Seewölfe - Piraten der Weltmeere 219. Kelly Kevin

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 219
Автор произведения Kelly Kevin
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954395552



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und die absolut nichts dabei fanden, die Schwachen und Wehrlosen zu unterjochen oder sich wie Leichenfledderer auf schon geschlagene Feinde zu stürzen.

      Philip Hasard Killigrew stand an der Schmuckbalustrade des Achterkastells und spähte zur Küste hinüber, die als grünes, von weißen Sandbuchten unterbrochenes Band querab lag.

      Vorn auf der Back lotete Blacky Tiefe, denn es gab gefährliche Riffe und Untiefen in diesem Gewässer. Aus dem gleichen Grund hatte Hasard einen zweiten Ausguck in den Fockmars geschickt. Im Großmars übte sich Bill in der üblichen Rundum-Sicht, während Luke Morgan ausschließlich auf Schaumstreifen, Wirbel und andere warnende Vorzeichen zu achten hatte.

      Bills helle Stimme war es, die ein paar Minuten später wie ein Trompetensignal durch die Stille schmetterte.

      „Deck! Rauchfahne Backbord voraus!“

      Der Seewolf kniff die Augen zusammen.

      Unten auf der Kuhl enterten seine Söhne Philip und Hasard ein Stück in die Wanten, neugierig wie stets. Die Rauchfahne, die Bill gesichtet hatte, stand als dünner blaugrauer Faden über dem grünen Vegetationsgürtel einer tief eingeschnittenen Bucht. Hasard lächelte matt. Ein Eingeborenenfeuer, schätzte er. Aber Bill, nächst den Zwillingen der Jüngste an Bord, sah nun einmal auch in Kleinigkeiten gern die Vorboten künftiger Abenteuer.

      Diesmal sollte er recht behalten.

      Die Rauchwolke zerfaserte nach einer Weile, nur noch die Luft flimmerte über den grünen Federwipfeln der Palmen. Wenig später erreichte die „Isabella“ die Höhe der Bucht, und da stellte sich heraus, daß es durchaus kein einfaches Kochfeuer gewesen war, das den Rauch erzeugte.

      „Zerstörte Boote und verbrannte Hütten!“ meldete Bill. „Sieht nach einem Überfall aus!“

      „Kannst du keine vernünftige und vollständige Meldung erstatten, du Läuseknacker?“ grollte Edwin Carberry, der hünenhafte Profos. „Irgendwelche Leute in Sicht?“

      „Nein, Sir!“ schmetterte Bill. „Wenn ich irgendwelche Leute sehen könnte, hätte ich …“

      Er stockte abrupt.

      Der Profos holte so tief Luft, daß das Hemd über seinem mächtigen Brustkasten in den Nähten krachte. Aber er kam nicht dazu, einen seiner Lieblingssprüche loszulassen, die meist auf die Drohung hinausliefen, jemandem die Haut in Streifen von einem gewissen edlen Körperteil abzuziehen.

      „Männer!“ meldete Bill. „Ich kann sie nicht genau erkennen, aber ich glaube, sie sind an Palmenstämme gefesselt.“

      Der Seewolf hatte bereits das Spektiv auseinandergezogen.

      Der Kieker holte die gespenstische Szenerie näher heran. Ein Dutzend verbrannter Eingeborenenhütten. Boote, die – offenbar von schweren Kanonen – dermaßen in Fetzen geschossen worden waren, daß sich ihre ursprüngliche Form nur noch erahnen ließ. Und Menschen! Acht oder neun Gestalten, an schlanke Palmenstämme gefesselt. Zwar waren selbst durch das Spektiv keine Einzelheiten zu erkennen, auch die Stricke nicht, aber der Seewolf konnte sich nicht vorstellen, aus welchem anderen Grund die Männer völlig reglos dort hätten verharren sollen.

      Flüchtig spähte er über die leichte Dünung und stellte fest, daß kein gefährliches Riff in der Nähe war.

      „Abfallen!“ befahl er knapp. „Wir segeln näher heran.“

      „Abfallen, ihr Himmelhunde!“ nahm die Donnerstimme des Profos den Befehl auf. „Wollt ihr wohl brassen, ihr müden Decksaffen? Euch muß ich wohl erst die Hammelbeine langziehen, was, wie?“

      Zu diesem Zeitpunkt schwang die „Isabella“ längst nach Backbord herum und näherte sich der Bucht mit raumem Wind und Steuerbordhalsen.

      Hasard spähte immer noch durch das Spektiv. Seine Brauen zogen sich zusammen. Nach ein paar Minuten setzte er den Kieker ab und reichte ihn seinem ersten Offizier und Bootsmann hinüber.

