Seewölfe - Piraten der Weltmeere 463. Fred McMason

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 463
Автор произведения Fred McMason
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954398713



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nahm, um sich aus der Sache herauszuschwindeln. Der behauptete jetzt mit der größten Unverfrorenheit, ihn träfe keine Schuld. Er schob einfach alles auf die Geister ab, ganz besonders auf den „Heiligen Geist“ dieser Insel.

      Wenn der Alte nicht Kapitän der „Empress“ wäre, dann würde er ihm jetzt allerlei sagen, bis hin zu dem Vorschlag, ihm ein wenig zum „Tampentänzchen“ aufzuspielen, diesem verrückten alten Hecht.

      Daher fiel die Antwort des Kutschers auch knapp und hart aus.

      „Der Heilige Geist hat wohl eher in der Rumbuddel gesteckt, an der du dich gestern abend ausgiebig und lange festgehalten hast. Deine Fahne stinkt bis zu mir herüber.“

      „Das ist ungerecht“, maulte Old O’Flynn. „Ich habe die Flugdrachen mit den roten Feueraugen genau gesehen. Einer von ihnen hat mich blitzartig betäubt. Vielleicht war’s auch eine der bärtigen Elfen. Wenn du das vorher gesagt hättest, Kutscher, wäre ich niemals diesen verdammten Kurs gesegelt. Ich hätte diese Insel wie die Pest gemieden.“

      Ausreden, dachte der Kutscher, alles faule Ausreden. Mit den Geistern versuchte der alte Heuchler jetzt sein Ansehen aufzumöbeln. Sie sollten ihn entschuldigen.

      „Laß dich doch einsargen, Mister O’Flynn“, sagte Carberry in der Finsternis der Pfahlhütte. „Am besten gleich mit deinem Holzbein. Aber das werden die Indianer wahrscheinlich unter den Kesseln verheizen, in denen sie uns morgen früh kochen werden, einschließlich der Hündin. Die fressen nämlich nicht nur Menschenfleisch, da ist so ein Hundchen gerade recht – als Vorspeise. Ihr werdet schon sehen, daß sie morgen die Kessel anheizen. Bei denen kannst du dann als Kesselheizer auf ’nem Auslegerboot anheuern, du Rumkapitän.“

      Der Alte schwieg eingeschüchtert, als er das hörte. Aber der Kutscher empörte sich über Carberrys Gefasel von den Menschenfressern.

      „So ein blöder Quatsch!“ fauchte der Kutscher. „Wenn ich das schon höre! Die werden die Kessel anheizen, um uns zu kochen! Du hast die Indianer doch vorhin gesehen. Das sind keine Kariben, die Menschenfleisch fressen. Diese Indianer sind mit Sicherheit Arawaks, und von denen habe ich in dem Folianten gelesen, daß sie kein Menschenfleisch verspeisen und folglich auch keine Kannibalen sind.“

      Old O’Flynn hatte auch bei der gestrigen Erzählung des Kutschers wieder mal was in den falschen Hals gekriegt, und jetzt fragte er: „Wieso heißen die eigentlich Arwenacks? Die stammen doch nicht aus Cornwall! Oder waren die früher mal da? Vielleicht sollten wir sie beim Hellwerden einfach mit unserem Schlachtruf ‚Ar-we-nack‘ begrüßen. Das freut sie sicher.“

      „Du gehörst achtmal gefaltet und gebündelt in den See geworfen“, sagte der Kutscher seufzend. „Manchmal ist es wirklich ein Kreuz mit dir, Donegal. Die haben doch nichts mit der Feste Arwenack zu tun, diese Indianer.“

      „Und warum nennen sie sich dann so?“

      „Warum kann man nicht nach Potosi segeln?“ fragte der Profos hämisch dazwischen. „Weil das Ruder in den Bergen klemmt, nicht wahr? Hast du immer noch nicht kapiert, daß der Kutscher Arawaks und nicht Arwenacks gesagt hat? Mann, schnall dir bloß dein Holzbein ab, und klopf dir damit kräftig auf den Schädel. Holz an Holz, das gibt so zarte Töne.“

      Jetzt wurde auch der Alte fuchtig.

      „Wenn ich mein Holzbein abschnalle, dann werde ich es, auf deinem verdammten Schädel tanzen lassen, Mister Carberry. Das klingt dann noch viel lieblicher, nämlich wie Holz an Sägespäne, du quergehobelter Hauklotz.“

      Die Zwillinge amüsierten sich köstlich. Martin Correa, Nils Larsen und Sven Nyberg, die ebenfalls gefangen waren, hörten schweigend und interessiert zu, was die drei anderen sich so gegenseitig an die Köpfe warfen. Sie hatten bisher kaum ein Wort gesprochen.

      „Jedenfalls hat das nichts mit uns Arwenacks zu tun“, erklärte der Kutscher noch einmal nachdrücklich.

