Название | Die Botschaft der Bhagavadgita |
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Автор произведения | Sri Aurobindo |
Жанр | Эзотерика |
Серия | |
Издательство | Эзотерика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783963870385 |
3. Kapitel
Der Yoga der Werke
Werke und Opfer
3.1
Arjuna sprach:
Wenn du die Intelligenz für höher achtest als das Wirken, O Janardana, warum beauftragst du mich dann, O Keshava, mit einem schrecklichen Werk?
Der Yoga des intelligenten Willens und sein höchstes Ziel im Brahman-Zustand, das Thema, das den Ausgang des zweiten Kapitels beherrscht, enthält den Kern eines Großteils der Lehre der Gita –, ihre Lehre vom begierdelosen Wirken, von der Gelassenheit, von der Ablehnung einer nur äußeren Entsagung, von inniger Hingabe an das Göttliche. Bis jetzt ist all das aber nur angedeutet und dunkel. Am meisten wurde bisher hervorgehoben: das Zurückziehen des Willens vom gewöhnlichen Beweggrund menschlicher Betätigung, vom Begehren, von der üblichen Leidenschaftlichkeit des Menschen, in Denken und Wollen den Sinnen nachzujagen, mit ihren Gemütserregungen und der Unwissenheit, von ihrer üblichen Verfassung in verwirrten, weitverzweigten Ideen und Wünschen bis hin zu der begehrensfreien ruhigen Geeintheit und leidenschaftslosen heiteren Ruhe des Brahman-Zustands. So viel hat Arjuna verstanden. Mit alledem ist er wohl vertraut. Das ist die Substanz der geläufigen Lehren, die den Menschen auf den Pfad des Wissens und des Verzichts auf Leben und Wirken als auf seinen Weg zur Vollkommenheit hinweisen. Dass sich die Intelligenz von den Sinnen, dem Begehren und dem menschlichen Wirken zurückzieht und sich dem Höchsten, dem Einen, dem nicht-handelnden Purusha, dem Unbeweglichen, von allen Merkmalen freien Brahman zuwendet, ist gewiss der ewige Kern des Wissens. Hier gibt es keinen Raum für Wirken, da die Werke der Unwissenheit angehören. Wirken ist das genaue Gegenteil von Wissen. Sein Kern ist Begehren; seine Frucht ist Gebundenheit. Das ist die orthodoxe philosophische Lehre. Krishna scheint sie voll anzuerkennen, wenn er sagt, Wirken sei von weit geringerem Wert als der Yoga der Intelligenz. Und doch wird auf die Werke als auf einen Teil des Yoga gedrängt. So scheint in dieser Lehre ein radikaler innerer Widerspruch zu bestehen. Doch nicht ganz so: Denn eine gewisse Art von Wirken mag zweifellos noch eine Zeitlang fortdauern, das Minimum, das am wenigsten schädlich ist. Hier aber handelt es sich um ein Werk, das in völligem Widerspruch steht zu Erkenntnis, Gelassenheit und bewegungslosem Frieden der im Selbst seligen Seele –, ein Werk, schrecklich, ja ungeheuerlich, ein blutiger Kampf, eine grausame Schlacht, ein gigantisches Massaker. Gerade das wird verlangt. Das sucht diese Lehre vom inneren Frieden, von begehrensfreiem Gleichmut und vom Zustand in Brahman zu rechtfertigen! Hierin liegt doch ein unversöhnbarer Widerspruch. Arjuna beschwert sich, ihm sei eine widersprüchliche und verwirrende Lehre gegeben und nicht der klare, abgesicherte, eindeutige Weg gezeigt worden, auf dem die menschliche Intelligenz ohne Umweg direkt zum höchsten Gut gelangen kann. In ihrer Antwort auf diesen Einwand beginnt die Gita sofort, ihre positive und zwingende Lehre von den Werken noch klarer zu entwickeln. (105-06)
3.2
Du verwirrst mir offenkundig meine Intelligenz mit einer zweideutigen Rede. Nenne mir nun eindeutig das Eine, durch das ich meiner Seele Heil erlangen kann.
3.3
Der Erhabene sprach: Auf zweifachem Weg erstrebt in dieser Welt die Seele die Verwirklichung des Selbstes (wodurch sie in den Zustand Brahmans eingeht), wie Ich dir schon früher gesagt habe, O Sündenloser: Auf dem Weg der Sankhyas durch den Yoga des Wissens und auf dem Weg der Yogins durch den Yoga der Werke.
