserem Kreis ausgeschlossen und muss fortan bei diesen stinkenden Kreaturen leben.«

      »Du meinst … die Menschen? Das ist ja entsetzlich, da wird mir ganz übel.«

      »Lass bloss Crudelis dein Gejammer nicht hören, du weisst ja, was die Grosse Ober–Hexe, die Unbesiegbare, für eine Macht hat, sie ist die Besitzerin des Buches der mächtigsten Zauberkünste, der sieben Todsünden.«

      »Wer ist denn nun eigentlich die schlechteste Hexe?«

      »Was?« Laut lacht die Hexe heraus. »Das weisst du nicht?«

      »Nein, wirklich nicht.«

      »Dann lass dich überraschen, du wirst gleich sehen.«

      So tuscheln die Hexen rund um das Feuer. Es entsteht beinahe eine kleine Feststimmung, alle freuen sich, der zu erwartenden Bestrafung der schlechtesten Hexe beiwohnen zu können.

      Auf einmal ertönt ein Donnern, begleitet von einem tiefen Grollen, die Erde erbebt spürbar mehrfach hintereinander, diese Ereignisse lassen alle Hexen zusammenfahren und aufhorchen. Für einen kurzen Moment herrscht Totenstille. Jetzt erleuchtet eine Fülle aus Licht die Wiese, diese ist zudem in unheimlichen Nebel gehüllt. Selbst der mutigsten Hexe stockt der Atem. Das unheimliche Getöse will nicht mehr verklingen. Als Crudelis zu sprechen beginnt, ist es sofort mucksmäuschenstill und alle schauen beklommen in die Runde. Selbst der Donner hat aufgehört.

      Ein grausiges Lachen ertönt, jetzt, da absolute Ruhe eingekehrt ist, läuft auch der abgeschlagensten Hexe noch ein Schauer über den Rücken. Da plötzlich ertönt wieder Donnergrollen, Blitze und meterhohe Feuerschwaden erleuchten den Platz auf der Wiese am Berg taghell. Doch im nächsten Moment ist es stockdunkel, die Hexen können die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Durch einen stockdicken Nebel, der sich nur sehr langsam wieder zu heben beginnt, sieht man die Umrisse einer Hexe. »Ha, ha, ha, was seid ihr doch für ein feiges Pack!« Crudelis ist die mächtigste aller Hexen, sie ist so böse, dass sich alle vor ihr fürchten, selbst die Hexenschar, nie ist man vor ihren Wutausbrüchen sicher. Sofort kehrt erschreckende Stille ein, statt des Lärms, der vorher noch herrschte, könnte man jetzt eine Stecknadel fallen hören. Aurora läuft es eiskalt den Rücken hinunter, ehrfürchtig sieht sie sich das Schauspiel an.

      Crudelis lacht ihr hässlichstes Lachen, das durch Mark und Bein dringt. Und jetzt erhebt sie ihre markdurchdringende Stimme im Hintergrund: »Wir sind nicht zusammen gekommen, um zu feiern, setzt euch auf eure Plätze.«

      Alle Hexen beeilen sich sofort, dem Befehl der grossen Crudelis nachzukommen. Keine sagt mehr ein Wort und alle schauen betreten zu Boden.

      »Ha, ha, ha, was seid ihr doch für Ungeziefer, keinen Mumm in den Knochen. Wie sollen wir eine böse Hexenschar bleiben, wenn nur noch Jammerlappen in unserer Runde sitzen?« Crudelis hat eine besonders hässliche Visage, auf ihrer grossen hakenförmigen Nase thront eine riesengrosse dunkelbraune Warze, aus der ein dickes schwarzes Haar, das die Länge von 3 cm hat, herausragt. Ihre Augen sind grasgrün und sehr klein und bei näherem Hinsehen erinnert der Blick von Crudelis an den einer Schlange. Wenn sie sich in die Enge gedrängt fühlt, werden die Augen zu kleinen Schlitzen, dann gilt es definitiv, die Flucht zu ergreifen. Dazu ist ihre Stimme grollend tief und triefend vor Hass und Zorn. Ihre Stirn wird fast vollkommen von dem schwarzen Zauberhut überdeckt, die Haut ist aschfahl. Ihre Hände sind übersäht mit Warzen und die knorrigen Finger sind so lang und dürr, dass sie an brüchige Äste erinnern.