      „Klar hat das was mit uns zu tun“, motzte Old O’Flynn. „Sonst hätten sie uns ja nicht gefangengenommen.“

      Himmel, ist das wieder eine Logik, dachte der Kutscher. Wenn der Alte verbohrt war, dann konnte man mit ihm kein vernünftiges Wort mehr reden.

      „Hör bloß auf“, sagte er. „Wir haben weiß Gott etwas anderes zu tun, als uns gegenseitig mit solchen dämlichen Sprüchen anzumosern. Wir sitzen in der Klemme …“

      „… und wandern in die Fleischtöpfe der Indianer“, setzte Carberry hinzu. „Wobei Donegal noch die besten Aussichten hat, nicht gleich gefressen zu werden, weil sie zuerst sein Holzbein für das Feuerchen brauchen. Außerdem dürfte der alte Knochen ziemlich zäh sein. Vielleicht kochen sie aus ihm nur ’ne labbrige Geisterbrühe mit Holzbeineinlage und so.“

      Der Kutscher gab es auf, die Kerle weiter belehren zu wollen. Die faselten doch immer nur dasselbe. Der Alte quatschte von den Arwenacks, und Carberry ließ sich über Menschenfresser aus. Leise vor sich hin fluchend, lehnte er sich an die stabile Wand der Hütte zurück. Sollen sie sich gegenseitig anpflaumen, bis sie müde werden, dachte er. Ihm ging das allmählich auf die Nerven.

      „An werdenden Vätern vergreifen sie sich nicht“, murmelte Old O’Flynn verdrossen. „Ich werde gleich morgen mit dem Häuptling der Arwenacks sprechen und ihm das verklaren. Wer soll denn sonst meine Drillinge aufziehen?“

      „Wer sagt denn, daß es Drillinge werden?“ fragte Carberry höhnisch. „Du bringst doch höchstens noch ’ne halbe Kakerlake zustande.“

      „Dafür bringst du gar nichts zuwege, nicht mal einen lausigen Bilgenfloh, und wenn, dann ist der bestenfalls noch quergeriggt und triefäugig! Ich habe jedenfalls schon acht Stapelläufe hinter mir!“

      „Du verschweigst bloß, wie oft du schon aufgebrummt bist“, spottete Carberry. „Du bist ja schon dafür berüchtigt, daß du jedesmal mit deinem oder einem anderen Kahn auf die Korallen oder Sandbänke aufsegelst.“

      Jetzt lassen sie ihren Ärger aufeinander dahin gehend ab, daß sie sich menschliche Schwächen vorwerfen, dachte der Kutscher. Die Motzerei würde in dieser Nacht wohl so schnell kein Ende nehmen. Aber verdammt ärgerlich war das schon, was sich Old Donegal wieder mal geleistet hatte. Da verstand er schon den Profos, wenn der vor Hohn nur so triefte.

      „Sollten wir nicht lieber unsere augenblickliche Situation besprechen?“ fragte Martin Correa leise. „Wir wissen nicht einmal genau, wie es um uns herum aussieht, wie groß dieses Pfahldorf ist, wie viele Indianer es gibt und was der Dinge mehr sind.“

      „Klar! Ich denke dauernd darüber nach“, sagte Old O’Flynn, „aber dieser Mister Carberry muß ja ständig rumstänkern.“

      „Kein Wunder“, sagte der Profos, „dir haben wir ja diesen ganzen Affenzirkus zu verdanken. Da wird wohl mal ein leiser und freundlicher Vorwurf angebracht sein.“

      „Ha! Leise – freundlich! Du beleidigst mich am laufenden Band. Und das nennst du freundliche Vorwürfe, was? Verklar deine blöden Sprüche doch dem heiligen Inselgeist, der ist dafür zuständig! Davon sind selbst meine Enkelchen überzeugt. Oder was meint ihr?“

      Old O’Flynn suchte wieder mal nach hilfreichem Beistand.

      Aber wovon seine „Enkelchen“ überzeugt waren, das verklarte ihm Hasard junior auf reichlich trockene Art, denn den beiden ging es jetzt langsam auch auf die Nerven. Hier mußte etwas geschehen, hier mußte gehandelt und durften keine Sprüche geklopft werden.

      „Ich sehe das noch ganz anders“, sagte er trocken. „Die Indianer haben uns sämtliche Waffen abgenommen und uns nichts mehr gelassen. Ist das richtig?“

      „Natürlich ist das richtig“, sagte Old O’Flynn, „oder hast du vielleicht noch eine verstecken können?“

      „Ich nicht, aber du, Granddad. Dein Stilett in der Hohlkammer vom Holzbein haben sie nicht gefunden, obwohl du das Holzbein so großzügig herumgezeigt hast. Die Kerle haben es auch noch neugierig beklopft und bestaunt. Ich schätze, das Messer dürfte sich noch darin befinden, also sind wir nicht ganz waffenlos.“