Es ist das Ziel der ersten sechs Kapitel der Gita, in dem weiten Rahmen vedantischer Wahrheit die beiden Methoden in einer Synthese zu vereinen, die man gewöhnlich als verschieden, ja als gegensätzlich beurteilt: die der Sankhyas und die der Yogins. (81)
Welches auch immer die genauen Unterschiede ihrer metaphysischen Gedanken sein mögen, der praktische Unterschied zwischen dem Sankhya und dem Yoga, wie er durch die Gita entwickelt wird, ist derselbe wie der jetzt zwischen dem vedantischen Yoga des Wissens und dem Yoga der Werke bestehende, und die praktischen Ergebnisse des Unterschieds sind auch dieselben. Das Sankhya ging, gleich dem vedantischen Yoga des Wissens, von Buddhi, der unterscheidenden Intelligenz, aus. Durch reflektives Denken, vicāra, gelangte es zur rechten Unterscheidung, viveka, der wahren Natur der Seele und wie ihr durch Bindung und Identifikation die Werke der Prakriti auferlegt werden. Genauso kommt die vedantische Methode durch dieselben Mittel zur richtigen Unterscheidung der wahren Natur des Selbstes und wie ihm die kosmischen Erscheinungen durch die mentale Illusion auferlegt werden, die zur egoistischen Identifizierung und zur Bindung führt. In der vedantischen Methode hört Maya für die Seele dadurch auf, dass diese in ihren wahren, ewigen Zustand als das eine Selbst, Brahman, zurückkehrt, so dass die kosmische Aktion verschwindet. In der Sankhya-Methode fällt das Wirken der guṇas durch die Rückkehr der Seele in ihren wahren ewigen Status als der inaktive Purusha in Ruhe, und die kosmische Handlung hört auf. Das Brahman der Mayavadins ist schweigsam, unwandelbar und untätig. So ist auch der Purusha des Sankhya. Darum ist für beide die asketische Absage an Leben und Wirken ein notwendiges Mittel zur Befreiung. Aber für den Yoga der Gita wie für den vedantischen Yoga des Wirkens ist das Handeln nicht nur eine Vorbereitung, sondern selbst Mittel zur Befreiung. Die Berechtigung gerade dieser Anschauung sucht die Gita mit unerschöpflicher Kraft und Nachdrücklichkeit deutlich zu machen. Leider konnte sie sich in Indien nicht gegen die ungeheure Woge des Buddhismus1 behaupten. Sie ging nachher in der Intensität des asketischen Illusionismus und der Glut weltverachtender Heiliger und Gottergebener verloren. Erst jetzt übt sie allmählich wieder ihren wirklichen, heilsamen Einfluss auf das indische Bewusstsein aus. Entsagung ist unentbehrlich. Aber die wahre Entsagung ist die innere Zurückweisung von Begehren und Egoismus. Ohne sie ist das äußere physische Aufgeben des Handelns etwas Unwirkliches und Wirkungsloses. Mit dieser inneren Entsagung hört es sogar auf, notwendig zu sein, wenn es auch nicht verboten ist. Wissen ist etwas Wesentliches. Es gibt keine größere Kraft für die Befreiung. Aber Handlungen mit Wissen sind ebenfalls notwendig. Denn durch die Vereinigung von Wissen und Wirken wohnt die Seele völlig im Zustand Brahmans, nicht nur in Ruhe und untätiger Stille, sondern gerade inmitten von Spannung und Gewaltsamkeit der Aktion. Die innige Hingabe ist über alles wichtig. Aber das Wirken aus inniger Hingabe ist auch wichtig. Durch die Einung von Wissen, inniger Hingabe und Wirken wird die Seele in den höchsten Zustand des Ishwara emporgehoben, um dort im Purushottama daheim zu sein, der zugleich Herr der ewigen spirituellen Stille und der ewigen kosmischen Aktivität ist. Das ist die Synthese der Gita. (85-86)
3.4
Nicht durch die Unterlassung der Werke erfreut sich der Mensch des Freiseins vom Wirken; und durch den reinen Verzicht (auf das Wirken) gelangt er nicht zu seiner Vollkommenheit (siddhi, das höchste Ziel seiner Selbstdisziplin durch Yoga).
Naiṣkarmya, ein ruhiges Entleertsein vom Wirken, ist zweifellos das, was die Seele, Purusha, erlangen muss. Denn es ist Prakriti, die das Wirken vollzieht. Die Seele muss sich darüber erheben, dass sie in die Aktivitäten des Seienden verwickelt ist. Sie muss in freier ruhig-heiterer Ausgeglichenheit über den Maßnahmen der Prakriti wachen, jedoch von ihnen nicht beeinträchtigt werden. Das, und nicht das Aufhören des Wirkens von Prakriti, ist in Wahrheit mit dem naiṣkarmya der Seele gemeint...
Wenn das Wirken von Prakriti fortdauert, wie kann dann die Seele sich dagegen schützen, in es verwickelt zu werden? Wie kann ich kämpfen, ohne dass ich in meiner Seele denke oder fühle, dass ich, das Individuum, jetzt kämpfe? Wie kann ich dabei nicht den Sieg begehren, nicht in meinem Inneren von der Niederlage berührt werden? Dies ist die Lehre der Sankhyas, dass die Intelligenz des Menschen, der sich ganz den Aktivitäten der Natur hingibt, verstrickt wird in Egoismus, Unwissenheit und Begehren. So wird er zum Handeln hingerissen. Wenn sich, im Gegensatz dazu, die Intelligenz zurückzieht, muss das Handeln aufhören zugleich mit dem Aufhören des Begehrens und der Unwissenheit.