      »So, ich habe euch etwas sehr Trauriges mitzuteilen.« Mit ihren grasgrünen Augen mustert sie jede der Hexen aufmerksam, bis ihre Augen auf die kleine Xantippe fallen. Die kümmert sich offensichtlich nicht um Crudelis, denn sie bindet gerade ein Blumenband, das sie sich um den Kopf legt. Crudelis wird wegen dieser Ungehörigkeit ganz grün im Gesicht. »Was tust du da!!!!! Hexen machen keine Blumenkränze oder benehmen sich sonst so gewöhnlich wie du!!!«

      Da Xantippe wieder völlig in Gedanken ist, bemerkt sie nicht, dass sie angesprochen – oder muss man sagen, angezischt wird. Da fliegt schon ein greller Feuerball so knapp an ihrem Ohr vorbei, dass sie die Hitze noch spüren kann. »Ja aber …«

      »Still! Duuuu sprichst nur, wenn du gefragt wirst!!«

      Es herrscht Totenstille. Keine der Hexen macht auch nur die geringste Bewegung. »Also, beantworte meine Frage!!«

      »Was hast du denn gefragt?«

      Crudelis wird ganz grün im Gesicht: »Na, für dich nehme ich mir später noch Zeit!!«

      Damit lässt sie Xantippe für den Moment stehen und beginnt mit ihrem Anliegen. »Also, heute wird die schlechteste Hexe aus unserem Kreis ausgeschlossen, bis zu dem Tag, an dem sie einen Zauber gegen eine oder mehrere von uns gefunden hat. Falls dies je der Fall ist, wird von uns bestimmt, an wem sie den Zauber demonstrieren darf. Also, nun zu euren Untaten während des letzten Jahres.« Der Reihe und ihrer Machtstellung nach erzählen die Hexen, was sie im letzten Jahr alles an Unfug getrieben haben. Crudelis gibt sich ruhig und gelassen, lobt sogar die eine oder andere für ihre besondere Untat. Wenn eine Hexe keine so schlechte Tat vorzuweisen hat, dann tadelt sie dieselbe sofort schonungslos.

      Dann, als letzte fällt die Reihe auf Xantippe, noch von ihrer einzigen Freundin angestachelt: »Sag einfach etwas, auch wenn es nicht stimmt, du bist eine Hexe und somit musst du nicht die Wahrheit sagen, auch lügen kann bei uns ein Vorteil sein.«

      So beginnt Xantippe zu erzählen: »Ich habe mich angestrengt. Aber ich habe immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich etwas Böses tun soll und deshalb habe ich immer wenn ich böse Gedanken hatte, eine gute Tat begangen.«

      Crudelis wechselt bereits mehrfach die Gesichtsfarbe, von Weiss zu Grün und umgekehrt, fragt aber zuckersüss: »Was hast du denn für gute Taten vollbracht?«

      »Nun, zum Beispiel half ich alten Damen über die Strasse oder habe kleinen Kinder die Katzen von den Bäumen runtergeholt, die meiste Zeit jedoch habe ich die Wolken beobachtet, wie sie am Himmel entlang ziehen. Ach ja, und einmal hat mich jemand sogar mit einem Goldstück belohnt für meine gute Tat.«

      Als Crudelis dieses Goldstück, das Xantippe mit einer unbeschreiblichen Freude in die Luft streckt, sieht, wird ihr sofort speiübel. Unter gewaltiger Anstrengung fragt sie zuckersüss: »Von wem hast du das bekommen?«

      »Es war eine nette ältere Dame, ich glaube sie hiess Imelda Proof.«

      Das genügt Crudelis und sie schmettert los: »Imelda Proof? Imelda Proof?« Crudelis spuckt die Worte aus, begleitet von grüner schleimiger Galle, die sofort das Gras der Wiese versengt. »Weisst du denn nicht, dass sie unsere erklärte Todfeindin ist?« Ungläubig schüttelt Crudelis den Kopf, die anderen Hexen stecken die Köpfe zusammen und tuscheln, somit entsteht eine ungewollte Unruhe auf der Wiese. Crudelis schmettert einen ihrer berühmten Blitze in die Runde, wobei sie Ancilla an der Stirn trifft und diese schreiend durch den Kreis rennt. »So, jetzt gehst du und vergräbst das Goldstück. Du musst diesen Ort mit einem schrecklichen Zauber belegen, dass nie eine andere Hexe die Möglichkeit hat, dieses Goldstück auszugraben oder sonst irgendwie in die Finger zu bekommen. Mach das du sofort aus unserem Kreis verschwindest, du kannst erst wieder zu uns zurück kommen, wenn du etwas wirklich Gigantisches gezaubert hast!«

      »Warum?«, setzt Xantippe an, wird jedoch sofort barsch von Crudelis unterbrochen. »Geh!!!! Oder ich verwandle auch dich in einen Frosch!!!! Wage es ja nicht, zu uns zurückzukehren, ohne eine wirklich böse Tat begangen zu haben!«

      Angstvoll packt Xantippe ihren Besen und macht sich schnellstens davon.

      Die Hexen starren weiter wie gebannt auf die böse Ober-Hexe. »Wagt es ja nicht, mit so einem Goldstück bei mir aufzutauchen. Jede, die sich auch nur in die Nähe von dieser verrückten Imelda Proof« (sie spuckt die Worte richtiggehend aus) »befindet, wird ein so schreckliches Schicksal erleiden, wie ihr es euch in den schlimmsten Alpträumen nicht vorstellen