Название | Seewölfe - Piraten der Weltmeere 89 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954394135 |
Bill the Deadhead und Cookie hatten sich schleunigst verdrückt, denn sie kannten die Härte der Roten Korsarin. Wer sich aufmüpfig benahm, wurde rigoros von ihr in die Knie gezwungen, das war auch früher schon so gewesen, als sie noch die Karavelle mit den roten Segeln geführt hatte.
Und wer ausdauernd rebellierte oder sonst irgendwie aus dem Rahmen fiel, für den gab es unter Siri-Tong nur eine bittere Konsequenz: den Sprung über die düstere Schwelle ins Jenseits.
Vorläufig war es jedoch lediglich Flanagans Los, den Vorhof zur Hölle zu erleben. Die Vorpiek war ein finsteres, stickiges Loch, und in den folgenden Stunden sollte er wegen des stinkenden Bilgewassers, das aufgrund der heftigen Schiffsbewegungen immer wieder dort eintrat und wieder ablief, fast ersaufen.
2.
Im zunehmenden Schlingern und Rollen der „Isabella“ war es kein leichtes Stück Arbeit, in den Hauptmars aufzuentern. Hasard kletterte trotzdem wie eine große Katze in den Webeleinen der Luvwanten nach oben und scherte sich den Teufel um das Tanzen und Taumeln und das unablässige Auf und Ab.
Er zwängte sich neben Dan O’Flynn in den Hauptmars und blickte nach Osten. Schwarzblau war der Himmel jetzt gefärbt. Eine immense Wolkenburg türmte sich auf und schien die Welt in zwei Hälften zu teilen: das Inferno und das sanfte, sonnendurchwebte Blau des Friedens, das mehr und mehr schrumpfte. Bald würde es ganz verschwinden, nach Westen, zum Festland hin.
„Hast du mitgekriegt, was sich eben auf dem schwarzen Segler abgespielt hat?“ fragte Dan.
„Ja, es hat mal wieder Aufruhr bei der Mannschaft gegeben.“
„Dieser Flanagan ist ein Idiot“, sagte Dan. „Was der sich einbildet! Na, Siri-Tong hat ja mal wieder hart durchgegriffen. Das muß sie auch, wenn sie ihre Kerle an der Kandare halten will.“
Der Seewolf wies nach Osten. „Dan, wir haben jetzt andere Sorgen als die Borddisziplin auf dem schwarzen Schiff.“
„Mann, das wird doch nicht der erste Sturm, den wir abreiten!“
„Das wird ein Orkan, der es in sich hat, mein Lieber.“
„Vielleicht geraten wir nur in seine Randzone.“
Hasard schaute ihn an. Während der Wind in den Luvwanten und Pardunen heulte und stärker an der „Isabella“ rüttelte, erwiderte er: „Wir sollten uns keinen falschen Hoffnungen hingeben. Ich sehe die Dinge im Augenblick ziemlich schwarz. Und ich habe keine Lust, Kopf und Kragen zu riskieren – für nichts und wieder nichts.“
„Was hast du vor?“
„Das kannst du dir doch denken, oder?“
„Die Küste anlaufen? Ein weiterer Zeitverlust. Wir wollen doch so schnell wie möglich den Südzipfel der Neuen Welt erreichen und runden“, entgegnete der junge Mann. Mehr fügte er aber nicht hinzu, denn er sah es der Miene des Seewolfes an, daß der nicht zu langen Erörterungen aufgelegt war.
Hasard traf Anstalten, den Mars wieder zu verlassen.
„Du kannst noch abentern, wenn du willst!“ rief er gegen das Jaulen und Pfeifen des Windes. „Ich zwinge dich nicht, hier oben zu bleiben.“
„Ich bleibe“, antwortete Dan. „Man kann nie wissen, wozu das gut ist. Ich binde mich auf jeden Fall fest, damit du dir keinen neuen Ausguck zu suchen brauchst.“
Rasch kehrte der Seewolf auf die Kuhl zurück. Carberry hatte auf seine Anweisung hin bereits die Manntaue spannen lassen, jetzt kontrollierte er die Laschings und Zurrings der Beiboote und überzeugte sich, daß auch die Brooktaue der Geschütze ordnungsgemäß durchgeholt und belegt waren, kurz, er tat alles, was zur Sicherung von Schiff und Mannschaft gehörte.
Hasard dachte an den materiellen Schaden, den er beim letzten Sturm zu verzeichnen gehabt hatte. Er wollte nicht schon wieder Lecks abdichten und andere Reparaturen durchführen – er hatte die Nase voll.
