Seewölfe - Piraten der Weltmeere 418. Burt Frederick

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 418
Автор произведения Burt Frederick
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954398263



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ist.“

      Sir Henry sprang auf und stampfte trotzig mit dem linken Fuß auf die Bodenplanken.

      „Das Gold in den beiden Kisten gehört aber mir!“ kreischte er. Im nächsten Atemzug schlug er sich die flache Hand vor den Mund.

      Alle Blicke richteten sich schlagartig auf ihn, dessen gold- und silberbesticktes Wams nur unvollständig zugeknöpft war und ein zerknittertes Hemd und ein bißchen von seiner spärlich behaarten Hühnerbrust sehen ließ.

      In der plötzlich eingekehrten Stille war nur das leise Rascheln von Sir Edwards Federkiel zu hören.

      Selbst Charles Stewart war für den Moment fassungslos. Seine Kinnlade sackte weg, und er stierte den Hochwohlgeborenen an, als handele es sich bei Sir Henry um ein unbekanntes Fabelwesen. Doch langsam, sichtlich, begann die Wut in dem vierschrötigen Mann aufzusteigen.

      Dies wurde erkennbar an der Röte, die an seinem Hals anfing und schließlich sein ganzes Gesicht erfaßte. Und puterrot bis an die Haarwurzeln, explodierte Stewart mit einer solchen Urgewalt, daß der ehrenwerte Duke of Battingham abwehrend die Hände hob und am ganzen Leib zu zittern begann.

      „Hölle und Teufel!“ brüllte Kapitän Stewart mit Donnerstimme. „Habe ich richtig gehört? Gold? Dieser Hurensohn von Killigrew verzieht sich dreist mit Laderäumen voller Gold? Und was tun wir? Wir sitzen hier rum und quatschen! Ihnen ist doch wohl klar, mein sehr verehrter Sir Henry, daß Sie für diesen Fehler geradestehen müssen. Nach eigenem Bekunden haben Sie schließlich gewußt, was sich in den Kisten befindet.“

      Sir Henry brachte keinen Ton mehr hervor. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Er japste nach Luft und preßte die Hände gegen den Leib, wo sich ausgerechnet jetzt die Völlerei der vergangenen Tage mit einem heftigen innerlichen Kneifen in Erinnerung brachte.

      Sir Edward Tottenham meldete sich zu Wort, indem er den Federkiel hob, wodurch er energisch zu wirken versuchte.

      „Aber – es ist doch so, ich meine, Sie dürfen eines nicht vergessen, Mister Stewart …“

      „Was denn?“ schnaubte ihn der Kapitän der „Dragon“ wie ein gereizter Stier an.

      „Daß – äh, nun ja, daß sich Sir Andrew Clifford, Earl of Cumberland, in der Gewalt des Sir John Killigrew befindet.“

      „Na und?“ brüllte Stewart von neuem los. „Was schert mich das Leben eines Earl of Cumberland? Dieser Kerl ist erstens kein Seeoffizier, und zweitens hat er sich als Verbandsführer nur aufgespielt. Wenn er so dämlich ist, sich von Killigrew einwickeln zu lassen, dann muß er die Suppe eben selbst auslöffeln, die er sich eingebrockt hat. Hier geht es um Wichtigeres, Gentlemen! Um das Gold. Das gehört nämlich rechtmäßig der Krone, und deshalb können wir auf Sir Andrew keine Rücksicht nehmen. Es ist unsere Pflicht, die Beute wieder in unseren Besitz zu bringen und Königin Elisabeth bei unserer Rückkehr nach England ihren Anteil zu übergeben. Habe ich recht, Gentlemen?“ Stewarts Blick fiel auf Rooke und Wavell, die sich bislang noch mit keiner Silbe an dem Gespräch beteiligt hatten. „Was ist mit euch? Könnt ihr nicht auch mal einen Ton dazu sagen?“

      George Rooke und James Wavell blieben ruhig wie bisher. Nur in ihren Mienen lag eine solche eisige Verachtung, daß Stewart seinen Blick von ihnen abwandte und sie nicht weiter mit Fragen bedrängte. Er kannte ihre Einstellung, die sie deutlich genug gezeigt hatten, als sie sich nicht am Schießen auf die „Santa Cruz“ beteiligt hatten. Denn die spanische Galeone hatte zuvor bereits die Flagge gestrichen.

      George Rooke sah seinen Freund nur kurz an. James Wavell preßte die Lippen zusammen und nickte kaum merklich. Sie schätzten die Lage beide gleich ein. Es war genau das eingetreten, was die königliche Lissy wohl bezweckt hatte, als sie Sir Andrew und Sir Henry zwar mit einem Kaperbrief ausstattete, aber keinen der Gentlemen und auch keinen der vier Kommandanten als Befehlshaber einsetzte.

