Seewölfe Paket 28. Roy Palmer

Читать онлайн.
Название Seewölfe Paket 28
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954399963



Скачать книгу

Es sah aus, als würde die schwerwiegendste Entscheidung seines Lebens von ihm verlangt.

      Hasard legte ihm ein zweites Goldstück hin.

      Mazins Faltenmiene blieb zweifelnd und unschlüssig.

      Erst als das dritte Goldstück vor ihm funkelte, gab er sich einen Ruck und nickte. Alle drei Goldstücke ließ er unter seinem weiten Gewand verschwinden. Bedeutungsvoll sah er die beiden Besucher an.

      „Nehmen Sie zunächst Kurs auf Abadan“, sagte er mit geheimnisvoller Stimme. Er wartete die Wirkung seiner Worte ab.

      „Das könnte stimmen“, sagte Don Juan leise, an den Seewolf gewandt.

      Hasard nickte. Er blickte den alten Araber an.

      „Ist das alles, was Sie an Auskünften zu bieten haben?“

      Abdul Mazin hob die Rechte und bewegte tadelnd den gestreckten Zeigefinger.

      „Bewerten Sie eine Information erst dann, junger Mann, wenn Sie ihren vollen Inhalt und ihre ganze Bedeutung erfassen können. Das wird erst der Fall sein, wenn Sie meinen Empfehlungen gefolgt sind und sich an Ort und Stelle überzeugen, daß ich Ihnen die richtigen Hinweise gegeben habe.“

      „Nun gut“, sagte Hasard. „Kurs Abadan ist nicht die ganze Information.

      „Nein, keineswegs.“ Mazins Antwort klang fast beleidigt. „Vor Abadan werden Sie auf eine Flußmündung stoßen. Das ist der Schlüssel des Geheimnisses. Ein Fluß ist es nämlich, der zum großen jenseitigen Meer führt. Nur diese eine Verbindung gibt es, und sie führt über einen Fluß.“

      Hasard und Don Juan sahen sich abermals an.

      „Unser Schiff ist eine dreimastige Galeone“, sagte Don Juan. „Das Material, das wir haben, läßt darauf schließen, daß man den Verbindungsweg mit einem Schiff dieser Größe befahren kann.“

      „Sicher kann man das“, antwortete Mazin. „Ich habe Ihnen nichts Gegenteiliges berichtet, nicht wahr? Richten Sie sich nach meinen Hinweisen, und Ihr Vorhaben wird von Erfolg gekrönt sein.“

      „Ist das alles?“ fragte der Seewolf.

      „Alles, sagen Sie?“ Mazin öffnete weit die Augen. „Sind Sie unersättlich? Kein Mensch in Kuweit weiß mehr über den Verbindungsweg als ich.“

      Als sie wieder in die Gasse hinaustraten, hatte Hasard das Gefühl, drei Goldstücke für nichts hingegeben zu haben. Er sagte es seinem spanischen Freund.

      „Ich betrachte das nicht so kritisch“, entgegnete Don Juan. „Der Kurs ist auf alle Fälle richtig. Davon bin ich überzeugt.“

      „Also gut“, sagte der Seewolf. „Geben wir uns damit zufrieden.“

      Sie gingen zurück zum Bazar und schlugen die Richtung zum Hafen ein.

      Irgendwo mitten im Menschengewimmel hatte Hasard plötzlich das Gefühl, von einem Blitzschlag getroffen zu werden.

      Er sah das Gesicht am jenseitigen Ende eines Fischhändlerstandes, ein Gesicht, das sich ihm unauslöschlich eingeprägt hatte.

      Ahmet Üzürgül!

      Der Türke erblickte ihn im selben Moment und ihm war anzusehen, wie er zusammenzuckte. Die Ware, die er schon gekauft hatte, ließ er fallen, wirbelte herum und rannte los.

      Hasard schnellte im selben Sekundenbruchteil los. Es war, als verliefen seine Bewegungen im völligen Gleichklang mit denen Üzürgüls.

      Don Juan folgte dem Seewolf mit zwei Schritten Abstand.

      Allein Hasards Körpergröße gab den Ausschlag, daß er den Fliehenden nicht aus den Augen verlor. Feilschende, die zwangsläufig angerempelt wurden, fluchten lautstark. Verwünschungen wurden Verfolgtem und Verfolgern nachgeschrien.

