Seewölfe - Piraten der Weltmeere 238. Roy Palmer

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 238
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954395743



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zu tun hatten.

      Er wollte nach Nordafrika, nach Ägypten und zur Mündung des Nils, um das Rätsel der drei Landkarten aufzuspüren, die er wie einen Schatz hütete. In den Gesprächen, die er auf Mallorca unter anderem mit Ada, der Syrerin, geführt hatte, hatte sich herauskristallisiert, daß sie sich trotz aller Zweifel und Bedenken, die sie hegten, offensichtlich doch auf der richtigen Fährte befanden. Neue Entdeckungen schienen auf sie zu warten – Geheimnisse, von denen man daheim in England bislang nichts ahnte, und allein das war für einen Mann wie Hasard Anreiz genug, jede erforderliche Strapaze auf sich zu nehmen.

      Aber vorläufig beschrieben sie immer noch einen Umweg und lagen weitab vom rechten Kurs. Logisch wäre gewesen, von der Küste Korsikas aus durch die Straße von Bonifacio zu segeln und dann quer durch das Tyrrhenische Meer zur Straße von Messina vorzustoßen. Doch die Winde aus südlichen Richtungen hätten die Männer der „Isabella“ dazu gezwungen, sich durch mühseliges Kreuzen an die Meerenge zwischen Korsika und Sardinien heranzupirschen, wodurch wieder viel Zeit verlorengegangen wäre. Außerdem war damit zu rechnen, daß es in der Straße von Bonifacio stürmte. Die Passage war, was Sturm und widrige Strömungen betraf, ziemlich berüchtigt, und das Risiko, das sie bei einer nächtlichen Durchfahrt auf sich nahmen, wäre relativ hoch gewesen.

      So hatte Hasard beschlossen, nach Norden abzulaufen und Korsika am Cap Corse zu runden. Danach konnte er auf Südkurs gehen – was er jetzt, rund dreißig Meilen querab des nördlichsten Zipfels der Insel, tat – und am Südwestwind, der nun mehr und mehr nach Westen drehte, mit zügiger Fahrt Kurs auf Sizilien nehmen.

      Ben Brighton stieg den Backbordniedergang hoch und gesellte sich zu ihm.

      „Ich weiß“, sagte er. „Die Zeit bis zur nächsten Wachablösung, bei der ich wieder dran bin, ist noch nicht herum. Aber ich bin von den Schüssen wach geworden und wollte mal sehen, was los ist.“

      „Genaues wissen wir auch nicht“, sagte der Seewolf. „Aber es dürfte wohl das beste sein, sich nicht weiter darum zu kümmern.“

      „Und wenn dort jemand unsere Hilfe braucht?“

      Sein Erster Offizier und Bootsmann lächelte. „Du weißt doch ganz genau, daß ich es so nicht meine.“

      „Mann, ist dir nicht auch daran gelegen, so schnell wie möglich nach Ägypten zu segeln?“

      „Oh, gewiß doch! Meine Neugier ist geweckt. Ich möchte wissen, was es mit den dreieckigen Riesenburgen auf sich hat, die wir dort antreffen werden, vorausgesetzt, die Karten sind nicht gefälscht.“ Er wies mit dem Arm nach Osten, wo das Zucken der Mündungsfeuer jetzt öfter und intensiver erfolgte. Grollend rollte der Kanonendonner über die See. „Aber wir können es wohl doch nicht vermeiden, uns mit diesem kleinen Problem auseinanderzusetzen. Wir scheinen in spitzwinkligem Kurs auf die Schiffe zuzuhalten, die sich ebenfalls nach Süden bewegen.“

      „Stimmt haargenau. Ich bewundere deinen Scharfsinn.“

      „Willst du ihnen ausweichen?“

      „Nein. Denkst du, ich habe vor ein paar lausigen Piraten Angst?“

      Ben lachte. „Jetzt spricht wieder ganz der alte Philip Hasard Killigrew aus dir. Großartig! Ob die Türken, die hier herumbiestern, wohl einen spanischen Verband angegriffen haben?“

      „Mit Spaniern dürfte hier eigentlich nicht groß zu rechnen sein. Die toskanischen Gewässer sind für unsere lieben Freunde, die Dons, nämlich fast so etwas wie Feindesland.“

      Ben rieb sich mit der Hand das Kinn. „Weißt du, über die Toskana ist mir eigentlich wenig bekannt. Steht denn nicht ganz Italien unter spanischer Herrschaft?“