„Al Conroy!“ rief er zum Vorschiff.
„Sir?“
„Versuche, Siri-Tong ein Signal zu geben. Wir laufen die Küste an!“
„Aye, aye, Sir!“
Die beiden Schiffe segelten nur knapp eine Kabellänge voneinander entfernt. Es wäre keine Schwierigkeit für Hasard gewesen, auf Rufweite an den schwarzen Segler heranzumanövrieren, aber sosehr er auch gegen das zunehmende Tosen angebrüllt hätte, die Rote Korsarin hätte ihn nicht verstanden.
Al Conroys Bemühungen zeitigten bald den gewünschten Erfolg. Siri-Tong ließ zurücksignalisieren. Sie hatte keine Einwände gegen den Plan des Seewolfes.
Hasard turnte in den Manntauen bis zum Backbordniedergang, der auf das Quarterdeck hinaufführte. Er arbeitete sich bis zu Pete Ballie im Ruderhaus vor und rief: „Steuerbord, Pete, wir fallen ab und gehen platt vor den Wind!“
„Aye, aye!“ schrie Pete Ballie zurück.
Hasard kletterte aufs Achterdeck und setzte Ben Brighton, Ferris Tukker, Big Old Shane und Old O’Flynn auseinander, was er vorhatte. „Wir nutzen den Ostwind aus, suchen das Festland auf und laufen eine Bucht oder eine Insel an, die uns vor dem Orkan schützt. Es ist unsere einzige Chance. Verdammt, ich fühle, daß wir den Orkan in seiner ganzen Härte zu spüren kriegen.“
Der alte Donegal spuckte aus und wetterte: „Himmel, was soll ich denn sagen? Mein Beinstumpf schmerzt höllisch, das ist das sichere Zeichen für den Weltuntergang!“
Die „Isabella“ übernahm die Führung und steuerte nun vor „Eiliger Drache über den Wassern“ die Küste an. Es wurde ein Wettlauf mit der Zeit. Hinter ihnen war die Schwärze der Verdammnis, heulte der Wind, gischtete das Wasser zu immer höheren Wogen hoch.
Hasard kehrte auf das Quarterdeck zurück, um Pete Ballie jederzeit direkte Kommandos geben zu können. Gleichzeitig hielt er den Kontakt zu Ed Carberry, der die Crew mit seinem Gebrüll an den Brassen und Schoten dirigierte.
Der Waghalsigkeit seines Unternehmens war sich der Seewolf voll bewußt. Selbst wenn er rechtzeitig vor dem endgültigen Ausbruch des Orkans das Festland erreichte, war die Gefahr noch nicht vorüber. Sie lauerte in mannigfacher Form auf sie, war steigerungs- und wandlungsfähig. Beispielsweise konnten sie auf Legerwall gedrückt werden, wenn sie nicht geschickt manövrierten.
Unter diesem Gesichtspunkt war Hasards Entschluß nicht der glücklichste, zumal bei auflandigem Wind in Küstennähe der stärkste Seegang herrschte.
Aber er war unbeirrbar. Er wußte, daß er recht behalten würde: Das Schicksal jagte das Zentrum des Orkans direkt auf sie zu.
Thorfin Njal hatte Oleg und den Stör bis tief ins Vorschiff begleitet und sich überzeugt, daß Flanagan auch weisungsgemäß festgekettet wurde – und daß er ja keine weiteren Dummheiten beging.
Jetzt kehrte der wuchtige Steuermann mit seinen beiden Gefolgsleuten auf Oberdeck zurück. Die See war im Begriff, sich gegen sich selbst zu wenden und alle Fremdkörper auszuspeien. Sie rüttelte mit aller Macht am schwarzen Schiff. Es dröhnte und knackte bis in die letzten Verbände. Die drei Wikinger wurden in den Gängen hin- und hergeworfen.
„Bei Odin und allen Göttern!“ brüllte Thorfin Njal. „Geht der Tanz schon wieder los? Stürme, Pampero, Orkan und Tornado – ich hab das Gefühl, in einem Tollhaus zu sein!“
„In einem Tollhaus zu sein!“ rief der Stör.
Thorfin Njal wandte sich erbost zu ihm um. „Du sollst nicht immer meinen letzten Satz nachsprechen, du Barsch!“
„Meinen letzten Satz …“
„Untersteh dich!“
„Jawohl“, stammelte der Stör.
Sie gelangten an Oberdeck und sahen,