Seewölfe - Piraten der Weltmeere 229. John Curtis

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 229
Автор произведения John Curtis
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954395651



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habe ich gesagt!“ brüllte er. Er versetzte dem Schlagmann einen Tritt. Mit solcher Kraft, daß Nuno zurückflog und gegen die Felsen in seinem Rücken prallte. Ein Felsvorsprung bohrte sich in seinen Rücken, der von gewaltigen Muskelsträngen durchzogen wurde, und Nuno schrie auf vor Wut und Schmerz. Aber dann sah er Don Bosco, und er kannte den Tortuga-Piraten lange genug, um zu wissen, wie gefährlich er in diesem Moment war.

      Nuno überwand seine Wut und seinen Schmerz und rannte los. Das sollten ihm die Seewölfe büßen, schwor er sich. Vor allem dieser Kerl mit dem Narbengesicht und dieser Seewolf mit den kalten, eisblauen Augen …

      Sie hörten Nuno den Niedergang abentern. Die Stufen bogen sich unter seinem Gewicht, und dann stand er vor ihnen, die Neunschwänzige in der Faust. Er sagte kein Wort, aber aus seinen kleinen, blutunterlaufenen Augen starrte er sie tückisch an, und dann schlug er zu. Seine Hiebe prasselten auf sie herab, sie konnten nicht ausweichen, ihre Ketten hinderten sie daran. Nuno wütete wie ein Berserker unter ihnen, und auch Barba kriegte seinen Teil, nach ihm die anderen, die im Achterschiff an die Ruderbänke gekettet waren. Etliche von ihnen verloren das Bewußtsein, aber das störte Nuno nicht. Er schlug und schlug, bis sogar seine Kräfte allmählich erlahmten.

      Dann lehnte er sich gegen die Bordwand der Galeere.

      „So, jetzt könnt ihr weiterbrüllen!“ sagte er und zog dabei die Neunschwänzige durch seine Linke. Hasard und Philip, die beiden Söhne des Seewolfs, bluteten aus mehreren Wunden. Carberrys Hemd hing in Fetzen um seinen gewaltigen Oberkörper, denn so gut er es vermochte, hatte er die Zwillinge gedeckt, sie vor den Hieben dieses Wahnsinnigen geschützt.

      Der Seewolf starrte Nuno an, und noch nie hatten seine Männer einen solchen Zorn, eine solch tödliche Drohung in seinen Augen gesehen.

      „Das wirst du büßen, Nuno!“ sagte er dumpf. „Du und dein Don Bosco. Ihr glaubt, ihr habt uns fest. Ich sage es dir heute: Wir werden euch vernichten, wir werden dich und Don Bosco jagen, bis auch der letzte von euch ausgelöscht ist, bis die Meere dieser Welt wieder frei sind von solchem Ungeziefer wie euch.“

      Nuno zuckte unter seinen Worten zusammen wie unter Peitschenhieben. Seine kleinen Augen verschwanden fast hinter den dicken Fleischwülsten, die sie umgaben. Langsam trat er auf den Seewolf zu, die Neunschwänzige in der Rechten.

      Aber dann überlegte er es sich. Er starrte den Seewolf aus blutunterlaufenen Augen an.

      „Nein, es hat keinen Sinn, dich weiter auszupeitschen. Kerle wie dich kann man auch mit der Neunschwänzigen nicht erschlagen. Für dich gibt es andere Mittel, Seewolf, du wirst sehen. Don Bosco hat sich für euch etwas ausgedacht, und morgen früh, bei Sonnenaufgang, werdet ihr sehen, was.“

      Er trat ein paar Schritte zurück.

      „Diese beiden da“, er deutete auf die Zwillinge, „diese beiden werden morgen früh vor deinen Augen sterben, wenn du nicht redest. Weißt du eigentlich, wie bei Don Bosco gestorben wird, he? Nein, du weißt es nicht, aber du wirst es erfahren. Es dauert lange, Seewolf, und es ist schlimm für den, der sterben muß. Und nach diesen beiden folgt der nächste. Und bei jedem werden die Qualen schlimmer sein, die er zu erdulden hat. Don Bosco segelt erst, wenn du geredet hast, wenn er weiß, was er wissen will. Und dann werden die Schätze deiner Insel uns gehören, so, wie wir dein Schiff bereits haben. Die Legende vom unbesiegbaren Seewolf ist zu Ende, deine Stelle wird Don Bosco einnehmen. Er und wir, wir werden die Beherrscher der Karibik sein. Und nichts, gar nichts wird uns davon abhalten, auch du nicht, Seewolf.“

      Durch die Reihen der Seewölfe ging ein Murren. Der alte O’Flynn war derjenige, der den alten Schlachtruf abermals anstimmte. Und alle Seewölfe fielen ein, und dabei glühten ihre Augen den Schlagmann der „Conchita“ an. Wie eine wilde Meute von Wölfen hockten sie angekettet auf ihren Bänken, und unter ihren Stimmen erbebte die Galeere.

      Nuno starrte sie an. Entsetzen trat in seine Züge, seine Augen begannen zu flackern. Er spürte, welch eine Welle von Wut und Haß ihm von den Ruderbänken entgegenschlug, und er wich zurück. Er begriff nichts, aber er begann in diesem Moment zu ahnen, auf was Don Bosco sich eingelassen hatte, als er die Seewölfe in seine Gewalt brachte.