      Diesmal mußte Hasard lachen. „Laß das bloß keinen Toskaner hören, er würde es dir furchtbar übelnehmen. Venedig, Genua und Florenz sind Philipp II. immer noch nicht botmäßig, und sie werden sich wohl auch nicht davon überzeugen lassen, daß es besser sei, vor den Spaniern den Kopf zu beugen. Nach allem, was ich vernommen habe, sind die Venezianer, die Ligurer und die Toskaner nämlich selbst ganz schön stolz und dickschädelig. Und sie wissen sich auch zu verteidigen.“

      „So wie die Holländer der Sieben Provinzen?“

      „So ungefähr. Die Toskana ist schon immer selbständig gewesen, das geht fast bis in die älteste Geschichte des Landes zurück. Hier saßen schon die alten Etrusker, ehe Rom überhaupt gegründet wurde.“

      „Ja“, sagte Ben Brighton. „Jetzt fällt mir etwas ein: In Florenz herrschen doch seit dem vergangenen Jahrhundert die Medici, nicht wahr?“

      „Richtig, und das ist auch heute noch so. Die Toskana ist ein Herzogtum geworden, und der Granduca ist Ferdinando I. de Medici.“

      „Der Großherzog von Gottes Gnaden“, sagte Ben. „Das soll eine sehr reiche Familie sein.“

      „Stinkreich sind die Medici, und in Livorno, das von uns Leghorn genannt wird, liegt eine der bestausgerüsteten und mächtigsten Flotten des gesamten Mittelmeers.“

      Ben stieß einen leisen Pfiff aus. „Livorno hat doch schon Handel mit der Neuen Welt geführt, als diese eben erst von Kolumbus entdeckt worden war, oder?“

      „So kann man es ausdrücken.“

      „Aber warum haben die Medici und ihre Freunde dann nicht selbst Gebiete in Übersee erobert?“

      „Offenbar haben sie daran kein Interesse. Ihnen ist in erster Linie am kaufmännischen Gewinn gelegen.“

      „Und in zweiter Linie an der Verteidigung ihres Großherzogtums, damit der innere Frieden erhalten bleibt“, schlußfolgerte Ben. „Sie haben also kein Verlangen danach, ihr kleines Reich zu vergrößern. Findest du das klug?“

      „Sehr sogar. Die Toskaner werden dadurch den längeren Atem haben und ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit wahren, während es mit anderen Nationen, die früher viel Macht gehabt haben, allmählich abwärtsgeht.“

      „Damit meinst du die Spanier und Portugiesen, nicht wahr?“

      „Ja.“ Der Seewolf lächelte. „Trotzdem sollte man sie auch jetzt nicht unterschätzen, das habe ich dir und den anderen ja schon mal gesagt.“

      „Durchaus. Aber die Dons leben mit den Toskanern in einer Art friedlicher Koexistenz, wenn ich dich richtig verstanden habe.“

      „Ja, so kann man es nennen.“

      „Dann sind wir in diesen Gewässern also vor Spaniern und Portugiesen relativ sicher?“

      „Ich denke schon.“

      Sie schwiegen und blickten wieder nach Osten, wo die Lichtblitze über dem Meer nicht aussetzen wollten. Das dumpfe Explosionsgeräusch der Schiffskanonen wurde vom Südwestwind in Richtung Festland getragen, war aber für ihre Ohren deutlich genug zu vernehmen. Es klang wie der drohende Donner eines heraufziehenden Gewitters.

      Ihre Gedanken bewegten sich in derselben Richtung. Sie wußten, daß sie mit Schiffen der spanischen Krone kaum ins Gehege geraten würden, spürten aber doch, daß sie sich dem Ereignis, das dort, vierzig, fünfzig oder noch mehr Meilen entfernt, seinen Lauf nahm, nicht entziehen konnten. Auf die eine oder andere Art würden sie darin verwickelt werden.

      Hätte Hasard auch nur geahnt, wer es war, der die Schiffe aus Livorno angegriffen hatte, dann hätte er unverzüglich Kurs auf den Schauplatz des Geschehens genommen.

      Mit Lord Henry, dem er auf den Kapverdischen Inseln schon einmal begegnet war, hätte er sich nämlich gern ausführlich „unterhalten“. Zwischen ihnen beiden gab es das eine oder andere zu besprechen.

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