Seewölfe - Piraten der Weltmeere 199. Kelly Kevin

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 199
Автор произведения Kelly Kevin
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954395354



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Sir.“

      Dan flitzte den Niedergang hinunter und enterte geschickt wie eine Katze in die Wanten. Hasard beobachtete ihn und dachte flüchtig an die Zeiten, als der junge O’Flynn noch das sechzehnjährige Bürschchen mit dem unschlagbar frechen Mundwerk gewesen war. Jetzt hatte sich auch Bill, der frühere Moses, zum Mann entwickelt. Und auf der „Isabella“ wuchsen gleich zwei Schiffsjungen heran, die das Zeug hatten, einmal ausgezeichnete Seeleute zu werden.

      Auf der Plattform im Großmast warf Dan O’Flynn einen langen Blick durch das Spektiv.

      Als er es wieder sinken ließ, stand eine steile Falte auf seiner Stirn. Reichlich verblüfft blickte er nach unten.

      „Sir!“ rief er. „Der ganze Verband ist komisch.“

      „Himmelarsch!“ brüllte Carberry auf der Kuhl. „Willst du Stint uns auf den Arm nehmen? Du glaubst wohl, der alte Carberry kriegt es nicht fertig, dir eigenhändig die Haut in Streifen von deinem verdammten Affenarsch abzuziehen, was, wie?“

      „Komm doch ’rauf, du karierter Affe!“ forderte Dan. „Oder hast du Angst, du fällst aus dem Mars – was, wie?“

      Der Profos holte Luft, daß sich sein breiter Brustkasten dehnte.

      Nur Hasards scharfer Zuruf hinderte ihn daran, ebenfalls aufzuentern, was für den Großmars entschieden zuviel Betrieb ergeben hätte. Dan flitzte schon wieder die Wanten hinunter. Schweigend drückte er Carberry den Kieker in die Hand, und der stand mit drei Schritten am Backbord-Schanzkleid.

      Er spähte nach Südwesten – eine volle Minute lang.

      Und danach schnitt er das Gesicht eines Mannes, der die Angel nach einem Hering ausgeworfen und einen Hai an den Haken bekommen hat.

      „Sir“, sagte er erschüttert. „Ich will meine Seestiefel fressen und die Sokken als Nachtisch, wenn das nicht wirklich die komischsten Waschzuber sind, die ich je gesehen habe.“

      Ein paar Minuten später konnte auch der Seewolf erkennen, was Ed Carberry meinte.

      „Komisch“ war vielleicht nicht das richtige Wort – „fremdartig“ hätte es besser getroffen. Fremdartig auf eine irgendwie sonderbare, verquere Weise, denn mit Ausnahme des Viermasters bestand der Verband aus ganz normalen Galeonen und einer Karavelle. Schiffe, die in allen Regenbogenfarben schillerten, an deren Toppen yardlange Banner flatterten, deren Aufbauten verändert worden waren, als hätte ein verrückter Schiffbauer ihnen Pagodendächer aufgesetzt. Auf sämtlichen Segeln prangten leuchtende Bilder. Nach einer Weile konnte Hasard durch das Spektiv erkennen, daß es sich um Tigerköpfe mit aufgerissenen Rachen handelte.

      „Grundgütiger Himmel“, murmelte er ergriffen.

      „Sir?“ fragte Ben Brighton neben ihm.

      Der Seewolf reichte ihm schweigend das Spektiv.

      Das führende Schiff des fremden Verbandes war jetzt auch mit bloßem Auge schon recht gut zu sehen. Ein Viermaster, der entfernt an den Schwarzen Segler erinnerte. „Eiliger Drache über den Wassern“ sah nach einhelliger Meinung der Crew wie eine gelungene Kreuzung zwischen Dschunke und Galeone aus. Wollte man bei dem Vergleich bleiben, mußte man das Flaggschiff der Fremden allerdings als mißglückte Kreuzung bezeichnen. Zum Teil mochte das daran liegen, daß es Aufbauten an Stellen hatte, wo keine hingehörten, zahllose Türmchen und Zierdächer, vergoldete Schnörkel, wo immer sie sich denken ließen, Baldachine als Schattenspender, geschnitzte, bemalte Figuren im Überfluß. Das ganze Schiff sah aus, als habe ein verwöhntes Kind seine Phantasie ausgetobt. Oder ein größenwahnsinniger Irrer, der seinen kostbaren Fuß nicht auf eine gewöhnliche Galeone, sondern nur in einen schwimmenden Palast setzen wollte.

      „Heiliger Bimbam“, sagte Ben Brighton, während er das Spektiv sinken ließ.