      Die Seewölfe brüllten ihren alten Schlachtruf immer noch durch die Nacht, als Nuno längst wie von Furien gehetzt über die Insel jagte.

      Schwer atmend verstummten sie erst eine ganze Weile später. Und als sie verstummten, hatte Don Bosco die Orgie beendet. Conchita, seine Geliebte, klammerte sich an ihn. Aus großen, angstvoll geweiteten Augen starrte sie in die Nacht, dorthin, wo die Galeere lag, die Don Bosco nach ihr benannt hatte.

      „Was sind das für Männer?“ fragte sie leise, und ihre Stimme vibrierte dabei. „Du hättest dich nie mit ihnen einlassen sollen, diese Männer sind unser Tod. Du kannst sie nicht besiegen, sie haben einen Pakt mit dem Teufel. Sie …“

      Conchita hielt sich die Augen zu. Schlimme Gesichte nahmen vor ihren Augen plötzlich Gestalt an. Sie sah Kampf, Feuer, Tod. Sie sah sinkende Schiffe, sie sah Don Bosco. Blutüberströmt stand er auf dem Achterdeck eines Schiffes, kämpfte verzweifelt um sein Leben, sie sah die See, die Don Bosco umgab. Sie hallte wider vom Donner schwerer Geschütze …

      Conchita schrie auf, und erst die derbe Ohrfeige, die Don Bosco ihr versetzte, brachte sie in die Wirklichkeit zurück.

      „Wieso kann ich diese Hundesöhne nicht besiegen?“ brüllte er sie an. „Ich habe sie schon besiegt. Angekettet sitzen sie auf den Ruderbänken der ‚Conchita‘, und morgen, bei Sonnenaufgang, wird dieser Seewolf mir alles sagen, was ich wissen will, oder er wird erfahren, wie die Hölle Don Boscos aussieht und welche Qualen sie für ihn und seine Seewölfe bereithält. Mal sehen, ob ihm dann der Satan wirklich zu Hilfe eilt, und wenn, dann nehme ich es mit ihm auch noch auf! Ich bin der Herrscher von Tortuga, und bald werde ich der Herrscher über die ganze Karibik sein, es wird niemanden mehr geben, der mir zu widerstehen vermag. Sie sollen mir Tribut zahlen, alle, so weit die Karibik reicht!“

      Don Bosco stand in der Felsenhöhle, in der sie bis eben gefeiert hatten, und seine Schnapphähne starrten ihn an, als wäre er eine Erscheinung. Conchita klammerte sich an ihm fest. Ihr schlanker Körper bebte, und eine grauenhafte Angst begann sie zu erfüllen. Sie hatte den Seewolf und seine wilden Gesellen gesehen, sie war Zeuge davon geworden, wie nur zwei von ihnen, ein alter und ein junger, ganz allein die Karacke Don Boscos zu den Fischen schickten. Sie hatte über den Seewolf schon vieles gehört, zu viel, um nicht zu wissen, was ihnen allen bevorstand, falls dieser Mann jemals die Freiheit wiedererlangte. Da würde keine Rechnung offenbleiben. Der Seewolf würde sie begleichen. Auf seine Art und ohne jedes Pardon.

      Conchita starrte auf die huschenden Schatten, die das flackernde Feuer gegen die Felswände der Höhle warf. Dann riß sie sich mit einem wilden Aufschrei los. Sie ertrug die schrecklichen Gesichte, die sie aus den tanzenden Schatten an den Höhlenwänden anzuspringen schienen, nicht mehr länger. Wie Gespenster drangen sie auf Conchita ein, drohten sie zu erdrücken.

      Conchita rannte davon, wie von Furien gehetzt. Don Bosco fluchte wild, verwünschte alle Weiber und ihre Launen und griff erneut zum Krug. Er trank in dieser Nacht, bis er von jenem Felsbrocken rollte, die in der Höhle herumlagen und den Schnapphähnen als Sitzgelegenheit dienten. Er schlief bis zum Morgengrauen, dann erhob er sich schwerfällig und brüllte dabei nach Pablo, seinem Unterführer, und nach Nuno.

      Anschließend wankten die drei Männer die Felsen herab. Dorthin, wo die Galeere lag. Aber bei jedem Schritt, den Don Bosco an diesem Morgen tat, wurde sein scharfer Verstand wieder klarer. Er begann zu denken, gründlich, wie es seine Art war und wie es ihm schon ungezählte Male das Leben gerettet hatte. Und plötzlich verfluchte er seine Geliebte, Conchita, nicht mehr. Denn er spürte sie jetzt selber, die Gefahr, die vom Seewolf und seinen Männern ausging, die diesen Morgen wie ein unsichtbarer Schatten verdunkelte.

      Don Bosco fuhr sich über die Stirn und wischte den Schweiß, der sich dort bildete, mit dem Handrücken fort. Ich muß verdammt auf der Hut sein, dachte er. Aber ich will die Schätze, die dieser dreimal verfluchte Seewolf auf seiner Insel lagert, und er wird sie mir geben, so wahr ich Don Bosco bin …

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