      „Schau dir das an, Ben!“ sagte er gepreßt.

      Ben Brighton tat es.

      Ein einziger Blick genügte. Das Gesicht des stets ruhigen, beherrschten Mannes verkantete sich.

      „Weiße“, sagte er durch die Zähne. „Und der Teufel soll mich holen, wenn sie nicht gefoltert worden sind.“

      „Und zwar nicht von Eingeborenen“, ergänzte der Seewolf. „Die benutzen nämlich keine neunschwänzige Katze.“

      Ben nickte nur. Neben ihm zupfte Big Old Shane, der frühere Schmied und Waffenmeister der Feste Arwenack, nachdenklich an seinem eisgrauen Vollbart. Donegal Daniel O’Flynn senior, Dan O’Flynns alter Vater, stützte sich auf seine Krücken und versuchte, mit bloßem Auge etwas zu erkennen. Noch schaffte er es nicht. Da hätte er schon die Falkenaugen seines Sohnes haben müssen.

      „Verdammt!“ knirschte Dan. „Das ist doch …“

      „Vielleicht sind es diejenigen, die die Boote zerschossen und die Hütten angezündet haben“, brummte Old O’Flynn. „Wäre doch möglich, daß die Eingeborenen das Landkommando überfallen und den Kerlen ihre eigene Neunschwänzige um die Ohren gehauen haben, oder?“

      „Und warum sollten die ihre Neunschwänzige mit an Land genommen haben?“ fragte Ben Brighton bedächtig. „Ganz davon abgesehen, daß ein schwer armiertes Schiff wohl kaum ein Landkommando einfach zurückgelassen hätte.“

      „Es gibt nichts, was es nicht gibt“, beharrte Old Donegal. „Ich sage dir …“

      Hasard unterbrach ihn mit einer knappen Geste.

      „Das werden wir schon herausfinden“, sagte er ruhig. „Selbst wenn du recht hast, Donegal, können wir die armen Teufel nicht einfach krepieren lassen. Wir werden die Bucht anlaufen und nachsehen.“

      Die „Swallow“ schwojte beigedreht in der Dünung. Nicht einmal der Ausguck war besetzt. Die Meuterer drängten sich bis zum letzten Mann auf der Kuhl. Auf dem Achterkastell standen Black Jack Jayhawk, der schwarzbärtige Anführer, und die Kerle, die er zu „Offizieren“ befördert hatte. Nichts war zu hören außer dem leisen Singen des Windes, dem Plätschern der Wellen gegen die Bordwände – und dem Klatschen der Peitsche.

      Jayhawks dunkle, tiefliegende Augen glühten. Jetzt nahm er Rache für die Demütigung, Rache für die Prügel, die er selbst bezogen hatte. Daß es verdiente Prügel gewesen waren, die für versuchte Meuterei noch eine milde Strafe darstellten, störte ihn nicht. Ihn störte nur eins: daß ihm sein Opfer nicht den Gefallen tat, zu schreien und zu winseln, wie er selbst geschrien und gewinselt hatte.

      John Smollet nahm die zwanzig Peitschenhiebe ohne einen Laut hin.

      Danach konnte er sich kaum noch auf den Beinen halten, aber in seinem weißen, versteinerten Gesicht zuckte kein Muskel. Zwei von den rauhen Kerlen packten seine Arme und zerrten ihn vor den Niedergang zum Achterkastell. Der Kapitän der „Swallow“ hob den Kopf und sah Black Jack Jayhawk gerade in die Augen.

      Der Meuterer knirschte mit den Zähnen vor Wut.

      „Und jetzt halten wir Bordgericht über dich, du Ratte“, stieß er hervor. „Joe, Barry – bringt den Jungen.“

      Smollet preßte die Lippen zusammen.

      Daß er selbst an der Rahnock enden würde, war ihm klar. Aber diese Dreckskerle konnten doch keinen vierzehnjährigen Jungen umbringen! Der Kapitän rührte sich nicht und sagte kein Wort. Er kannte den schwarzen Jack und wußte, daß jeder Versuch einer Fürsprache von seiner Seite Lasse Tjorven nur noch in größere Gefahr bringen würde.

      Der schwedische Schiffsjunge war bleich vor Angst, aber er stand genauso gerade und aufrecht da wie sein Kapitän.

      „John Smollet“, begann Jayhawk feierlich. „Du wirst beschuldigt, ein elender Feigling zu sein, eine miese Ratte und ein Leuteschinder. Ich bin von jetzt an der Kapitän dieses Schiffes. Nach meinem Gesetz steht darauf die Todesstrafe. Hast du irgend etwas dazu zu sagen?“

      Smollet