Seewölfe - Piraten der Weltmeere 219. Kelly Kevin

Читать онлайн.
Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 219
Автор произведения Kelly Kevin
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954395552



Скачать книгу

      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-555-2

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

      1.

      „Meuterei! Meuterei!“

      Wie ein Messer zerschnitt der Schrei die heiße Stille des Tropentages, peitschte über die Decks der Karavelle mit dem Namen „Swallow“ und schien zwischen den gelohten Lateinersegeln zu flattern. Auf dem Achterkastell fuhr der englische Kapitän John Smollet auf dem Stiefelabsatz herum. Sein Blick erfaßte den Mann, der mit rudernden Armen über die Kuhl stürmte. Jim Torry, der Koch! Seine Stimme überschlug sich.

      „Meuterei, Sir! Der schwarze Jack und …“

      Smollets Blick erfaßte den Schatten im Schott zum Vorschiff.

      „Achtung!“ schrie er – doch es war schon zu spät. Ein Lichtreflex blitzte auf. Flirrend zischte der Dolch durch die Luft, bohrte sich bis zum Heft in den Rücken des laufenden Mannes und ließ ihn vornüberstürzen.

      Schwer schlug er auf die Planken.

      „Jimmy!“ gellte eine Stimme.

      Der Kapitän sah, wie der Rudergänger den Kolderstock fahren ließ und zum Entermesser griff. Der Koch war sein Freund gewesen, Wut und Verzweiflung trieben ihn quer über die Kuhl. Wahnsinn, dachte Smollet. Er wußte, daß es keine Chance gab, daß fast die ganze Mannschaft aufgewiegelt war: dieser wilde, zusammengewürfelte Haufen von Halsabschneidern, die er nach einer langen Pechsträhne hatte anheuern müssen. Aber auch der Kapitän dachte nicht daran, sein Schiff ohne Gegenwehr diesen Halunken zu überlassen. Auch er griff mit zusammengebissenen Zähnen zu der Pistole an seinem Gürtel, entschlossen, den aussichtslosen Kampf aufzunehmen.

      Brüllend brach eine Horde bewaffneter Männer aus dem Schott zum Vorschiff.

      Der Rudergänger lief in einen Kugelhagel, riß die Arme hoch und stürzte mit einer grotesken Kreiselbewegung auf die Planken. Kapitän Smollet kniff die grauen Augen zusammen, streckte die Hand mit der Waffe aus und suchte ein Ziel. Wo steckte Jack Jayhawk?

      „Der schwarze Jack“, hatte der Koch geschrien. Nur Black Jack konnte, ja mußte das Haupt der Meuterei sein. Zehn Hiebe mit der Neunschwänzigen hatten ihm nicht genügt. Jetzt zeigte er sich nicht und hielt sich feige im Hintergrund, weil er wußte, daß der Kapitän mit seiner alten Duell-Pistole noch nie ein Ziel verfehlt hatte.

      Smollet visierte und feuerte, lud nach und feuerte abermals.

      Neben ihm donnerten Musketen, krachten die Faustfeuerwaffen, von denen sich die wenigen treuen Offiziere nicht mehr getrennt hatten, seit die gefährlichen Vorzeichen immer deutlicher geworden waren. John Smollet grub die Zähne in die Unterlippe. Er wußte, daß sie den Kampf schon verloren hatten. Sein erster Offizier sank mit einem Ächzen neben ihm zusammen. Ein kurzer, erstickter Schrei gellte hinter ihm. Wie ein Baum stand Smollet an der Schmuckbalustrade, legte wieder auf einen der Meuterer an und spürte im selben Moment den harten Schlag an der Schulter.

      Die Musketenkugel riß ihn halb herum, Schmerz zuckte durch seinen Körper.