      Mit diesem kleinen Kunstgriff ersparte sich Elisabeth I. diplomatische Verwicklungen. Ohne einen von ihr eingesetzten Befehlshaber gab es auch keinen königlichen Auftrag, so daß die gute alte Lissy mal wieder keine Verantwortung trug. Sie hatte ihre Lehre gezogen aus Sir Francis Drakes gewinnträchtiger Weltumsegelung von 1577 bis 1580, als es spanische Proteste gehagelt hatte.

      Nun war zwar Sir Edward Tottenham von den vier Kommandanten der dienstälteste Seeoffizier. Aber Rooke und Wavell hatten längst festgestellt, daß Tottenham überhaupt nicht in der Lage war, die Entscheidungsgewalt an sich zu reißen. Genaugenommen hatte er nicht die leiseste Ahnung, was er tun sollte.

      „Habe ich recht?“ wiederholte Charles Stewart lautstark, und da er diesmal Tottenham ansah, zog dieser wie schutzsuchend den Kopf zwischen die Schultern.

      „Nein, nein“, ächzte er, „in den Dienstvorschriften ist so etwas einfach nicht vorgesehen. Wir können nicht selbstherrlich alle Richtlinien außer acht lassen und einfach …“ Mitten im Satz brach er ab und sah hilfesuchend in die Runde. „Das können wir doch nicht, oder?“

      Charles Stewart konnte nur noch fassungslos den Kopf schütteln.

      Ratlosigkeit schien die Versammlungsrunde minutenlang zu befallen. Sir Henry sank schwer atmend auf seinen Platz zurück, bleich und mit gesenktem Kopf.

      Sir Robert Monk, der Falschspieler und Abenteurer war es, der an seiner Stelle aufstand.

      „Unser lieber Mister Stewart irrt sich gewaltig, wenn er meint, das Gold gehöre der Krone“, sagte Sir Robert eisig und herablassend, ohne den Kapitän der „Dragon“ auch nur eines Blickes zu würdigen. Sir Robert brachte das Kunststück fertig, sich den Gesprächsteilnehmern zuzuwenden, und doch keinen von ihnen wirklich anzusehen. In unnachahmlicher Arroganz fuhr er fort: „Offenbar ist dem Mister Stewart nicht bekannt, daß Sir Henry diese Expedition finanziert hat. Daraus folgert logischerweise, daß bei anfallender Beute zunächst einmal Sir Henrys berechtigte Ansprüche befriedigt werden müssen. Des weiteren – und das ist noch viel wichtiger – hat er als Finanzier unserer Reise das alleinige Recht, über die Verteilung der Beute zu verfügen. Aber natürlich wird er auch der Krone einen gewissen Anteil nicht vorenthalten. Als ehrenhafter und getreuer Ritter Ihrer Majestät der Königin kennt er schließlich seine Ehrenpflichten.“

      Sir Henrys Miene hatte sich zu einem Strahlen gewandelt, und voller Glückseligkeit, so viel Gutes über sich selbst zu hören, blickte er geradezu bewundernd zu Sir Robert auf. Dieser Abenteurer verstand es wirklich, seine Worte wohl zu setzen, und zwar so, daß selbst einem Primitivling wie Stewart die Luft wegblieb.

      Eben dies war geschehen. Der vierschrötige Kapitän der „Dragon“ brauchte eine Weile, um in seiner Entgeisterung wieder zu Atem zu gelangen. Um so heftiger brüllte er nun Sir Robert an.

      „Und wem, sehr verehrter Sir Robert, wem gehören denn wohl die vier Kriegsschiffe? Sir Henry oder Ihrer Majestät?“

      „Natürlich Ihrer Majestät“, entgegnete Sir Robert kühl. „Darüber brauchen wir überhaupt nicht zu streiten. Nur eines scheinen Sie offenbar nicht zu begreifen, verehrter Mister Stewart: Alle vier Schiffe würden heute noch in Plymouth oder London liegen, wenn sie nicht mit Sir Henrys Geld ausgerüstet worden wären. Ohne den Duke of Battingham, mein lieber Stewart, würden Sie jetzt wahrscheinlich in England herumsitzen und Däumchen drehen. Und Sie hätten nicht die Ehre, an dieser Expedition teilzunehmen.“

      „Sehr richtig!“ krähte Sir Henry begeistert. „Sehr, sehr richtig!“

      „Es ist nicht zu fassen“, murmelte Charles Stewart tonlos und kopfschüttelnd. Er war imstande, die ganze verdammte Adelsbande zu erwürgen. Denn eins mußte er voller Erbitterung feststellen: Während hier nutzlos gefaselt wurde, rieb sich der Gauner Killigrew die dreckigen Hände und gewann Meile um Meile Distanz zum Viererverband.

      Sir Robert Monk setzte ein überlegenes Lächeln auf.

      „Natürlich können wir die Karavelle verfolgen“, sagte er herablassend, „darüber muß sicherlich entschieden werden. Aber ich meine, andererseits ist es jetzt wohl an der Zeit, die verehrten Kommandanten über das eigentliche Ziel dieser Expedition aufzuklären. Aus Gründen der Geheimhaltung wurde Ihnen das nämlich vor