Seewölfe - Piraten der Weltmeere 320. Burt Frederick

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 320
Автор произведения Burt Frederick
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954397174



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      Impressum

      © 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-717-4

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

      1.

      Renke Eggens stieß einen Pfiff aus.

      Die Kisten waren bestens gestaut, gut verschlossen und seefest verzurrt. Sie füllten etwa drei Viertel des Laderaums aus.

      „Was, in aller Welt, haben die Polen so sorgfältig durch die Gegend gefahren?“ fragte Eggens mehr zu sich selbst.

      Hein Ropers näherte sich mit der Laterne, die einen blakenden Lichtkreis ausstreute. Ihm folgten zwei Männer aus der Crew.

      „Hast du jetzt endlich gefunden, was du suchst?“ Ropers hob die Laterne in Kopfhöhe.

      „Wir werden gleich wissen, was es ist.“ Renke Eggens gab den beiden Decksleuten einen Wink. „Brecht eine von den Kisten auf. Beeilt euch.“

      Sie gingen ans Werk, schweigend und umsichtig, wie es ihre Art war. Eine der oberen Kisten lösten sie aus den Verzurrungen und setzten den Kuhfuß an. Das Werkzeug hatten sie von Anfang an dabei gehabt, denn die Absicht des Ersten Offiziers war es, die in Reval gekaperte Galeone von vorn bis achtern zu inspizieren.

      Knarrend lösten sich die Bretter des Kistendeckels. Es war feines nordisches Nadelholz, sauber verarbeitet. Renke Eggens winkte den Bootsmann mit der Laterne näher heran. Die Decksleute wichen beiseite. Glattes Öltuch war jetzt zu sehen. Eggens zupfte es aus der Kiste. Samtweicher, heller Stoff befand sich unter dem Öltuch, zu kleinen Bündeln gerollt. Der Erste hob eins davon auf und rollte es auseinander.

      Strahlen brachen sich sternförmig im Laternenlicht.

      Das Stück Bernstein hatte die Größe eines Hühnereies, war oval geformt und wies nur wenige Unregelmäßigkeiten auf. In der mattgoldenen Durchsichtigkeit des Steins schwebte ein Insekt, ein schwarz und bläulich schimmernder Käfer.

      „Mann, o Mann!“ sagte Hein Ropers staunend. Die beiden Decksleute starrten ihm mit kreisrunden Augen über die Schultern. „Das ist ein Jonny! Was kann der wert sein?“

      Renke Eggens überwand seine Verblüffung. Er drehte sich zu dem Bootsmann um.

      „Genau weiß ich es nicht, Hein. Aber eins kann ich dir sagen: Deine Heuer für ein ganzes Jahr würde nicht reichen, um das Ding zu bezahlen.“

      „Laß mich mal anfassen!“

      „Nur mit dem Stoff drumherum.“

      Hein Ropers nahm Bernstein und Tuch auf seine rechte Handfläche und hielt mit der Linken die Laterne ganz nah heran. Kaskaden von gleißendem Licht strahlten aus dem Stein, der darin eingeschlossene Käfer war von einem Strahlenkranz umgeben.

      „Sieht wirklich aus wie Gold, wie durchsichtiges Gold“, sagte Ropers begeistert.

      „Das Gold der Ostsee. Unter der Bezeichnung ist es auch bekannt geworden.“ Renke Eggens nickte.

      „Und was ist nun eigentlich das Wertvolle, der Käfer oder der Bernstein?“

      „Beides zusammen, Hein. Dieses schwarze Vieh hat bestimmt ein paar hunderttausend Jahre auf dem Bukkel, wenn nicht noch mehr. Natürlich hat auch der Bernstein allein seinen Wert, aber wenn so ein Insekt darin ist, dann steigert das eben den Preis.“

      „Verstehe“, sagte der Bootsmann brummend. Er hob den Kopf und sah den Ersten Offizier an. „Nehmen wir mal an, alle diese Kisten sind voll von dem Zeug. Dann haben wir uns ja einen hübschen kleinen Schatz unter den Nagel gerissen, was?“

      „Nicht ganz.“ Eine harte Furche kerbte sich um Renke Eggens’ Mundwinkel. „Du vergißt, daß die Polen die ‚Wappen von Kolberg‘ versenkt haben. Wir haben uns nur wiedergeholt, was sie uns weggenommen haben.“

      „Klar.“ Hein Ropers grinste. „Die ‚Wappen‘ war mit keinem Bernstein der Welt zu bezahlen.“

      Auf Befehl des Ersten Offiziers untersuchten die Männer den gesamten Inhalt der geöffneten Kiste. Dann wurden zwei weitere Kisten aufgebrochen. Alle drei enthielten nichts als Bernstein, ein Stück schöner und wertvoller als das andere. Renke Eggens konnte das einigermaßen beurteilen, denn wie sein Kapitän hatte auch er ausreichende Kenntnisse auf diesem Gebiet.

      „Jetzt möchte ich nur wissen“, der Bootsmann schüttelte ungläubig den Kopf, „wem die Polen diesen Schatz geklaut haben.“

      Eggens nickte schweigend und nachdenklich. Die Kisten, die etwa zwei mal zwei Fuß in der Fläche und eineinhalb Fuß in der Höhe maßen, hatten keine deutlich lesbare Markierung, keine auf den ersten Blick erkennbare Angabe des Eigentümers oder des Empfängers. Eggens nahm dem Bootsmann die Laterne aus der Hand und sah sich eine der aufgebrochenen Kisten genauer an.

      Das aufgebrochene Deckelholz war glatt, ohne jede Kennzeichnung. Und die Seitenwände?

      Renke Eggens stutzte. Seine Augen wurden schmal.

      Da gab es einen Brandstempel, rechts oben an der einen Wandung. Eggens hastete zu der zweiten Kiste, dann zu der dritten. Bei allen war es das gleiche.

      Das Zeichen stellte zwei Pfeilspitzen dar.

      Gedankenverloren richtete Eggens sich auf.

      „He, was ist los?“ fragte Hein Ropers stirnrunzelnd.

      Es dauerte eine Weile, bis der Erste Offizier in die Wirklichkeit zurückfand.

      „Wir müssen alle Kisten untersuchen“, sagte er gepreßt, „ich muß wissen, ob sie alle dieses Zeichen tragen.“

      Was das Wetter betraf, zeigte sich dieser frühe Morgen des 29. März 1593 von einer passablen Seite. Der Wind hatte schon während der Nachtstunden von Südwesten nach Nordwesten gedreht und verhalf den beiden Galeonen zu rauschender Fahrt über Backbordbug.

      Über der Kimm lag ein Dunstschleier, der sich mehr und mehr lichtete. Blaßblau spannte sich der Himmel über dem beginnenden Tageslicht und ließ vermuten, daß die Sonne mit einer schon beträchtlichen Kraft aufwarten würde. Der einsetzende Frühling ließ sich auch hier, im hohen Norden, nicht mehr leugnen.

      Arne von Manteuffel beobachtete die „Isabella IX.“, die auf Rufweite im Kielwasser der ehemals polnischen Galeone segelte. Es war ein beeindruckendes Schiff, das sein Vetter führte. Eine dreimastige Galeone von so unkonventioneller Bauweise, wie man sie hier im gesamten Ostseeraum noch nicht kannte. Nun, die Engländer waren im Schiffbau in letzter Zeit mit Siebenmeilenstiefeln nach vorn geeilt.

      Arne sah seinen Vetter auf dem Achterdeck der „Isabella“, und unwillkürlich wurde er an jenen denkwürdigen Tag in Wisby auf Gotland erinnert, als sie sich zum