      Er spürte, wie seine Knie nachgaben, und kämpfte mit aller Kraft gegen die Schwäche. Sekundenlang verschwamm die Umgebung hinter den roten Schleiern, die vor seinen Augen waberten. Schmerzhaft dröhnte der Kampflärm von der Kuhl in seinen Ohren. Er wußte, daß dort unten die letzten Getreuen seiner alten Crew untergingen. Bill Maynard und Joe Mallory! Stitches, der alte Segelmacher! Lasse, der schwedische Schiffsjunge, der den Mut aufgebracht hatte, sie vor der drohenden Meuterei zu warnen, obwohl die Kerle alles versucht hatten, um ihn einzuschüchtern.

      Verzweifelt raffte sich der Kapitän wieder auf – doch da stürmte die entfesselte Horde schon den Niedergang hoch.

      Smollet schoß einem der Kerle eine Kugel in den Kopf, ließ die nutzlos gewordene Pistole fallen und riß den Degen aus dem Gürtel. Fünf, sechs Männer drangen gleichzeitig auf ihn ein. Er hörte den Todesschrei des zweiten Offiziers, sah seinen Stückmeister in einer Blutlache auf die Planken sinken. Smollets Degen blitzte, zuckte und sang seine tödliche Melodie – doch die Angreifer waren so zahlreich, daß sie ihn durch ihre pure Übermacht zu Boden zwangen.

      Der Degen wurde ihm aus den Fingern getreten.

      Er stürzte, knallte mit dem Hinterkopf auf die Planken und spürte den groben Stiefel an der Schulter, der ihn unten hielt. Jetzt erst, als alles vorbei war, schälte sich aus dem blutigen Nebel das Gesicht von Black Jack Jayhawk, der höhnisch auf ihn hinuntergrinste.

      „Das war’s, Sir“, knurrte der große, dunkelhaarige Mann mit dem struppigen schwarzen Bart. „Du wirst uns in Zukunft keine Befehle mehr erteilen, du Bastard.“

      John Smollet, Kapitän und Inhaber eines Kaperbriefs der englischen Königin, rang mühsam nach Luft.

      Sein Blick wanderte über die Männer. Verzerrte, höhnische Gesichter. Widerlich grinsende Visagen und Augen, die seine Niederlage genossen. Ein Krampf zog durch seinen Magen, als ihm klarwurde, daß alle seine Getreuen nicht mehr lebten. Alle, außer einem. Smollet erkannte das totenblasse Gesicht des vierzehnjährigen schwedischen Schiffsjungen Lasse Tjorven und lächelte.

      Wenigstens den Jungen würden sie am Leben lassen. Er hatte gekämpft wie die anderen und mußte von zwei Männern festgehalten werden, weil er sich immer noch wehrte, aber er lebte. Kapitän Smollet hielt seinen Blick fest und nickte ihm zu, so gut er es in seiner Lage fertigbrachte.

      „Danke, Lasse“, sagte er rauh. „Du bist mehr wert als dieser ganze Haufen zusammengenommen.“

      Den wütenden Tritt, der sein Bewußtsein auslöschte, spürte er kaum noch.

      Die „IsabellaVIII.“ lief mit halbem Wind gute Fahrt an der Ostküste jener Neuen Welt entlang, die von den Spaniern als ihr Besitz erklärt worden war und die nach Meinung der Seewölfe denjenigen gehörte, die dort seit unvordenklichen Zeiten lebten.

      Wilde? Heiden, deren Seelen von den Spaniern gerettet werden mußten? Philip Hasard Killigrew, Kapitän der „Isabella“ und von Freund und Feind respektvoll „Seewolf“ genannt, hegte von jeher den Verdacht, daß die Dons weniger bekehrte Seelen als Schätze für Seine Allerkatholischste Majestät Philipp II. sammelten.

      Deshalb fand er auch nichts dabei, besagten Dons einen Teil der Schätze für die englische Krone wieder abzujagen – und wenigstens einige Bewohner der Neuen Welt davon zu überzeugen, daß es auch Christen gab, die nicht unbedingt darauf bestanden, den Weg zu ihrem Seelenheil mit ermordeten oder versklavten Heiden zu pflastern.

      Das