Название | Seewölfe - Piraten der Weltmeere 220 |
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Автор произведения | Kelly Kevin |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954395569 |
„Alles halb so schlimm“, sagte er. „Nimm erst mal einen Ordentlichen zur Brust, Sir.“
Dagegen hatte der Seewolf nichts einzuwenden.
Eine Muck Rum im Magen war einer Ladung Salzwasser entschieden vorzuziehen. Hasard fühlte es warm und belebend durch seine Kehle rinnen und wandte den Kopf, als er neben sich einen wilden Fluch hörte.
Ed Carberry hatte ebenfalls eine Menge Salzwasser geschluckt und mußte demnach ebenfalls wie ein Bettsack geschüttelt werden. Bei ihm besorgten das Big Old Shane, der ehemalige Schmied von Arwenack mit seinen Bärenkräften, und der schwarze Herkules Batuti.
Aber der Profos der „Isabella“ war auch noch nicht wieder ganz klar, und er pflegte auf eine so unsanfte Behandlung nicht anders zu reagieren als der Seewolf.
Auf der Kuhl schien ein mittlerer Orkan auszubrechen.
Shane und Batuti, überrascht von dem explosiven Ausbruch, flogen zwischen die Zuschauer, die sich immer noch an den Strecktauen festhalten mußten, obwohl der Sturm inzwischen abgeflaut war. Batuti trat Blacky auf die Zehen, woraufhin der rein mechanisch die Faust vorschießen ließ. Mit dieser Faust hatte er schon mal einen soliden Querspant aus Eichenholz durchschlagen. Batuti, immer noch völlig verblüfft, marschierte wieder rückwärts, verlor das Gleichgewicht und fiel dem aufspringenden Profos in die Arme.
Er fing ihn auf, schwankte ein bißchen und sah sehr verdutzt aus.
Blacky kicherte.
Neben ihm prusteten Matt Davies und der blonde Schwede Stenmark los. Als nächster brach Bill, der Moses, in Gelächter aus. Dan O’Flynn fiel ein, sein alter Vater stampfte vor Vergnügen mit seinem Holzbein auf, und Hasard und Philip, die zehnjährigen Zwillingssöhne des Seewolfs, tanzten feixend und kichernd herum wie kleine Kobolde.
In Anbetracht der Tatsache, daß sie gerade fast ihren Kapitän und ihren Profos verloren hatte, war die „Isabella“ in diesem Augenblick ein ausgesprochen heiteres Schiff.
Nur Edwin Carberry, der sich verulkt fühlte, konnte die Heiterkeit nicht teilen.
Eine Ader schwoll auf seiner Stirn. Drohend reckte er sein zernarbtes Rammkinn vor und holte so tief Atem, daß das klatschnasse Hemd über seinem mächtigen Brustkasten in allen Nähten krachte.
„Ruhe!“ brüllte er. „Ihr Rübenschweine glaubt wohl, das sei lustig, was, wie? Zu dämlich, um sich festzuhalten, wenn eine verdammte Sturzsee überkommt! Zu dämlich, um eine dreimal verdammte halbe Rah außenbords gehen zu lassen, statt sie in die Gegend zu schmeißen! Stenmark, du müder Enkel einer Bilgenratte …“
„Du hast wohl Kakerlaken im Hirn!“ fauchte der blonde Schwede aufgebracht. „Die dämliche Rah ist sauber über Bord gegangen und …“
„Genauso sauber wie der Profos“, warf jemand ein. Aber davon ließ sich Carberry nicht beirren. Er war mit seinem Opfer noch nicht fertig.
„Du Stint hast dermaßen auf den Planken rumgehampelt, daß ich dich am Schanzkleid abfangen mußte, damit du nicht dem Teufel ins Maul reitest!“
„Daß ich nicht lache! Ich hing mit dem Gürtel an Matts Haken so sicher wie in Abrahams Schoß, du Ochse! Wer hat sich denn außenbords spülen lassen wie ’ne Landratte? Ich vielleicht?“
„Und wer hat mir die verdammte Rah zwischen die Beine geschmissen, was, wie?“
„Das war keine Rah! Das war ein Stückchen Treibholz, mehr nicht! Ha, die Geschichte wird man sich noch in hundert Jahren in der ‚Bloody Mary‘ erzählen!“
Der Profos schnaubte. Sein Gesicht lief so rot an wie eine überreife Tomate. Jedermann wartete darauf, daß er hochging wie ein Pulverfäßchen, die Masten aus dem Kielschwein rupfte und die See zum Kochen brachte.