      Üzürgül beging den Fehler, das Gewühl des Bazars zu verlassen, statt darin unterzutauchen.

      Es war eine von den vielen schmalen Gassen, in die er mit langen Sätzen flüchtete.

      9.

      Die Gassen, von den weißen Hauswänden gesäumt, waren wie ein Labyrinth. Üzürgül schien sich jedoch bestens auszukennen, denn er hastete zielstrebig von einer Abzweigung zur anderen.

      Hasard lief mit langen Sätzen, und auch Don Juan hielt das Tempo mühelos durch.

      Der Seewolf begann zu ahnen, daß Üzürgül möglicherweise doch keinen Fehler begangen hatte. Es wurde immer deutlicher, daß Üzürgül ein Ziel vor Augen hatte.

      Hasard beschleunigte seine Schritte noch. Sie mußten den Türken erwischen, bevor er ihnen ein Schnippchen schlug.

      Er hatte den Gedanken kaum zu Ende geführt, als es geschah.

      Üzürgül, der in etwa vierzig Yards Entfernung vor ihnen lief, warf sich plötzlich nach rechts und war wie vom Erdboden verschluckt.

      Hasard und Don Juan verringerten ihr Lauftempo dennoch nicht. Der Seewolf prägte sich die Stelle ein, an der der Türke verschwunden war. Rechtzeitig vorher verlangsamten sie ihre Schritte und zogen ihre Pistolen.

      Hasard hatte sich wieder mit dem vertrauten Radschloßdrehling ausgerüstet. Die sechsschüssige Waffe war eine Überraschung für die meisten Gegner, denen nur ein- oder bestenfalls doppelläufige Pistolen bekannt waren. Dieses Meisterwerk der Waffenschmiedekunst hatte jedoch ein Laufbündel, von dem jeweils ein Lauf zur Zeit von Hahn und Radschloß gezündet wurde.

      Die Tür des Eingangs, durch den Üzürgül entwischt war, stand noch offen.

      Hasard verständigte sich durch einen Blick mit Don Juan und drang unverzüglich vor.

      Mit einem Satz schnellte er durch den Türbogen.

      Geduckt und in Zickzackbewegungen drang er in einen Hinterhof vor. Fünf Schritte vom Eingang entfernt verharrte er breitbeinig, den schweren Drehling im Beidhandanschlag.

      Don Juan stand im selben Moment schon mit feuerbereiter Pistole im offenen Türbogen.

      Keine Menschenseele ließ sich auf dem Innenhof blicken. Die Fenster der angrenzenden Häuser gähnten schwarz, leer und wie höhnisch.

      Unbewohnte Gebäude?

      Ein Schlupfwinkel?

      Hasard dachte nicht lange darüber nach. Langsam und vorsichtig bewegte er sich weiter auf das Haus zu, das der Außenmauer gegenüberstand.

      Don Juan betrat gleichfalls den Innenhof und schnellte nach links, von der Tür weg.

      In diesem Augenblick sah Hasard die Bewegung. Er hatte das Gebäude schon fast erreicht. Die Bewegung war in einem der leeren Fenster zur Linken entstanden.

      Hasard stieß einen Warnruf aus und warf sich herum.

      Don Juan hatte die Gefahr im selben Moment erkannt. Reaktionsschnell warf er sich zu Boden.

      Drei, vier Schüsse krachten nahezu gleichzeitig. Die Mündungsblitze zuckten aus den Fenstern. Doch die Kugeln klatschten dort ins Mauerwerk, wo Don Juan eben noch gestanden hatte.

      Der Seewolf feuerte in stumpfem Winkel in die Fenster. Der Drehling krachte und ruckte in seinen Fäusten. Nach jedem Schuß legte er eine kurze Pause ein. Und jedesmal tauchte eine der Gestalten in den Fenstern auf, die da glaubten, es mit einer einschüssigen Waffe zu tun zu haben.

      Todesschreie gellten.

      In beinahe gemessener Folge kippten die Kerle nacheinander nach draußen, blieben auf den Fenstersimsen liegen oder stürzten kopfüber auf das Steinpflaster des Hofes.

      Auch Don Juan feuerte. Er hatte seine Position gewechselt, war aufgesprungen und jagte die Kugel aus dem Pistolenlauf, als Hasard zum sechstenmal heißes Blei aus dem Drehling auf die Reise geschickt hatte.

      Jähe Stille kehrte ein.

      Keiner der Toten war der