      „Wenn da ein harter Brecher dazwischenschlägt, haben sie die schönste Wuhling an Deck“, ließ sich Ferris Tucker, der rothaarige Schiffszimmermann, fachmännisch vernehmen.

      „Ein Tiger!“ schrie der kleine Philip begeistert. „Schau, Hasard, ein Tiger!“

      In der Tat: die Galionsfigur des Viermasters war der Bewunderung wert. Ein lebensgroßer springender Tiger, schwarz und golden glänzend, mit grünglitzernden Augen, in denen der Seewolf aus der Entfernung Smaragde vermutete. Hirnrissig, dachte er. Der Tiger ging ja noch an. Aber wenn die Burschen mit ihrem Viermaster in einen kräftigen Sturm gerieten, würde ihnen garantiert die Dekoration um die Ohren fliegen.

      Hasard wandte sich ab und überzeugte sich durch einen Blick, daß die „Isabella“ gefechtsklar war.

      Noch blieben die Stückpforten geschlossen. Doch im Notfall würde es nur ein paar Handgriffe kosten, sie zu öffnen und die schweren Culverinen mit den überlangen Rohren auszurennen. Sechs Gegner stellten zwar eine gefährliche Übermacht dar, doch die Seewölfe waren schon mit ganz anderen Situationen fertig geworden.

      „Sten, Smoky – sind die Brandsätze klar?“

      „Klar, Sir“, bestätigte Smoky, der Decksälteste, der mit dem blonden Schweden Stenmark neben den Bronzegestellen zum Abschießen der chinesischen Raketen kauerte.

      „Brandpfeile klar?“

      „Klar!“ dröhnte die Stimme Big Old Shanes vom Bug her.

      „Batuti auch klar“, ließ sich der schwarze Herkules aus Gambia von achtern vernehmen.

      „Deck!“ schrie Bill im selben Augenblick aus dem Großmars. „Viermaster luvt an! Der Verband dreht parallel zu unserem Kurs!“

      Das tat er wirklich. Was allerdings nicht bedeutete, daß er auswich – im Gegenteil. Der Viermaster war kurz davor gewesen, den Kurs der „Isabella“ zu kreuzen. Jetzt lief er, ebenfalls mit halbem Wind, über Backbordbug auf die Galeone zu – und hinter ihm fielen die drei letzten Schiffe wieder etwas ab und scherten aus der Kiellinie.

      Philip Hasard Killigrew lächelte hart und zeigte die kräftigen weißen Zähne, die ihm bei jener legendären Straßenschlacht vor der „Bloody Mary“ in Plymouth den Kriegsnamen Seewolf eingetragen hatten.

      Was die Fremden planten, war nicht schwer zu durchschauen. Die drei ausgescherten Schiffe – zwei Galeonen und eine Karavelle – luvten wieder an, kaum daß sie den Kurs der „Isabella“ gekreuzt hatten. Auch sie staffelten wieder in Kiellinie, und damit glich die Formation des Verbandes jetzt einer weit offenen Falle.

      „Die haben Nerven, haben die“, sagte Ferris Tucker erschüttert.

      „Hirnamputierte Hammel sind das!“ fauchte Ed Carberry aufgebracht. „Denken die vielleicht, wir haben die Seefahrt im Nachttopf gelernt, was, wie? Na wartet, euch ziehe ich die Haut in Streifen von euren verdammten Affenärschen!“

      Daß die „hirnamputierten Hammel“ ihn nicht hören konnten, schien ihn wenig zu stören. Die Zwillinge lauschten hingerissen, wie immer; wenn der Profos fluchte. Hasard junior legte den Kopf schief und spähte zu Hasard senior hinauf.

      „Gibt’s gleich Zunder, Dad, Sir?“ fragte er.

      „Zunder kriegt ihr vom Kutscher“, versprach der Seewolf. „Später! Was es vorher gibt, müssen wir erst mal abwarten. Ich denke …“

      Er unterbrach sich.

      Aus den Augenwinkeln hatte er die ganze Zeit über den fremden Verband beobachtet. Was er jetzt sah, ließ ihn überrascht die Stirn runzeln, und im nächsten Augenblick meldete es auch Bill aus dem Großmars.

      „Deck!“ rief er. „Auf dem Tiger-Schiff geht ein weißer Fetzen am Flaggenstag hoch. Ich nehme an, daß das eine Friedensfahne sein soll.“

      Sekundenlang blieb es still.

      Tatsächlich: der Viermaster mit dem Tiger als Galionsfigur hatte, vermutlich mangels anderer Verständigungsmöglichkeiten, eine weiße Flagge gehißt. Damit signalisierte er friedliche Absichten – so weit, so gut. Aber signalisieren konnte man viel. Der Seewolf kniff skeptisch die Augen zusammen.

      „Komm