„Ed“, sagte der Seewolf sanft.
„Sir?“ knirschte Carberry.
„Ich habe gute Augen, Ed. Es war ein Stück Treibholz, das dich zu Fall gebracht hat. Und Matt hatte Stenmark tatsächlich mit seinem Haken gesichert. Du konntest es nicht sehen, aber das war nicht Stenmarks Schuld.“
Ed Carberry atmete aus.
Sein Kiefer mahlte, als kaue er auf etwas herum. Auf einem zähen, schweren, unverdaulichen Brocken – nämlich der schlechterdings unmöglichen Tatsache, daß er, der Profos der „Isabella“, über Bord gegangen war, wegen eines simplen Stücks Treibholzes. Und ohne einen Schuldigen, den er zusammendonnern und unangespitzt durch die Planken rammen konnte, wenn er ihm schon nicht die Haut in Streifen von seinem edelsten Körperteil zog.
„Das glaub ich nicht“, knurrte Carberry tief in der Kehle.
„Solltest du aber“, sagte Hasard trocken.
„Das gibt’s nicht! Mich holt doch kein Zahnstocher von den Beinen, verdammt und …“
„Es war eher ein mittlerer Baumstamm als ein Zahnstocher. Und jetzt schluck es endlich herunter, Mister Carberry. Vielleicht schaffst du es, wenn du mit einer Muck Rum nachspülst.“
Der Profos biß die Zähne zusammen.
Er war finster entschlossen, den Rum genauso zurückzuweisen wie das Ansinnen, die Sache mit dem Treibholz und der Hakenprothese zu schlucken. Aber der Kutscher hielt ihm bereits die Muck unter die Nase. Ed Carberry schnüffelte, fluchte lästerlich, schnüffelte noch einmal und griff zu. Das hätte ja gerade noch gefehlt, daß der Profos der „Isabella“ in den Rum spuckte.
„Trotzdem“, brummelte er vor sich hin.
„Was – trotzdem?“ fragte Stenmark verbiestert.
„Trotzdem hast du verdammter Holzklotz …“
„Noch ein Wort“, sagte der Seewolf gefährlich leise, „und ihr könnt die Debatte in der Vorpiek fortsetzen. Der Sturm ist übrigens vorbei, falls das eurer Aufmerksamkeit entgangen sein sollte. Vielleicht wäre es möglich, den Saustall hier noch vor Weihnachten aufzuklaren.“
Für Ed Carberrys angeknackstes Gemüt war das genau die richtige Medizin.
Er holte tief Luft und wollte schon losfluchen, um die Männer auf Trab zu bringen. Zum zweitenmal an diesem denkwürdigen Tag atmete er wieder aus. Aber diesmal war es nicht die Stimme des Seewolfs, die ihn bremste.
Wie Donner rollte es plötzlich über das Wasser.
Ein dumpfes, fernes Grollen, das die Männer der „Isabella“ nur zu gut kannten. Irgendwo voraus, jenseits der Kimm, war eine Breitseite abgefeuert worden.
Auf dem Achterkastell der Karavelle „Swallow“ beobachtete der selbsternannte Kapitän Jack Jayhawk mit funkelnden Augen, wie die Kugeln ins Schanzkleid der manövrierunfähigen „Lisboa“ schlugen.
Holz splitterte, Schreie gellten herüber. Die Karavelle war von achtern aufgesegelt, jetzt luvte sie scharf an, um aus dem Feuerbereich des Gegners zu entwischen. Nötig gewesen wäre es eigentlich nicht. Die Breitseite hatte erstklassig gelegen und fast alle Geschütze der Karacke erwischt. Eine einzige Kanone erwiderte das Feuer, doch die Kugel schlug wirkungslos in die Hecksee der ablaufenden „Swallow“.
„Klar zur Wende!“ schrie Jack Jayhawk, der wegen seines struppigen schwarzen Bartes Black Jack genannt wurde. „Kanonen mit Kettenkugeln laden! Zerfetzt ihnen die Takelage!“
Als ob es da noch viel zu zerfetzen gäbe, dachte der kleine, drahtige Schotte Joe McNickle, den der schwarze Jack zum Offizier befördert hatte. Nach einer blutigen Meuterei wohlgemerkt, bei der die Schiffsführung niedergemetzelt und der englische Kapitän an die Rahnock gehängt worden war.
Den Sturm hatte die „Swallow“ nur mit Mühe und Not überstanden. Black Jack Jayhawk war ein miserabler Seemann